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Photovoltaik- und Windanlagen: Der Wettbewerb soll es richten
Erfüllen sich die hohen Erwartungen an Ausschreibungen von Photovoltaik- und Windanlagen?
Autor: Dr. Klaus Hassmann, Sprecher Cluster Energietechnik
2015 starteten die ersten Ausschreibungen für Photovoltaik-Freiflächenanlagen. 2016 folgten Windanlagen an Land, 2017 Wind-Offshore-Anlagen und die erste kombinierte Ausschreibung PV/Wind an Land. Der Beitrag versucht eine repräsentative Bilanz für die vier Ausschreibungsarten zu ziehen. Die Informationen stammen aus Veröffentlichungen der Bundesnetzagentur, des Umwelt- und Wirtschaftsministeriums sowie der Fachzeitschrift energie&management.
Das zunächst für die Photovoltaik (PV) vom Bund beschlossene Programm steht unter dem Motto „Solarstrom effizienter fördern“. Das Ziel war und ist, im Wettbewerb um Fördergelder die Ausbauziele bei den erneuerbaren Energien planbarer und im Vergleich zum EEG kostengünstiger zu gestalten. Im Februar 2015 wurde von der Bundesnetzagentur – sie ist für die Abwicklung verantwortlich – die erste PV-Freiflächenausschreibung aufgelegt. Dieser Testlauf verlief erfolgversprechend, weshalb das Programm auch auf andere erneuerbare Energietechniken wie Wind ausgeweitet wurde. Für die Teilnahme gibt es keine Beschränkungen. Nicht nur Stadtwerke, Projektentwickler oder Privatpersonen können sich beteiligen sondern auch Bürgerenergieinitiativen und Energiegenossenschaften.
Für eine Bewertung sind aus Sicht des Autors folgende Ergebnisse von Bedeutung:
- Ausschreibungsvolumen, MW
- Eingereichtes Volumen, MW/Anzahl Projekte
- Genehmigtes Volumen, MW/Anzahl Projekte
- Zulässiger Höchstwert, cts/kWh
- Durchschnittlicher mengengewichteter Zuschlagswert, cts/kWh
- Niedrigster/höchster Gebotswert mit Zuschlag, cts/kWh
PV an Land
Tabelle 1: Ergebnisse der 9 Ausschreibungsrunden 2015 bis 2017
4/2015 | 8/2015 | 12/2015 | 4/2016 | 8/2016 | 12/2016 | |
Ausgeschriebene MW | 150 | 150 | 200 | 125 | 125 | 160 |
Eingereichte MW/Zahl | 715/170 | 558/136 | 562/127 | 539/108 | 311/62 | 423/76 |
Genehmigte MW/Zahl | 157/25 | 159/33 | 204/43 | 128/21 | 118/22 | 163/27 |
Zulässiger Höchstwert cts/kWh | 11,29 | 11,18 | 11,09 | 11,09 | 11,09 | 11,09 |
Zuschlagswert cts/kWh | 9,17 | 8,49 | 8,0 | 7,41 | 7,25 | 6,90 |
2/2017 | 6/2017 | 10/2017 | |
Ausgeschriebene MW | 200 | 200 | 200 |
Eingereichte MW/Zahl | 488/97 | 646/133 | 754/110 |
Genehmigte MW/Zahl | 200/38 | 200/32 | 222/20 |
Zulässiger Höchstwert cts/kWh | 8,91 | 8,91 | 8,884 |
Zuschlagswert cts/kWh | 6,58 | 5,66 | 4,91 |
Zuschlagswert min/max | 6/6,75 | 5,34/5,90 | 4,29/5,06 |
Auffällig sind folgende Tendenzen: Die Ausschreibungen waren deutlich überzeichnet; die cts/kWh der Zuschlagswerte fallen kontinierlich.
