- Bayern Innovativ
- Kraft-Wärme-Kopplung
Kraft-Wärme-Kopplung
Technologieüberblick
Autor: Raphael Lechner, Tobias Popp Kompetenzzentrum für Kraft-Wärme-Kopplung - Prof. Dr. Markus Brautsch, Ostbayerische Technische Hochschule Amberg-Weiden (Stand: Juli 2017)
Verbrennungsmotor-Blockheizkraftwerke
Verbrennungsmotor-Blockheizkraftwerke stellen die zahlenmäßig am weitesten verbreitete KWK-Technologie dar und sind mit elektrischen Leistungen von wenigen Kilowatt (Mini-BHKW) bis zu mehreren Megawatt vielen verschiedenen Varianten verfügbar. Im kleinen Leistungsbereich kommen in der Regel aus der Großserie abgeleitete Industriemotoren zum Einsatz, die für den KWK-Betrieb angepasst werden. Vereinzelt finden sich auch speziell für die KWK-Anwendung entwickelte Motoren (z. B. Einzylindermotoren bei Mini-KWK-Anlagen). Bei mittleren Leistungen ab 250 kW werden dagegen vermehrt speziell für KWK-Anwendungen optimierte oder von Grund auf neu entwickelte Motoren eingesetzt. Im sehr großen Leistungsbereich dienen meist Schiffsmotoren als Basisaggregate. Üblicherweise eingesetzte Brennstoffe sind fossile und biogene Gase (Erdgas, Flüssiggas, Grubengas, Biogas, Holzgas, Klärgas, Deponiegas,...), in geringerem Umfang auch flüssige Brennstoffe wie Heizöl oder Pflanzenöle. Im kleinen Leistungsbereich kommen in der Regel stöchiometrisch betriebene, nicht aufgeladene Gasmotoren mit 3-Wege-Katalysator zum Einsatz. Im mittleren und größeren Leistungsbereich werden praktisch ausnahmslos turboaufgeladene Magergasmotoren eingesetzt, die wesentlich höhere elektrische Wirkungsgrade aufweisen, jedoch - insbesondere wenn sehr niedrige Stickstoffoxidemissionen (< 100 mg/m³) gefordert werden - eine aufwändigere Abgasreinigung mit Oxidations- und Reduktionskatalysatoren erfordern. Flüssige Brennstoffe werden in Dieselmotoren (Selbstzündungsmotoren) umgesetzt. Als Zwischenform konnten sich Zündstrahl- bzw. Dual-Fuel-Motoren etablieren, die bivalent mit Flüssigbrennstoff und Gas betrieben werden können. Sowohl Dieselmotor- als auch Zündstrahl- bzw. Dual-Fuel-BHKW erreichen hohe elektrische Wirkungsgrade, erfordern jedoch ebenso wie Magergasmotoren aufwändigere Abgasreinigungsmaßnahmen zur Reduzierung der Stickstoffoxidemissionen.
Typische elektrische Wirkungsgrade von Verbrennungsmotor-BHKW liegen im Bereich von etwa 25 % bei kleinen und bis zu > 45 % bei sehr großen Motoren. Der Gesamtnutzungsgrad liegt in der Regel bei etwa 90 %, mit Brennwertnutzung (v.a. bei kleinen Aggregaten umgesetzt) sind bis über 100 % möglich (bezogen auf den unteren Heizwert des eingesetzten Kraftstoffes). Im Normalfall wird die Wärme bei Verbrennungsmotor-KWK-Anlagen auf einem Temperaturniveau von bis zu 90 °C ausgekoppelt. Eine Hochtemperaturwärmeauskopplung, z. B. zur Dampferzeugung, ist ebenfalls möglich, allerdings weist lediglich die Abgaswärme (Anteil an der Gesamtwärme ca. 50 %) das hierfür erforderliche Temperaturniveau auf, sodass weiterhin eine Wärmesenke für die Niedertemperaturabwärme notwendig ist (Heizwärmenetz, Absorptionskälteanlage …). Vorteile der Verbrennungsmotor-KWK-Anlagen sind die vielseitige Anwendbarkeit, die große Bandbreite an nutzbaren Brennstoffen, die vergleichsweise geringen Investitionskosten, der geringe Platzbedarf, die gute und schnelle Regelbarkeit sowie die hohen elektrischen Wirkungsgrade. Nachteilig sind der vergleichsweise hohe Wartungsaufwand, die hohen Abgasemissionen, die in jedem Fall eine Abgasnachbehandlung erforderlich machen, sowie v. a. bei größeren Motoren der hohe Schallpegel und die Vibrationen.
