Kundenzentrierung bei Flottweg SE

19.02.2025

Wie setzen bayerische Mittelständler den strategischen Ansatz “Kundenzentrierung” um?

In praxisnahen Unternehmensporträts zeigen wir, wie Unternehmen den Kunden konsequent in den Mittelpunkt ihres Handelns stellen – so auch Flottweg. Dieses Best Practice zeigt, wie Kundenzentrierung zum unternehmerischen Erfolg beiträgt.

Interview mit Jörg Lengenfelder: Kundenzentrierung bei Flottweg SE

Flottweg SE ist auf Separationstechnik spezialisiert und bietet Lösungen zur mechanischen Trennung von Medien in verschiedene Phasen. Dazu gehört beispielsweise die Abscheidung von Feststoffen aus Flüssigkeiten oder die Trennung von Flüssigkeiten mit unterschiedlicher Dichte. Ein anschauliches Praxisbeispiel ist die Brauerei: Um klares Bier zu bekommen, wird Hefe kontrolliert entfernt oder die gewünschte Trübung eingestellt. Ein aktuelles Thema ist die Herstellung alternative Proteine. Typische Einsatzfelder der Flottweg-Technologie finden sich in der Chemie-, Bergbau-, Pharma- und Biotechnologie sowie in der Wasserwirtschaft.

Das Produktportfolio umfasst Dekanter, Separatoren und Bandpressen. Dekanter sind horizontal arbeitende Zentrifugen, während Separatoren vertikal arbeiten und zum Einsatz kommen, wo Dekanter an ihre Leistungsgrenzen stoßen. Spezielle Entwicklungen wie Tricanter können die drei Phasen in einem einzigen Schritt trennen. Der Sedicanter ist einzigartig und eine Art “Kreuzung” aus Separator und Decanter, die zähe Suspensionen verarbeiten kann, bei gleichzeitig hohen Zulaufmengen. 

Flottweg hat weltweit 1.300 Mitarbeiter und Standorte in über 20 Ländern. Das Unternehmen beweist, dass eine hochprofitable Fertigung in Deutschland möglich ist. Der Hauptsitz in Vilsbiburg umfasst das Entwicklungszentrum und einen großen Teil der Fertigung, während Vertrieb, Service und Montage global bereitgestellt werden.

Jörg Lengenfelder, Innovationsbegeisterter und COO/CTO, hat uns im Interview verraten, wie Kundenzentrierung in seinem Unternehmen gelebt wird.

„Wir sind für unsere Maschinen bekannt, die sicherlich in vielen Bereichen am Markt der Benchmark sind. Aber es geht immer um den gesamten Prozess beim Kunden. Die Maschine ist nur ein Teil davon – wenn auch ein zentraler. Der Markt erwartet zunehmend Gesamtlösungen, und darauf sind wir eingestellt.“

Jörg Lengenfelder
COO/CTO bei Flottweg SE

Was ist Ihre Strategie für die nächsten zwei, drei Jahre?

Jörg Lengenfelder: Ein wichtiges Thema ist der weitere Ausbau unserer globalen Präsenz. Wir sind sehr stark in Europa und Amerika vertreten. Insbesondere am amerikanischen Kontinent werden wir unseren operativen Footprint weiter ausbauen. Auf der anderen Seite der Welt ist Asien und Süd-Ost-Asien ein riesiger Wachstumsmarkt für uns. Die Zahl der dort installierten Anlagen ist bereits erheblich.

Natürlich haben wir die Megatrends im Blick. Im Food-Bereich passiert gerade sehr viel. Ich hatte die alternativen Proteine schon erwähnt – da haben wir gerade Ende Dezember einen sehr schönen Auftrag in Asien gewonnen.

Ein strategisches Thema ist auch der Ausbau unseres verfahrenstechnischen Know-hows. Wir sind für unsere Maschinen bekannt, die sicherlich in vielen Bereichen am Markt der Benchmark sind. Aber es geht immer um den Gesamtprozess beim Kunden. Die Maschine ist nur ein Teil davon – wenn auch ein zentraler. Der Markt erwartet zunehmend Gesamtlösungen, und darauf sind wir eingestellt.

Gleichzeitig stehen wir als Premiumhersteller unter Druck von Unternehmen aus Asien und dem Mittleren Osten, die inzwischen ebenfalls gute Maschinen bauen können. Einer unser Vorteile ist unser nicht leicht kopierbares verfahrenstechnisches Know-how für Gesamtanlagen. Nicht zuletzt gepaart mit der verfahrenstechnischen Erfahrung aus tausenden von Projekten. Der Trend geht hin zu stärkerer Verantwortung in Projekten – über die einzelne Maschine hinaus.

Was heißt Kundenzentrierung im Alltagsgeschäft für Sie?

Jörg Lengenfelder: Unser Claim "Engineered for your success" spiegelt unser Mindset wieder. Das ist nicht einfach aus dem Marketing entstanden, sondern beschreibt, wie wir arbeiten. Viele unserer Mitarbeiter sind lange im Unternehmen, und ihnen geht es darum, tolle Lösungen für den Kunden zu entwickeln.

Wenn eine Anfrage reinkommt, ist es selten so einfach wie "fünf Standardmaschinen aus dem Konfigurator, fertig". Fast jede Lösung wird stark an den Kunden angepasst. Schon in der Angebotsphase gehen wir mit der Entwicklung ins Gespräch und fragen: "Können wir diese Lösung schaffen?" Es ist erstaunlich, obwohl wir das schon seit Jahrzehnten machen, gibt es jede Woche irgendetwas, wo wir sagen: "Das haben wir so noch nicht gemacht." Die Entwicklung ist ein fester Teil des Angebotsprozesses. Wir sind täglich mit Anfragen konfrontiert, die direkt vom Markt kommen. Das erdet ungemein. Sehr wichtig ist in der Produktentwicklung auch unser Service. Die ständige Wartung und Instandhaltung bieten eine tolle Chance, mit dem Kunden in Kontakt zu bleiben und zu lernen. 

