ePA: Der nächste Schritt zur digitalen Gesundheit

Alle Gesundheitsdaten digital an einem Ort: ePA digitalisiert die Gesundheit

Das Rezept auf dem kleinen roten Zettel vom Arzt bekommen, der gelbe Zettel ist die Krankschreibung, dann noch die Diagnose und die Laborauswertungen für den anderen Arzt und wo ist denn jetzt schon wieder der Impfpass? Beim Arzt bekommt man häufig viele wichtige Dokumente zum Mitnehmen, dabei einen Überblick zu behalten war bislang sowohl für Ärztinnen und Ärzte als auch für Patientinnen und Patienten schwer. Das soll die elektronische Patientenakte (ePA) ab dem 15. Januar 2025 ändern. Alle Gesundheitsdaten an einem Ort, einsehbar für behandelnde Ärzte, Apotheken und die Patienten selbst – das verspricht die ePA. Lena Dimde, Product Ownerin bei der gematik GmbH erklärt den Nutzen und die Vision der elektronische Patientenakte. Doch wie sehr erleichtert die Neuerung die Arbeit von Ärztinnen und Ärzten wirklich? Der Hausarzt Dr. Nicolas Kahl teilt seine Perspektive von ärztlicher Seite auf die ePA. 

Nicolas, wie stehst Du grundsätzlich zur ePA und welche Chancen siehst Du für die tägliche Arbeit bei Dir in der Praxis? 

Dr. Nicolas Kahl: Es ist so, dass wir es aus dem Gesundheitssystem gewohnt sind, ständig den Befunden hinterherzurennen und nicht alle Informationen über die Patienten und ihre Patientengeschichte vollständig beisammenzuhaben. Deswegen ist das Ziel, eine gut funktionierende ePA, wo diese Daten für uns auffindbar sind, um die Behandlung zu optimieren. Das ist uns sehr wichtig. Wir sind trotzdem (optimistisch) gespannt, wie gut die technische Umsetzung funktionieren wird.

Wie verändert die ePA auch Deinen Praxisalltag?

Dr. Nicolas Kahl: Es ist wichtig klarzustellen, wo die Verantwortlichkeiten sind. Wer muss die Befunde einlegen? Wer darf löschen und Ähnliches? Wie sind die Zugriffsrechte? Das ist alles zwar eindeutig geklärt, aber auch das muss kommuniziert werden. Das heißt, da wünschen wir uns eine schöne Aufklärungskampagne, dass die Versicherten Bescheid wissen, wie sie mit ihrer ePA umgehen können. Auch viele meiner Kollegen haben aktuell Sorge, dass sie für jeden einzelnen Patienten die Patientengeschichte der vergangenen 20 Jahre digitalisieren sollen, was sie ja gar nicht sollen. Deswegen brauchen wir eine klare Kommunikation, damit allen Beteiligten bewusst ist, was ihre eigene Aufgabe ist, wie sich die ePA entwickeln wird und wann welche Funktionalitäten da sein werden. Damit kann so eine ablehnende Haltung gar nicht erst entstehen.

Wie könnt Ihr insbesondere wenig technikaffine Personengruppen befähigen, mehr Begeisterung für und Vertrauen in die ePA für zu entwickeln?

Dr. Nicolas Kahl: Ja, das ist eine spannende Frage, weil auch wir Hausärzte ein großes Vertrauen genießen, hoffentlich auch zurecht. Die Krankenkassen schreiben ihre Versicherten aktuell an und informieren sie über die ePA. Aber dann ist es dennoch so, dass die Patienten zu uns in die Praxen kommen und mit uns besprechen, was die ePA ist und warum sie da angeschrieben werden. Wir erleben, dass Patienten der Digitalisierung gegenüber zurückhaltend sind. Das heißt, sie denken, ihre Behandlung verändert sich oder sie können nicht mehr so behandelt werden wie bisher. Diese Sorge können wir ihnen natürlich nehmen. Außerdem kann die ePA von dem Patienten mitgestaltet werden, sie muss es aber nicht. Das heißt, wenn ein Patient sich nicht aktiv gegen die ePA entscheidet, würde er trotzdem eine bekommen, die auch die Ärzte und Krankenhäuser dann nutzen können. Aber er kann dann nicht per App darauf zugreifen und Dokumente löschen oder Einfluss nehmen, wie lange Ärzte dort Daten einsehen können. Das heißt, man gibt einfach ein bisschen Gestaltungsfreiheit aus der Hand, wenn man sich diese App eben nicht herunterlädt und nicht aktiv mitarbeiten möchte. Dass aber für den Patienten relevante Befunde ausgetauscht werden zwischen Ärzten und ähnlichem, ist weiterhin möglich. Und deswegen kann auch ein Patient, der sich selbst gar nicht aktiv mit der ePA auseinandersetzen möchte, dennoch die Vorteile einer ePA nutzen.