Gasturbinen
Bei Gasturbinen steht praktisch die gesamte Abwärme auf hohem Temperaturniveau zur Verfügung, weshalb sie sich in besonderem Maße für Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen zur Dampferzeugung eignen. Dazu wird der eigentlichen Gasturbine üblicherweise ein Abhitzedampfkessel nachgeschaltet, in dem die Abgase ausgekühlt werden. Da Gasturbinen mit hohen Luftüberschüssen betrieben werden, weisen die Abgase einen hohen Restsauerstoffgehalt auf. Dies ermöglicht die Installation einer nachgeschaltete Zusatzfeuerung in dem der im Abgas enthaltene Restsauerstoff mit zusätzlichen Brennstoff umgesetzt wird, um die verfügbare Abgaswärmeleistung zu steigern. Der Vorteil hierbei ist, dass ein gegebenenfalls erforderlicher zusätzlicher Dampfkessel entfallen kann und der Systemwirkungsgrad (Gasturbine mit Zusatzfeuerung und Abhitzedampfkessel) im Vergleich zu einer getrennten Lösung steigt.
Der Dampf kann als Prozessdampf entweder direkt genutzt werden oder einem nachgeschalteten Dampfturbinenkreislauf zugeführt werden (GuD Prozess). Der Leistungsbereich von Gasturbinen für dezentrale KWK-Anlagen umfasst etwa 2 MW bis 30 MW, die erreichbaren elektrischen Wirkungsgrade liegen, proportional zur Leistung, bei etwa 25 % bis 40 %. Die in diesem Leistungsbereich eingesetzten Gasturbinen sind in der Regel als Axialmaschinen ausgeführt. Im kleineren Leistungsbereich von etwa 30 kW bis 600 kW (sogenannte Mikrogasturbinen) werden dagegen üblicherweise Radialmaschinen eingesetzt. Bei diesen Anlagen sind durch interne Rekuperation elektrische Wirkungsgrade von etwa 25 % bis 30 % möglich, wodurch jedoch die verfügbaren Abgastemperaturen auf < 300°C sinken. Als Brennstoff für Gasturbinen wird heute üblicherweise Erdgas eingesetzt, wobei je nach Design aber auch flüssige Kraftstoffe grundsätzlich verwendbar sind. Zu beachten ist, dass der Brennstoff mit hohem Druck zugeführt werden muss (Größenordnung 20 bar, je nach Brennkammerdruck). Ist dieser Gasdruck vor Ort nicht verfügbar, muss ein Gasverdichter installiert werden, der in der Energiebilanz zu berücksichtigen ist (Netto-Wirkungsgrad sinkt). Weiterhin zu berücksichtigen ist die vergleichsweise starke Abhängigkeit von Leistung und Wirkungsgrad von den Aufstellbedingungen (geodätische Höhe und Umgebungstemperatur). Allen Gasturbinen gemeinsam sind die im Vergleich zu Verbrennungsmotoren sehr geringen Abgasemissionen (Stickstoffoxidemissionen < 9 ppm möglich), was eine direkte Nutzung der Abgase, z. B. Einleitung in Trockenkammern, ermöglicht. Weitere Vorteile der Gasturbinen sind die geringe Wartungsintensität, die lange Lebensdauer sowie die gute Regelbarkeit und die Fähigkeit zum schnellen Schwarzstart.
