Mit Strom auf die Straße
Betrachtet man Mobilität isoliert, dann sind E-Autos besonders umweltgerecht, wenn sie mit regenerativer Energie betrieben werden. In der Realität bieten daher praktisch alle nennenswerten Ladeinfrastrukturbetreiber ausschließlich Grünstrom an ihren Ladesäulen an. Aus Sicht des Gesamtsystems ist es allerdings irrelevant, ob der begrenzte Grünstrom für ein Elektroauto, einen PC oder einen Kochherd eingesetzt wird. Verbrauchen kann man ihn nur einmal.
Bilanziell schlägt jede Kilowattstunde im Deutschen Strommix immer mit rund 400 g CO 2 pro kWh zu Buche. Ein mittelgroßer E-PKW verbraucht durchschnittlich 16 kWh pro 100 km. Dazu kommen noch insgesamt rund 20 Prozent Effizienzverluste im Stromnetz sowie beim Ladevorgang der Batterie. Damit steigt der tatsächliche Energiebedarf auf 20 kWh, was in der Gesamtbetrachtung einer Emission von 80 g CO 2 pro km ergibt. Da man mit jedem elektrisch gefahrenen Kilometer den entsprechenden Benzin- bzw. Diesel-Verbrauch vermeidet, reduziert das E-Auto die CO 2 -Emission um etwa die Hälfte. Darüber hinaus verringert sich die Emission mit jeder neuen PV- oder Windkraftanlage kontinuierlich weiter.
Alleine in den letzten fünf Jahren ist die CO 2 -Emission im Energiemix um rund 25 Prozent gefallen, wohingegen beim Verbrenner aus physikalisch-chemischen Gründen keine wesentlichen Verbesserungen mehr zu erwarten sind. Genau genommen wäre es aus Umweltsicht sogar noch besser, den Treibstoff in einer modernen KWK-Anlage (Kraftwärmekopplung) zu verstromen und damit E-Autos zu betreiben. Außerdem könnte dadurch auch die zusätzliche Wärme genutzt werden, die sonst separat mit fossilen Brennstoffen erzeugt werden müsste.
Oder doch lieber Wasserstoff?
In öffentlichen Diskussionen wird oftmals der Umstieg auf Wasserstoff (H2) gefordert. Brennstoffzellen erzeugen daraus im Fahrzeug Strom für den Elektromotor. Daher zählen H2-Fahrzeuge eigentlich auch zur Elektromobilität. Lediglich der Energiespeicher ist keine Batterie, sondern ein Brennstoffzellensystem. Als Abfallprodukt entsteht dabei Wasser. Das ist Umweltschutz par excellence.
Im Fahrzeug (“Tank-to-Wheel") ist das auch durchaus richtig. Ärgerlicherweise liegt das Problem aber vor dem H2-Fahrzeug. Denn in der Natur kommt reiner Wasserstoff praktisch nicht vor. Vielmehr muss man ihn mit hohem Energieaufwand aus dem ziemlich stabilen Wasser-Molekül extrahieren. Allein dieser eine Schritt ist etwa so effizient wir die gesamte “Strom-Kette” der Batterie-Elektromobilität vom Windrad bis zum Reifen (Well-to-Wheel). Hinzu kommen bei H2 noch deutliche Verluste durch Transport, Lagerung, Bereitstellung sowie Rückverwandlung in Strom.
Glaubt man einschlägigen Studien, dann kommen am Ende lediglich rund 20 bis 30 Prozent der eingesetzten Energie am Reifen an. Spart man sich den letzten Umwandungsschritt und verbrennt H2 direkt im Zylinder, dann bleibt am Ende noch weniger nutzbare Energie übrig (ca. 18 Prozent). Im Vergleich dazu ist es bei der Batterie-Elektromobilität genau andersherum, 20 Prozent Verlust und 80 Prozent Energienutzung. Setzt man auch beim H2-Fahrzeug einen Energiebedarf von 16 kWh je 100 km an, so erhält man letztlich in der Gesamtbetrachtung bilanziell einen desaströsen Emissionswert von über 300 g CO 2 pro km.