Braucht es im Zusammenhang mit der ePA mehr oder weniger Datenschutz?

Dr. Nicolas Kahl: Wir von der Behandlerseite sind natürlich immer an der Gesundheit der Patienten interessiert und darauf fokussiert. Und ein Kollege sagte vor kurzem: Der Patientenschutz muss immer vor Datenschutz gehen. Das heißt, dass wir immer zum Wohle des Patienten handeln wollen. Ich kann aber auch verstehen, dass Gesundheitsdaten sensible Daten sind und sicher sein müssen. Die technische Sicherheit kann nicht aus der Praxis heraus garantieren werden. Ich denke, alles, was irgendwo im Internet erreichbar ist, wird nie eine hundertprozentige Sicherheit erlangen. Da wird die gematik natürlich dafür sorgen, dass die Sicherheit möglichst hoch ist. Wir müssen aber auch sehen, welche Risiken und welche Gesundheitsfolgen entstehen können, wenn wir nicht ausreichend über die Patienten Bescheid wissen. Zum Beispiel, wenn wir nicht wissen, was waren mal Allergien, oder wenn unbekannte Patienten in die Notaufnahmen kommen und wir nicht wissen, an welchen Erkrankungen sie leiden. Das muss in einem ausbalancierten Verhältnis sein. Das heißt, wir sollten nur so viele Risiken, was den Datenschutz angeht, eingehen, wie nötig sind. Hier helfen beispielsweise Selbstlöschungsmechanismen und auch eine Begrenzung der Zugriffsdauer auf die Daten. Aber wir müssen es auch praktikabel halten. Zum Beispiel macht es keinen Sinn, dass ich von einem Patienten verlangen muss, jedes Mal seine Versichertenkarte bei mir einzustecken. So wie es geplant ist, dass durch das Einstecken der versicherten Karte die Praxis 90 Tage lang standardmäßig Zugriff auf die ePA erhält, ist aus meiner Sicht ein sinnvoller Zeitrahmen. Es ist wichtig, pragmatische Lösungen zu finden, damit der Datenschutz nicht irgendwann dazu führt, dass wir zwar eine schöne technische Lösung haben, die aber am Endeffekt nicht praktikabel ist.

Ist die ePA rein auf Deutschland begrenzt? 

Dr. Nicolas Kahl: Wir erleben immer wieder, dass Patienten in den Urlaub fahren und ihre Medikamente vergessen haben, wo wir gerne landesübergreifende Rezepte ausstellen würden. Das wird kommen. Und genauso sollte das mit den Gesundheitsdaten sein. Da würde man sich wünschen, dass ein Übersetzungstool dabei ist, wo wichtige Daten in anderen Sprachen ausgewertet werden können. Ich denke, das ist nicht der hauptsächliche Nutzen, der in einer ePA zu suchen ist, aber etwas, was langfristig Standard werden wird.

Welche Handlungsempfehlung gibst Du Deinen Patientinnen und Patienten?

