Kraft-Wärme-Kopplung

Ein wichtiger Baustein für eine erfolgreiche Energiewende

Autor: Dr. Klaus Hassmann, Cluster Energietechnik

Kraft-Wärme-Kopplung wird in großen Kraftwerken genutzt ebenso wie dezentral im mittleren und kleinen Leistungsbereich. Vor allem kleinere KWK-Anlagen können auf die Bedürfnisse des Betreibers gut angepasst werden. Der vorliegende Beitrag geht unter anderem auf Schaltungsvarianten mit unterschiedlichen Brennstoffen ein, auf technische Entwicklungspotenziale, die Auswirkungen der demnächst zu erwartenden Verordnung zur Reduktion von Stickoxyden und nennt ausgewählte Zitate aus Politik und Wirtschaft zur KWK. 

Viele Optionen für maßgeschneiderte Anwendungen

  • Kundengruppen (Auswahl): Wohnungswirtschaft, kommunale Einrichtungen, EVU/Stadtwerke, Gewerbe und Industrie, Hotels, Alten- und Pflegeheime, Krankenhäuser, Schwimmbäder.
  • Brennstoffe: Erdgas, Flüssiggas, Heizöl, Solarthermie, Geothermie, Biomasse (z B Altholz), Biogas, Klärgas, Grubengas, auch Kohle; die Kohlekraftwerke sollen kurz- bzw mittelfristig entweder stillgelegt oder auf einen anderen Brennstoff umgerüstet werden. Noch sind 139 Kohle-KWK-Anlagen in Betrieb; deren Umstellung verläuft schleppend trotz 0,6 cts/kWh Zuschuss für umgestellte Anlagen; 4 Mio t CO2 sollen durch diese Maßnahme eingespart werden. Zu den Verzögerungen nur ein Beispiel: Hamburg; die Stadt will bis 2025 aus der Kohle aussteigen. Das Fernwärmenetz wird gemeinsam mit einem großen EVU mit Kohleinteressen betrieben; ein Kompromiss wurde noch nicht gefunden.
  • Art der Anwendung: Netzeinspeisung Strom/Wärme, Strom auf allen Netz-Spannungsebenen, Eigenbedarf Strom/Wärme, Lüftung, Heizung, Klima, Kälte, Prozesswärme, Druckluft, Dampf sind einige der wichtigen Optionen.

Vielfalt der KWK-Anwendungen *

  • Nahwärmenetz 5 km. Versorgt werden u a 100 öffentliche Gebäude darunter 2 Hotels sowie Privatkunden. Den Wärmebedarf ca 8 Mio, Strombedarf 3 Mio kWh decken 3 BHKW mit in Summe 530 kW, einer Pelletkesselanlage 300 kW, 2 Erdgas-Spitzenkessel (3 und 1 MW), eine Gaswärmepumpe (105 kW).
  • Zukunftsweisende Behandlung von Klärschlamm: Alternative zur Ausbringung der Abfälle zur Düngung auf den Feldern. Am Gelände stehen eine Biogasanlage zur Entwässerung und Trocknung des Klärschlamms; Faulgas aus der Gärung und Biogas speisen ein BHKW. Biogas reicht für den Betrieb sowie zur Trocknung der Gärreste und Klärschlämme und versorgt zusätzlich 1800 Haushalte mit Strom sowie die Gebäude vor Ort.
  • Deponiegas BHKW 600 kWel und 573 kWth. Zumischung von Erdgas bis 100% möglich. Schwachgase bis 15 Vol% Methan lassen sich energetisch nutzen. Die Mischstrecke erlaubt auch Flüssiggas. Die Anlage läuft stromgeführt in Grundlast 8600 h/a. El. Wirkungsgrad im Deponiegasbetrieb 42,5%, mit Erdgas 43,2%.
  • BHKW 20 MWth und 92 MWel soll pro hergestelltem Fahrzeug am Standort eines Automobilherstellers das CO2 um 20% reduzieren – ein Beitrag zur Verkehrswende.
  • Ein gasbetriebener Verbrennungsmotor kann den jährlichen Druckluftbedarf für Fertigungsprozesse von 1,3 Mio m3 decken. Dank Druckluft und Wärme 60% günstiger (45% weniger CO2) als el betriebene Kompressoren. Geringe Amortisationszeit
  • Kombination BHKW mit Geothermie: Für eine im Bau befindliche 50 MW- Anlage wurden sechs Bohrungen in einer Tiefe von 2800 bis 3100 Meter abgetäuft. Sie soll 2020 in Betrieb gehen. Im Gebäude des Heizkraftwerks soll eine Fernkälteanlage mit Eisspeichern u a auch für die Versorgung von Grossmarkthallen installiert werden.
  • Kombination BHKW mit Solarthermie, Wärmepumpen und Einspeisung in ein Niedertemperatur-Wärmenetz; Heizzentrale 120 kW, zentrale WP 540 kWth. Spitzenlastkessel 440 kW und PV 90 kW ergänzen das System. Zum Ausgleich von Erzeugung und Bedarf sind 2 Schichtenspeicher (Kalt- 15 m3 und Warm-Speicher 30 m3) installiert.
  • BHKW für innovative Eisheizung – Eisspeicher für Wärme- und Kältenutzung. Thermischer Speicher mit Wassertank unterirdisch mit 1 Mio l Wasser gefüllt. El. Sole-/Wasser Wärmepumpe entzieht im Winter dem Wasser Energie zum Heizen eines Labors – das Wasser gefriert. Im Sommer kühlt das Eis die Laborluft über ein Rohrsystem im Fußboden. Speicher kann zeitverschoben Wärme und Kälte abgeben. Der Energiebedarf für ein Gebäude wurde gegenüber konventioneller Heizung- und Klimatechnik um 59% reduziert.
  • Entwicklungen mit Potenzial die KWK weiter nach vorne zu bringen
  • Brennstoffzelle: 2 Technologien, Polymer Electrolyt Membran (PEM) und Solid Oxide Fuel Cell (SOFC); die Technik ist ausgereift aber noch zu teuer; 5 Hersteller bieten Heizgeräte mit einer elektrischen/thermischen Leistung von 0,2 – 1,5 kWel/0,61 – 1,0 kWth an. Die Reaktionen der Hersteller sind sehr unterschiedlich; die einen warten ab, andere werden den Nischenmarkt weiter bedienen, nur vereinzelt werden die Hersteller mit der Serienproduktion beginnen; sie erwarten ab dem Jahr 2022 hohe Stückzahlen.
  • Mikro-Gasturbine: Die Technologie ist ausgereift. Eine Container-Generation ist in den Leistungsgrößen zwischen 50 kW und 1 MWel bis 1,4 MW thermisch mit 3, 4 oder 5 Turbinen bei nahezu gleichen Wirkungsgrad auch im Teillastbereich lieferbar.