Das jährliche Ausschreibungsvolumen von 410 bis 600 MW liegt noch deutlich unter dem jährlichen Gesamtzubau (incl. Dachanlagen) von 1524 MW in 2016; die installierte Leistung von Dach- übertrifft die von Freiflächenanlagen (noch) deutlich. Dem Szenario des Netzentwicklungsplans mit den höchsten Ausbauzielen liegt ein Zubau bei der PV bis 2025 auf 55 GW zugrunde. 2016 waren gerundet 41 GW PV Leistung in Betrieb. Im Mittel ergeben sich daraus in den 9 Jahren bis 2025 jährlich ca 1500 MW PV-Zubau; die PV liegt demnach im Zielkorridor. Die Entscheidung, wie es mit den Ausschreibungen weitergeht, liegt in den Händen der neuen Bundesregierung. Aufgrund der Ausschreibungsergebnisse soll zukünftig im EEG für die PV ein Höchstwert von 6,5 cts/kWh (zuvor 8,91) gelten; ob überhaupt und wenn ja bis wann sich mit der PV ohne Zuschlag Geld verdienen lässt, ist eine der spannenden Fragen. Wir werden in der Artikel-Fortschreibung darüber berichten.
Windenergie an Land
Angeregt durch die erfolgversprechende Ergebnisse bei der PV wurden ab Mai 2017 auch für die Windenergie an Land Ausschreibungen gestartet.
Tabelle 2: Ergebnisse der vier Ausschreibungsrunden 2017/2018
5/2017 | 8/2017 | 11/2017 | 2/2018 | |
Ausschreibung MW | 800 | 1000 | 1000 | 700 |
Eingreichte MW/Zahl | 2137/256 | 2927/281 | 2591/210 | 989/132 |
Genehmigte MW/Zahl | 807/12 | 1013/67 | 1000/61 | 709/83 |
Zulässiger Höchstwert cts/kWh | 7,00 | 7,00 | 7,00 | 6,30 |
Zuschlagswert cts/kWh | 5,71 | 4,28 | 3,82 | 4,73 |
Zuschlagswert min/max | 4,2/5,78 | 3,5/4,29 | 2,32/3,82 | 3,8/5,28 |
Auffällig sind folgende Tendenzen: Die Ausschreibungen waren bis auf den 2018er Wert sehr deutlich überzeichnet. Die Zuschlagswerte fielen nicht kontinuierlich, lagen zunächst deutlich, 2/2018 jedoch nur noch wenig unter der PV; der 2/2018er-Wert stieg im Vergleich zu 11/2017 wieder um ca 1 ct/kWh an, was überrascht. Kein Indiz für eine sich anbahnende Marktreife oder doch? Das niedrigste Angebot wurde 11/2017 abgegeben und lag bei 2,32 cts/kWh; ein kleines Projekt ohne Einfluss auf die Statistik.
Das jährliche Ausschreibungsvolumen in 2017 von 2.800 MW liegt unter dem jährlichen Zubau von ca 4.200 MW in 2016. Der maximale Zubau Wind Onshore bis 2025 im Netzentwicklungsplan liegt bei 63,8 GW. 2016 waren ca 45 GW Leistung in Betrieb. Daraus ergibt sich in den 9 Jahren bis 2025 jährlich gerundet ein Zubau von 2100 MW. Damit liegt der Ausschreibungswert 2017 von in Summe 2800 MW über dem Zielkorridor.
Aufgrund der Ergebnisse aus den 4 Ausschreibungsrunden soll zukünftig im EEG für Wind an Land ein Höchstwert von 5,7 cts/kWh (zuvor 7,0) gelten; Wind an Land erscheint im Vergleich zur PV (die aufgeholt hat) näher an einer subventionsfreien Marktteilnahme; ob es in den nächsten Jahren gelingt? Wir werden es verfolgen.