Dr. Nicolas Kahl: Ich halte mich damit zurück, ihnen für oder wider zu empfehlen, sondern ich empfehle, sich in Ruhe zu informieren und sich selbst zu überlegen, welche persönlichen Vor- und Nachteile man haben könnte. Dabei hilft es, sich Szenarien zu überlegen, wann man das braucht und ob man damit dann glücklich sein würde, wenn man sich gegen die ePA entschieden hat. Sei es ein medizinischer Notfall, bei dem die Daten gebraucht werden oder andersrum, wenn man seine Daten in der ePA hinterlegen lässt, ob man damit leben könnte, wenn man einem Hackerangriff zum Opfer fallen sollte und die Daten abgegriffen werden. Da merkt man relativ schnell, dass Patienten in die eine oder andere Richtung tendieren. Und das ist jedem selbst überlassen, wie er darüber entscheiden möchte. Ich habe das Gefühl, dass die meisten Menschen eigentlich die Verbesserung der Behandlung als das wichtigere Gut erwägen.
Andersherum ist es so, wenn wir zum Beispiel Patienten haben, die aus anderen Praxen zu uns wechseln, dass eigentlich immer wieder Erstaunen auftritt, dass wir noch nicht auf die Daten zugreifen können und das stößt immer wieder auf Unverständnis. Deswegen glaube ich, dass viele Patienten gedanklich eigentlich schon weiter sind, als wir ihnen das in manchen Diskussionen unterstellen.

Um die elektronische Patientenakte (ePA) erfolgreich weiterzuentwickeln, braucht es vor allem klare Kommunikation. Jedem Beteiligten muss bewusst sein, wie und wann welche Funktionalitäten vorhanden sein werden.

Dr. med. Nicolas Kahl
Facharzt für Allgemeinmedizin
 

Lena, Du stehst als Mitarbeiterin bei der gematik auf der technischen Seite der elektronischen Patientenakte. Welche Vorteile bringt die ePA aus Deiner Sicht?

Lena Dimde: Nur auf der technischen Seite stehen wir gar nicht. Denn dass man aus dem Opt-in-Verfahren in ein Opt-out-Verfahren wechseln möchte, das hat der Koalitionsvertrag schon gezeigt. Damals haben wir angefangen, uns Gedanken darüber zu machen, was das konkret bedeutet. Mittlerweile ist es fast zwei Jahre her, dass wir überlegt haben, wie wir zu einem guten fachlichen Zielbild für die elektronische Patientenakte kommen. An der Stelle haben wir eine große Workshopreihe initiiert, wo wir zum einen die Gesellschaft der gematik mit dabeihatten, beispielsweise die KBV oder die Bundesärztekammer. Zum anderen haben wir einige Fachgesellschaften und Berufsverbände mit einbezogen und uns gemeinsam die Frage gestellt: Wie kommen wir zu einer ePA, von der Nutzerinnen und Nutzer profitieren wollen? Darein haben wir viel Zeit investiert. Irgendwann kann man daraus technische Ableitungen bilden, aber unser Fokus lag vor allem darauf, wie sich die ePA grundsätzlich in den Versorgungsprozess eingliedern kann, sodass sie als Mehrwert empfunden wird.

Also ist der konkrete Vorteil, dass es diese Einbindung in den Workflow zwischen Patienten, Praxen und vielleicht auch Krankenhäusern zur ärztlichen Versorgung gibt?

Lena Dimde: Genau. Wir haben zum ersten Mal eine patientenzentrierte Sicht auf medizinische Informationen. Wir fangen mit verschiedenen Informationen im PDF an. Hier reden wir beispielsweise über Laborbefunde, Bildbefunde, Krankenhausentlassungsbriefe, Arztbriefe oder OP-Berichte. Ein weiterer großer Vorteil wird sein, dass wir zum ersten Mal Medikationsinformationen an einem Ort haben werden. Das heißt, ein Arzt wird in Zukunft die Verordnungen von sich selbst, aber auch die Kollegen durch die Verbindung von ePA und eRezept sehen können. Das ist ein großer Schritt nach vorn. Man sieht nicht nur die Verordnungen, sondern auch, was der Patient tatsächlich abgeholt hat, was wiederum Rückschlüsse für die Behandlung geben kann.

Also ist der Vorteil: Alles, was mal drin ist, habe ich immer verfügbar?

Lena Dimde: Genau, als Einschränkungen gibt es zwei Punkte, die zu beachten sind. Zum einen gibt es die Möglichkeit, dass Dokumente aus der ePA gelöscht werden dürfen. Das darf der Patient oder die Patientin selbst machen, auf Wunsch kann das aber auch vom Arzt oder von der Ärztin übernommen werden. Und Patientinnen und Patienten haben die Möglichkeit, Dokumente zu verbergen. Also wenn beispielsweise ein sensibler Befund in der ePA liegt, den man zwar gerne digital vorliegen hätte, den man aber nicht mit den Ärztinnen und Ärzten teilen will, gibt es die Möglichkeit des Verbergens. Das heißt, ich mache das Dokument dann unsichtbar und bin die einzige Person, die es sehen kann.