Dampfkraft–Anlagen
Zur Auskopplung von Wärme aus Dampfkraftwerken werden in der Regel Entnahme-Kondensationsturbinen eingesetzt. Dabei wird der Turbine auf dem gewünschten Druck- und Temperaturniveau ein Teilstrom Dampf entnommen und einem Heizkondensator zugeführt bzw. direkt als Prozessdampf genutzt. Zu beachten ist dabei, dass durch die Dampfentnahme der Massenstrom durch die Turbine und damit auch die elektrische Leistung des Kraftwerks sinkt (Stromverlust). Vorteil der Entnahme-Kondensationsturbine ist die flexible Anpassbarkeit an den Wärmebedarf durch Steuerung der entnommenen Dampfmenge. Bei Anwendungen mit ganzjährig hohem Wärmebedarf werden hingegen häufig Gegendruckturbinen eingesetzt, bei denen zunächst die gesamte Dampfmenge über die Turbine geleitet wird. Zur Einstellung der gewünschten Temperatur wird der Druck nach der Turbine auf das erforderliche Niveau angehoben. Dadurch sinkt die für die Expansion zur Verfügung stehende Enthalpiedifferenz, weshalb Gegendruckturbinen bei gleicher Dampfmenge geringere Leistungen und Wirkungsgrade erreichen als Kondensationsturbinen. Typischer Anwendungsfall für die Gegendruckturbinen sind z. B. Biomasseheizkraftwerke in der Holzindustrie, bei denen ganzjährig Dampf für die Produktion benötigt wird.
Aufgrund des hohen apparativen Aufwands werden Dampfturbinenanlagen in der Praxis erst ab Leistungsgrößen von ca. 5 MW technisch und wirtschaftlich interessant. Für kleinere Leistungen werden Dampfmotoren eingesetzt, die eine Weiterentwicklung der Dampfmaschine darstellen und ab ca. 100 kW kommerziell verfügbar sind. Neuere Dampfmotor-Entwicklungen zielen auf kleinere Leistungen ab ca. 20 kW ab.
ORC-Anlagen
Eine Abwandlung des klassischen Dampfkraftprozesses (Clausius Rankine Prozess, CRC) stellt der ORC-Prozess (Organic Rankine Cycle, ORC) dar. Hier wird anstelle von Wasser ein organisches Arbeitsmedium in einem geschlossenen Kreislauf geführt. Die Wärmeübertragung von der Wärmequelle auf das Arbeitsmedium erfolgt, abhängig vom Temperaturniveau, entweder indirekt über einen Thermoölkreis (Thermoölkessel) oder direkt in einem Direktverdampfer. ORC-Prozesse können mit geringeren Drücken und Temperaturen als Wasserdampfprozesse arbeiten und eignen sich daher gut zur Abwärmenutzung in Industrieprozessen und für kleinere Heizkraftwerke, wie z. B. Biomasseanlagen im Leistungsbereich bis etwa 2 MW. Zwar sind die elektrischen Wirkungsgrade mit 15 % bis 20 % deutlich niedriger als die von CRC-Anlagen, allerdings sollte im Hinterkopf behalten werden, dass die ORC-Anlagen aus exergetischer Sicht minderwertigere Niedertemperaturwärme verstromen können, was mit Wasser als Arbeitsmedium nur bedingt möglich ist. Eine besondere Herausforderung bei der ORC-Technologie stellt die Wahl des geeigneten Arbeitsmediums dar, da sie maßgeblichen Einfluss auf den thermischen Wirkungsgrad des Systems hat. So wird beispielsweise die Exergievernichtung bei der Wärmezufuhr im Verdampfer der ORC-Anlage stark durch die Eigenschaften des Arbeitsfluides beeinflusst. Als Expansionsmaschinen finden in ORC-Anlagen sowohl Verdrängermaschinen (Schrauben-, Scroll- & Hubkolben-Expander) als auch Strömungsmaschinen (Axial- und Radial-Turbinen) Anwendung. Anlagen mit einer elektrischen Leistung < 100 kW nutzen als Expansionsmaschine häufig Verdrängermaschinen. Diese werden beispielsweise durch eine Anpassung von Kompressoren aus der Klimatechnik hergestellt, was die Kosten für Kleinanlagen minimiert. Turbinen werden hingegen derzeit vorzugsweise in großen ORC-Anlagen eingesetzt, jedoch sind einstufige Axial- und Radial-Turbinen für den kleinen Leistungsbereich Gegenstand aktueller ORC-Forschungsaktivitäten. Der wohl wichtigste Vorteil von ORC-Anlagen ist die Möglichkeit der Nutzung von Wärme auf einem vergleichsweise niedrigen Temperaturniveau. Die aufgrund der eingesetzten Arbeitsmedien niedrigeren Enthalpiegefälle im Vergleich zu Wasser führen dazu, dass bei ORC-Anlagen meist nur einstufige Turbinen benötigt werden, was ebenso vorteilhaft ist. Ein weiterer positiver Aspekt der Verwendung von organischen Medien ist, dass deren Taulinie im h-s-Diagramm meist eine positive Steigung (überhängende Taulinie) aufweist. Dadurch besteht keine Gefahr des „Tropfenschlags“, einer Erosion der Turbinenschaufeln. Durch die überhängende Taulinie ergibt sich jedoch auch ein Nachteil. Um den Kreisprozess zu schließen, ist bei diesen Fluiden ein Rekuperator notwendig. Weitere Nachteile der ORC-Technologie sind die hohen Kosten für das Arbeitsmedium und das ORC-Modul, die Degradation des Arbeitsmediums und die komplexe Regelung der ORC-Anlagen.