2023 hatten wir den neuen Düsenseparator entwickelt. Dafür wurden wir mit dem German Innovation Award ausgezeichnet. Wesentliche Anforderungen kamen aus Kundengesprächen. Wenn wir solche Neuentwicklung angehen, sprechen wir unsere Kunden an: “Du, wir haben etwas vor. Möchtest du Teil des Prozesses werden? Können wir da Input von dir bekommen?” Und so haben wir in enger Zusammenarbeit mit Kunden diesen innovativen Separator entwickelt. Für uns ist das ein schönes Beispiel, wie man diese gute Beziehung auch für neue Produkte nutzen kann.

Wie gesagt, viel entsteht durch das Mindset in der Entwicklung. Das fördern wir aktiv als Unternehmensleitung. Dadurch, dass die Entwickler wirklich im Anfrageprozess und der wöchentlichen Bewertung ein fester Bestandteil sind, sind wir ganz nah am Markt.

Welche Rolle spielen Bestandskunden und welche Rolle spielen Neukunden für Ihr Geschäft? 

Jörg Lengenfelder: Beides ist extrem wichtig. Das Neukundengeschäft ist unglaublich wichtig, besonders in Märkten und Regionen, wo wir wachsen wollen. Allerdings sind die Investitionszyklen oft lang. Eine Anbahnungsphase kann durchaus drei Jahre dauern. Das Bestandskundengeschäft ist superwichtig wegen des aufgebauten Vertrauens. Unsere Anlagen laufen oft 24/7 und sind zentral in vielen verfahrenstechnischen Prozessen. Wenn ein Separationsprozess steht, ist das ganz schlecht für den Kunden - da geht ihnen Umsatz verloren, vielleicht Reputation, vom Ärger ganz zu schweigen.

In vielen Branchen ist der Markt relativ klein. Wenn man gute Anlagen hat, spricht sich das rum. Das hilft natürlich beim Neukundengeschäft. Aber wir achten sehr darauf, dass die Qualität im Service und im Geschäft mit den Bestandskunden top bleibt, um unseren guten Ruf zu erhalten.

Flottweg ist ein Stiftungsunternehmen, richtig?

Jörg Lengenfelder: Ja, Flottweg ist stiftungsgeführt. Das Unternehmen hat eine interessante Entwicklung hinter sich: Der Name „Flottweg“ hat seinen Ursprung im ersten Produkt: ein Fahrrad mit Hilfsmotor. Jetzt machen wir Zentrifugen. Das zeigt auch, dass sich ein Unternehmen immer wieder neu erfinden muss. Um das Unternehmen eigentümertechnisch auf sichere Beine zu stellen, wurde es in drei Stiftungen überführt, zwei davon Familienstiftungen. Als Flottweg SE – eine europäische „AG“ – zeigen wir mit Stolz unsere globale Ausrichtung als europäisches Unternehmen in Deutschland. Wir haben einen Aufsichtsrat und eine dreiköpfige Vorstandschaft, die das Unternehmen operativ leitet.

Die Struktur, die Historie und die familiengeführten Stiftungen machen uns zu einem familiengeführten Unternehmen. Entscheidungen werden sehr nachhaltig getroffen. Wir können auch mal sagen: "Der Payback kommt erst später und nicht im nächsten Quartal." Natürlich denken und handeln wir täglich wirtschaftlich, aber wir haben neben dem aktuellen Geschäftsjahr immer die nächsten Jahre im Blick und können entsprechend agieren.

Interview für Bayern Innovativ, durchgeführt von Katarina Mose,
Senior Business Development Managerin, Zweitag GmbH, am 30.01.2025.

Erfolgreich am Markt durch Kundenzentrierung

Wir sind überzeugt, dass Unternehmen mit einem klaren Fokus auf den Kunden erfolgreicher darin sind, die optimale Lösung für ihre
Zielgruppe zu schaffen. Kundenzentrierung ist unseres Erachtens mehr als ein optimierter Prozess – die ideale „Customer Journey“. Es ist eine
unternehmensübergreifende Einstellung – das kundenorientierte „Mindset“: Wir möchten den Mehrwert für unsere Kunden maximieren. Wir
setzen auf langfristige Kundenbeziehungen. Wir stellen die „Stimme des Kunden“ in den Mittelpunkt unseres Handelns.

Als Innovationsmanagement (TIM) bei Bayern Innovativ zeigen wir Ihnen den Weg zur kundenzentrierter Innovation – anhand ausgewählter
Unternehmensbeispiele. In kurzen Porträts bayerischer Mittelständler beleuchten wir praxisnah, wie Kundenzentrierung gelingt: vom Verstehen
und Definieren der Kundenbedürfnisse über die Gestaltung von Produkten bis hin zum Testen und Einholen von Feedback.

Weitere Angebote: Kundenzentrierung mit TIM

Veranstaltungshinweis

Sehen wir uns am 15. Mai 2025 in Nürnberg?

Sichern Sie sich Ihren zukünftigen Geschäftserfolg!

Wir laden Sie herzlich zu unserer Veranstaltung zum Thema Kundenzentrierung ein. 

Freuen Sie sich auf praxisnahe Einblicke und inspirierende Impulse aus dem Mittelstand sowie wertvolle Vernetzungsmöglichkeiten.

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