Ich habe also als Patient immer volle Handhabe über meine Daten?

Lena Dimde: Auf jeden Fall. Dabei gibt es unterschiedliche Unterstützungsmöglichkeiten. Grundsätzlich erfolgt die Administration über die ePA-App. Wir wissen aber auch, dass es gewisse Personengruppen gibt, eben ganz junge oder möglicherweise auch ganz alte Menschen, die die Administration selbst nicht vornehmen wollen oder können. Hier gibt es die Möglichkeit, dass Vertreter benannt werden und technisch über die ePA-App eingerichtet werden. Dabei muss man keine Voraussetzungen erfüllen, außer dass derjenige, der vertreten soll, ein Mobiltelefon hat. Ansonsten gibt es bei den Krankenkassen Ombudsstellen, die eingerichtet wurden und an die man sich wenden kann, wenn man beispielsweise einer gewissen Institution gar keinen Zugriff auf die ePA geben möchte. 

Welche Auswirkungen wird die ePA auf die Gesundheitsversorgung allgemein haben?

Lena Dimde: Ich muss sagen, da bin ich auch gespannt, wie sie sich grundsätzlich eingliedern wird. Das Thema Medikation ist das, wo ich sagen würde, das wird definitiv Änderungen mit sich bringen. Wir haben in der Vergangenheit viel mit Krankenhäusern gesprochen und dort hospitiert. Gerade dort ist die Medikationsanamnese ein sehr großes Thema, wofür unter Umständen auch mal 30 bis 60 Minuten draufgehen. Am Ende weiß keiner genau, ob noch etwas fehlt oder nicht. Mit der Medikationsliste in der ePA erhoffen wir uns, dass es an dieser Stelle extreme Erleichterungen geben wird. Da dort alle Informationen zu sehen sein werden, die auch über das e-Rezept gelaufen sind.
Das Gleiche gilt auch für die Arztpraxis. Ich glaube, gerade die medizinischen Fachangestellten kennen es, dass Patientinnen und Patienten in der Praxis stehen und ihre Befunde daheim vergessen, oder sie gar nicht erst bekommen haben. Das bringt immer einen Zeitverzug mit sich. Entweder muss nachtelefoniert werden oder der Patient muss nochmal vorbeikommen, bedeutet mehr Personentraffic in der Praxis. All das löst sich mit der ePA hoffentlich auf, weil wir die Krankengeschichte digital an einem Ort und komfortabel zugreifbar haben. 

Krankenkassen, Arztpraxen, Patienten, Anbieter von Softwarelösungen – Wer ist da in der Verantwortung für die Kommunikation?