Weitere Entwicklungen

  • Neue Grenzwerte für mittelgroße Feuerungsanlagen werden demnächst einzuhalten sein, für Erdgas z B 100 mg/Nm3; das bedeutet eine Absenkung um den Faktor 3; neue Anlagen benötigen SCR – Katalysatoren; alte Anlagen müssen damit nachgerüstet werden. Die Hersteller sind bemüht, diese Komponente möglichst effektiv und kompakt mit möglichst geringen Volumen zu bauen. Die jährlichen Mehrkosten werden für einen 1 MW Motor auf 20 bis 30 T€ geschätzt. Ein zusätzlicher Kostenfaktor wird der Nachweis der Emissionswerte sein – die Schummelei beim Diesel lässt grüßen. Ob es für diese wichtige Umweltschutzmaßnahme einen finanziellen Anreiz geben wird?
  • Vorbeugende Instandhaltungsmassnahmen an Motoren sollen dazu dienen, die Revisionszyklen zu vergrössern oder Defekte früzeitig zu erkennen, die zum Ausfall des Motors führen können. Dazu sollen Schmieröl- und Kühlwasseranalysen beitragen; Proben werden z B alle 1000 Betriebstunden genommen, eingeschickt und analysiert.
  • Moderne Gasmotoren werden von Alu- unf Stahlkolben umgestellt, um den Zylinderdruck zu erhöhen. Das bedeutet höhere Temperaturen. Der Betrieb erfordert neue, angepasste Ölmischungen; sie sollen für eine ausreichende Motorkühlung sorgen.

Ergebnisse der 1. Ausschreibung KWK 12/2017 und Vorgaben der 2. Ausschreibung KWK 6/2018

12/20176/2018
Ausschreibung MW10093
Gebotswert MW7,07,0
Angebote MW225 Anzahl 20
Genehmigt MW/Zahl82/7
Zuschlagswert cts/kWh4,05
Zuschlagswert min/max3,19/4,99

Für neue KWK-Anlagen wurden 16, für die Modernisierung alter Anlagen vier Gebote abgegeben. Eine Liste der Anlagenstandorte/Unternehmen der sieben erfolgreichen Gebote hat die Bundesnetzagentur im Internet veröffentlicht. Bezuschlagt wurden fünf Gebote mit Anlagen in der Leistungsklasse von 1 bis 10 MW sowie 2 Anlagen mit jeweils etwa 30 MW Leistung. Drei der kleineren Zuschläge entfielen auf Modernisierungen. Der mittlere Zuschlagswert von etwas über 4 ct/kWh lag deutlich unter dem max Gebotswert von 7 cts/kWh in der Ausschreibung. Im Vergleich dazu: Der mittlere Zuschlagswert der ersten PV – Ausschreibung lag bei ca 9, der für Wind an Land bei ca 6 cts/kWh. Im Lauf der weiteren Runden hat sich der Zuschlagswert bei der PV auf ca 5 und für den Wind auf 3,8 cts/kWh verringert. Es wäre zu früh, aus dieser 1. Ausschreibung für KWK Schlüsse zu ziehen; auf die Bedürfnisse der Kunden ausgerichtete Systeme können sehr komplex und damit auch deutlich teurer sein als eine einfache KWK Schaltung. Zusätzliche Umweltauflagen treiben die Preise auch nach oben.

Zitate, die zu denken geben

  • BHKW mit flexiblem Betrieb leisten einen wichtigen Beitrag im zukünftigen Energiesystem Sektorenkopplung, zur Versorgungssicherheit und zum Klimaschutz –  in einer digitalen Umgebung und nach Umstellung auf erneuerbare Brennstoffe ist KWK ein Übergangssystem mit sehr langem Leben.
  • In Chancen denken und nicht in Risiken ist die Voraussetzung für die Entwicklung neue Geschäftsfelder. Der Wärmemarkt bietet Chancen zuhauf.
  • KWK ist eine unverzichtbare Brückentechnologie für die Wärmewende. Sobald der Wärmewende eine hohe Priorität eingeräumt wird, wird die KWK an Marktanteilen deutlich zulegen.
  • Bei einer richtigen CO2 Besteuerung hätte die KWK so viele Vorteile, dass man sich die Debatte um Fördersätze und –volumina ersparen kann.
  • Die Zeit ist reif für einen Technologiesprung in deutschen Heizungskellern.

    *Dem Autor ging es darum, ausgewählte technische Schaltungsmöglichkeiten kurz darzustellen; Hersteller, Betreiber und Standort werden nicht erwähnt; als Informationsquelle diente die Fachzeitschrift „energie&management“.