Können Soziale Innovationen auch Hightech getrieben sein?
Anja Birke: Soziale Innovationen können auch Hightech oder hoch technologisiert sein, denn der Fokus liegt auf dem gesellschaftlichen Mehrwert und wie dieser generiert wird, ist erst einmal egal. Ein Beispiel aus dem Medizinbereich: Künstliche Intelligenzen analysieren große Datenmengen, so werden z. B. auch künstlichen Intelligenzen werden mit medizinischen Screenings gefüttert und durch Mustererkennung können Diagnosen gestützt werden. Sie ersetzen zwar nicht den Arzt, sind aber hoch technologisch und können bei der Diagnosestellung unterstützen, eine Anleitung geben und dem Arzt helfen. So wird das Erkennen von Krankheiten deutlich effizienter und nützt somit einem großen Teil der Gesellschaft. Die Soziale Innovation liegt darin, dass man die Daten als Open Source einer breiten Masse zur Verfügung stellt. Das kann für Krankenhäuser sein – auch übergreifend über mehrere Länder – oder einzelne Arztpraxen, aber eben auch in der Forschung. Wie das Beispiel zeigt, nehmen Soziale Innovationen aktuelle Trends und Megatrends, wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit, mit auf. Gerade im Bereich Urbanisierung kann man mit Hightech noch viel erreichen. Wir leben in urbanen Räumen, haben also wachsende Städte und einen Ausbau der Stadt-Land-Infrastruktur. Dafür benötigen wir z. B. dringend alternative Mobilitätskonzepte, wo auch Hightech-Anwendungen gefragt sind, die am Ende dem Leben in der Stadt zugutekommen.
Was können Unternehmen, Start-ups oder KMU von Sozialen Innovationen und vom Social Entrepreneurship lernen?
Anja Birke: Eine Grundsensibilisierung für das Thema ist das Wichtigste und beinhaltet eine Aufklärung in Unternehmen. Die Unternehmen, die aktuell nur For-Profit orientiert sind, müssen sich jetzt aber nicht komplett umstellen und nur noch Soziale Innovationen generieren. Es geht nur darum klarzustellen, dass es mehr gibt als das, mit dem man täglich konfrontiert ist, also die klassischen For-Profit-Organisationen oder Nonprofit-Organisationen. Es existieren auch noch Varianten dazwischen, die beide Richtungen betrachten. Genau dieses Mindset in Richtung soziale und ökologische Nachhaltigkeit kann durch eine Sensibilisierung gestärkt werden. Die Dienstleistungen und Produkte sollten den Aspekt mitdenken und ihn integrieren.
Gibt es eigentlich nur einen positiven Impact, den ein Produkt, eine Dienstleistung oder eine Technologie haben kann?
Anja Birke: Nein, es gibt auch einen negativen Impact, der immer mitgedacht werden soll. Ein negativer Impact bedeutet, dass nicht-intendierte negative Auswirkungen auf die Gesellschaft entstehen können. D. h., dass ich vorher z. B. nicht geahnt habe oder nicht voraussehen konnte, welche negativen Folgen eine Technologie hat. Daher ist es ein erster Schritt, über die Sensibilisierung zu gehen und sich bewusst zu machen, dass gewisse Produkte und Technologien auch einen negativen Einfluss haben können. Durch diese ganzheitliche Sicht kann der positive wie negative Impact betrachtet werden. Dazu bietet es sich beispielsweise an, die verschiedenen Unternehmens-Typen an einen Tisch zu setzen. Also diese zusammenzubringen, damit sie sich austauschen und voneinander lernen. So können sie sich durch Synergien gegenseitig helfen.
Das Interview führte Dr. Tanja Jovanovic, Leiterin Technologie- und Innovationsmanagement bei der Bayern Innovativ GmbH.
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