Windenergie auf See
Tabelle 3: Ergebnisse der Ausschreibungsrunden 2017/2018
4/2017 | 4/2018 | |
Ausschreibung MW | 1550 | 1550 |
Genehmigte MW/Zahl Parks | 1490/4 | 1610/6 |
Zulässiger Höchstwert cts/kWh | 12 | 10 |
Zuschlagswert cts/kWh | 0,44 | 4,66 |
Zuschlagswert min/max | 0/6 | 0/9,8 |
Die erste Runde Offshore brachte Überraschungen, die selbst Kenner der Materie nicht erwartet haben – der mittlere Zuschlagswert lag bei niedrigen 0,44 cts/kWh; auch Projekte mit 0 ct/kWh waren dabei. Genehmigt wurden in Runde 1 ausschliesslich Windparks in der Nordsee. Für diejenigen, welche in der zweiten Ausschreibung einen im Vergleich zur ersten noch niedrigeren, mittleren Zuschlagswert und/oder eine weitere Steigerung der 0 ct/kWh Anlagen erwartet haben, waren die Ergebnisse eher enttäuschend. Bei den Null-Cent-Anlagen war es nur mehr eine; auch die deutliche Erhöhung des Zuschlagwertes bei diesmal 6 Windparks im Vergleich zu 4 beim ersten Mal kam für viele überraschend. Die Gründe sahen Beobachter in einer Bevorzugung der Ostsee in der Ausschreibung; für die Anbieter eine Chance für höhere Zuschlagswerte? Nach Ausschreibung 2 stehen noch 800 MW an bestehenden Anbindungen an das elektrische Netz auf See zur Verfügung, 650 MW davon sind kurzfristig nutzbar. Das BMWI kündigte eine neue Novelle für Wind auf See an.
Das jährliche Ausschreibungsvolumen in 2017 und 2018 von 1550 MW liegt deutlich über dem jährlichen Zubau von ca 810 MW in 2016. Der maximale Zubau Wind Offshore bis 2025 im Netzentwicklungsplan liegt bei 10,5 GW. 2016 waren ca 4 GW Leistung in Betrieb. Daraus ergibt sich in den 9 Jahren bis 2025 jährlich gerundet ein Zubau von 700 MW. Damit liegt der Ausschreibungswert 2017 von in Summe 1.550 MW deutlich über dem Zielkorridor. Vermutlich wollte man dieser Technik etwas „Drive“ geben.
Kombinierte Ausschreibung PV und Wind an Land
Tabelle 4: Ergebnisse der Ausschreibung mit Pilotcharakter 12/2017
Ausschreibung MW | 200 |
Angebote MW/Anzahl Projekte | 395/ PV 36 Projekte, WInd an Land 18 |
Zuschlagswert PV/Gebotswert Wind cts/kWh | 4,67/7,23 |
Zuschlagswert PV min/max | 3,96/5,67 PV Wind an Land |
Genehmigt MW/Anzahl Projekte |
Die Überraschung: Alle Zuschläge gingen an die PV; der mittlere Zuschlagswert lag etwas niedriger als der bei der letzten reinen PV Freiflächenausschreibung.
Die meisten Zuschläge befinden sich räumlich in den Verteilnetz-Ausbaugebieten. Von den Geboten mit Zuschlag entfielen 5 mit über 31 MW auf Acker- und Grünlandflächen in benachteiligten Gebieten Bayerns sowie 3 mit über 17 MW in Baden-Württemberg. Für weniger ertragsstarke Standorte wurde kein Ausgleich berücksichtigt. Die Betreiber der Windprojekte mussten auch eine Genehmigung im Rahmen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes nachweisen. Die hohen Gebotswerte für Wind führen Beobachter unter anderem auch darauf zurück.
Dieses Verfahren hat den eingangs erwähnten negativen „Touch“. Als Fazit dieses einseitigen Ergebnisses kann man im Internet die Empfehlung von PV- sowie von Wind-Interessensvertreter finden, in Zukunft auf diese kombinierte Ausschreibung zu verzichten. Begründet wird diese Ablehnung unter anderem damit, dass man zum Gelingen der Energiewende sowohl PV als auch Wind braucht. Gespannt kann man sein, wie die Politik darauf reagieren wird.