Allerdings ist Wasserstoff ein gutes Speichermedium und bietet insbesondere bei großen Energiemengen einen Gewichtsvorteil, wenn Batterien aufgrund ihrer Größe zu schwer werden. Diesen Vorteil kann H2 aber eigentlich erst oberhalb eines PKWs ausspielen. Tatsächlich wiegt ein Toyota Mirai bei vergleichbarer Reichweite etwa genauso viel wie ein Tesla Model 3. Interessant wird es allerdings bei LKWs oder Reisebussen, der Schifffahrt oder im Flugverkehr. Dennoch ist es auch hier entscheidend, dass H2 nicht einfach nur mit Grünstrom aus dem Netz, sondern mit regenerativem Überschussstrom erzeugt wird.
Gemeint ist Strom, der wegen lokalen Netzengpässen nicht eingespeist werden kann und damit verloren wäre. Das Potenzial hierfür ist mit 5 bis 6 Terrawattstunden pro Jahr jedoch derzeit relativ überschaubar und würde lediglich für den Betrieb von rund 500.000 H2-PKWs genügen, bei H2-LKWs entsprechend weniger. Andererseits wird dieser wirklich grüne Wasserstoff auch für viele andere Anwendungen dringend benötigt (Industrieprozesse, z. B. Stahlproduktion, Netzstabilisierung etc.) und ist damit eigentlich zu schade, um auf der Straße verfahren zu werden. Ohne massiven Import von grünem Wasserstoff und den damit verbundenen geopolitischen, wirtschaftlichen, großindustriellen und gesellschaftlichen Auswirkungen wird es nicht gehen. Insofern ist eine klimafreundliche H2-Mobilität im PKW-Bereich auf absehbarer Zeit eigentlich noch nicht ernsthaft zu realisieren.
Warum nicht mehr Biokraftstoffe?
Unter Biokraftstoffen versteht man Kohlenwasserstoffe, die aus Pflanzen hergestellt wurden, z. B. Pflanzenöl, Bioethanol, Biomethan und Biodiesel. Grundsätzlich sind Biokraftstoffe erneuerbar und CO 2 neutral, da bei ihrer Entstehung über die Pflanze genauso viel CO 2 aufgenommen wurde, wie bei der Verbrennung wieder abgegeben wird. Allerdings verschlechtert sich ihre Klimabilanz dann, wenn sie in agroindustriellem Maßstab mit großen Mengen an fossilem Treibstoff, Stickstoffdünger oder Strom gewonnen werden. Biokraftstoffe aus Abfall- bzw. Rest-Biomasse sind hier weniger problematisch, da die Pflanzen ihren eigentlichen Zweck bereits erfüllt hatten und ohnehin thermisch verwertet oder kompostiert worden wären. Allerdings ist das Potenzial zur Kraftstoffherstellung überschaubar.
Daher wird Biokraftstoff vorwiegend aus explizit hierfür angebaute Energiepflanzen gewonnen, z. B. Raps in Deutschland oder Zuckerrohr in Brasilien. Folgeerscheinungen durch Monokulturen und einseitige Bodenbelastungen aufgrund fehlender Fruchtfolge sind oft unausweichlich. Problematischer wird es zusätzlich dann, wenn man Regenwälder, Moore oder andere Biotope zerstört, um sie als Anbaufläche zu erschließen. Einschlägige Studien behaupten, dass Biodiesel aus gerodeten Regenwald-Flächen sogar klimaschädlicher ist als klassischer Diesel aus Erdöl. Ungeachtet dessen muss man sich auch der “Teller-Tank-Diskussion" stellen, insbesondere wenn in ärmeren Regionen landwirtschaftliche Nutzfläche für die Mobilität der Industrienationen genutzt wird.
Insgesamt kann man davon ausgehen, dass flüssige oder gasförmige Biokraftstoffe sicherlich eine geeignete Option als Beimischung in klassischen Treibstoffen (z. B. E10 Benzin), Nischenanwendungen oder überschaubaren Mobilitätssystemen (städtischer Nahverkehr etc.) sein können aber eher keine tragbare Lösung für unsere gesamte Massenmobilität.