Brennstoffzellen-Blockheizkraftwerke
Brennstoffzellen spielen für KWK-Anwendungen zahlenmäßig derzeit noch eine Nischenrolle. Voraussetzung für die Wärmeauskopplung ist, dass die Brennstoffzelle bei ausreichend hohen Temperaturen betrieben wird. Dies ist beispielsweise bei keramischen Brennstoffzellen (SOFC = solid oxide fuel cell), der Schmelzkarbonat-Technologie (MCFC = molten Carbonate fuel cell) sowie der phosphorsauren Brennstoffzelle (PAFC = phosphoric acid fuel cell) der Fall. Verbreitung gefunden hat bisher auf dem deutschen Markt v. a. die MCFC-Technologie, die Mitte der 2000er Jahre mit Leistungen von ca. 245 kW angeboten wurde. Mittlerweile wurden Produktion und Vertrieb dieser Module jedoch wieder eingestellt. Derzeit bieten mehrere Hersteller Mikro-Brennstoffzellen unterschiedlicher Technologien im elektrischen Leistungsbereich 300 W bis < 1 kW an. Diese Produkte sind für den Einsatz in Einfamilien- und kleinen Mehrfamilienhäusern bestimmt und richten sich an eine technikaffine Kundengruppe, für die - ähnlich wie bei Elektro- und Hybridfahrzeugen - neben wirtschaftlichen Erwägungen weitere Faktoren eine kaufentscheidende Rolle spielen, wie etwa der Umweltgedanke oder die Vorreiterrolle bei der Anwendung neuer Technologien.
Vorteile der KWK-Brennstoffzellentechnologie sind die sehr geringen Emissionen, der nahezu lautlos und vibrationsfreie Betrieb sowie die hohen elektrischen Wirkungsgrade (deutlich > 40 %). Nachteile sind die bisher noch sehr hohen Wartungskosten (z. B. regelmäßiger Stacktausch) und die schlechte Dynamik insbesondere der keramischen Brennstoffzellen, weshalb sich diese in erster Linie für die Grundlastversorgung mit konstanter Leistung eignen.
Stirling-Blockheizkraftwerke
Stirlingmotoren eignen sich aufgrund der äußeren Wärmezufuhr prinzipiell für alle Prozesse bei denen Wärme auf hohem Temperaturniveau zur Verfügung steht (z.B. Integration in das Rauchrohr von Kesseln). In der Praxis werden Stirlingmotoren heute v. a. in der Kombination mit Erdgas-Brennwertthermen als anschlussfertige KWK-Module für Ein- und Mehrfamilienhäuser mit elektrischen Leistungen von bis zu 1 kW kommerziell angeboten.
Vorteile von Stirlingmotoren sind der sehr leise und vibrationsarme Lauf, die prinzipielle Eignung für jegliche Art von Brennstoffen sowie die leichte Integrierbarkeit in konventionelle Heizsysteme. Nachteilig ist v. a. der geringe elektrische Wirkungsgrad (< 15 %). Neuere Entwicklungen im kleinen Leistungsbereich setzen auf die Freikolbentechnologie und weisen eine geschlossene Bauform auf, sodass auf den störungsanfälligen Kurbeltrieb mit Wellenabdichtungen verzichtet werden kann. Im größeren Leistungsbereich hat sich die Stirling-Technologie aufgrund der aufwändigen und störungsanfälligen Konstruktion der üblichen Bauformen und der geringen Wirkungsgrade bisher nicht durchgesetzt.