Lena Dimde: Die Anbieter der ePA sind die Krankenkassen. Sie informieren darüber und stellen ihren Versicherten diese Apps bereit. Das heißt, wir als gematik GmbH machen Vorgaben dazu, wie es ausgestaltet sein muss, aber wir machen kein konkretes technisches Produkt. Die Kommunikation ist ein entscheidendes Thema. Die Einführung der ePA ist vielmehr ein Change-Management, als ein neues Tool, weil sich hier komplett neue Möglichkeiten ergeben, die wir bisher noch nicht hatten. Das muss in der Kommunikation entsprechend berücksichtigt werden. Und hier gibt es grundsätzlich eine klare Rollenteilung. Zur Aufklärung von Patientinnen und Patienten sind die Krankenkassen per Gesetz verpflichtet. Das Bundesministerium für Gesundheit hat zusätzlich die Aufsicht dieses Kommunikationsauftrags an Bürgerinnen und Bürgern angenommen. Beispielsweise ist letzte Woche eine Kampagne gestartet, bei der ein Infomobil in ganz Deutschland unterwegs ist, wo Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit haben, ihre Fragen zur ePA loszuwerden. Weiter wird es Plakate geben oder Social Media Beiträge und so weiter. Das heißt, die Kommunikation zu Versicherten, wird an dieser Stelle angegangen. Die Versicherten sind aber nur ein Teil der Medaille. Wir brauchen auch die Leistungserbringenden, die sich mit der elektronischen Patientenakte beschäftigen. Da machen wir als gematik gerade viele Anstrengungen, dass konkrete und idealerweise immer die gleichen Botschaften an den unterschiedlichen Stellen platziert werden. Dafür haben wir unterschiedliche Arbeitsgruppen eingerichtet, die ihren Fokus unterschiedliche setzen, beispielsweise auf Apotheken, Praxen, Krankenhäuser, Industrie und so weiter. Die Gruppen untersuchen die Informationsbedarfe und Bedenken dieser spezifischen Personengruppen. Oder auch, welche Dokumente oder welche Informationen ihnen helfen würden, selbstbewusster mit der elektronischen Patientenakte umzugehen. Auf unserer Website haben wir mittlerweile einen Informationshub errichten können, der spezifisch Informationen dazu gibt. Ganz klar ist, dass der Informationsauftrag nicht bei den Ärztinnen und Ärzten liegt. Es gibt auch in den Praxen Fragen. Und wir wollen an der Stelle bestmöglich unterstützen, damit Informationsmaterialien vorhanden sind, die dann idealerweise einfach weitergegeben werden können. Das heißt, auch die Kommunikation ist eine Aufgabe, die nicht eine Institution allein machen kann, sondern die alle gemeinsam angehen müssen und hier versuchen wir, als gematik in unserer Rolle gerade die Fäden zusammenzuführen.

Die Einführung der ePA ist vielmehr ein Change-Management, als dass ein neues Tool eingeführt wird. Wir als gematik GmbH machen gerade viele Anstrengungen, damit hier konkrete Botschaften an den unterschiedlichen Stellen wie Apotheken, Arztpraxen, Krankenhäusern und in der Industrie platziert werden.

Lena Dimde
Product Ownerin ePA, gematik GmbH
 

Bei solchen sensiblen Daten ist der Datenschutz ein wichtiges Thema. Muss ich mich als Patientin oder als Patient selbst kümmern?

Lena Dimde: Grundsätzlich dürfen auf die ePA nur diejenigen Institutionen zugreifen, mit denen der Patient in einem sogenannten Behandlungskontext steht. Das heißt, die ePA ist nicht einfach für alle offen. Wie die ePA aufgeschlossen wird, ist simpel gehalten. Der Patient beim Arzt, muss einmal die elektronische Gesundheitskarte eingeben, damit der Arzt anschließend abrechnen kann. Das Einstecken der Karte sorgt dafür, dass die Institution für 90 Tage auf die ePA zugreifen kann. Der Patient kann diesen Zugriff jederzeit beenden. Das geht entweder über die App oder über die Ombudsstelle. In der Apotheke beispielsweise funktioniert das ganz genauso. Dort braucht man die Karte, um ein E-Rezept einzulösen. In Zukunft wird dann die Apotheke für drei Tage auf die elektronische Patientenakte zugreifen können. Hier hat der Gesetzgeber unterschiedliche Mittel gewählt, um die Länge für einen Zugriff zu begrenzen.

Wäre die Patientenakte auch in einem internationalen Kontext denkbar?

Lena Dimde: Definitiv. Das kommt gerade durch europäische Regulierung mit rein und fällt unter das Stichwort EHDS. Hier gibt es verschiedene Themenbereiche. Zum einen gibt es das International Patient Summary. Das ist eine Art Deckblatt, auf dem Medikationsinformationen, Diagnosen, Allergien oder andere Informationen, die eben in einem Notfall notwendig sind, festgehalten. Genauso ist jetzt aber auch schon angelegt, dass im europäischen Kontext beispielsweise Bildbefunde, Laborergebnisse oder Krankenhausentlassungsbriefe ausgetauscht werden sollen. Das heißt, wir gucken jetzt gerade ab dem 15.01. rein auf den innerdeutschen Kontext. Nach und nach wird es aber auch die Möglichkeiten geben, entsprechende europäische Daten auszutauschen.

Welche Handlungsempfehlungen gibst Du Patientinnen und Patienten einerseits und Arztpraxen andererseits?

Lena Dimde: Fangen wir mal mit den Patientinnen und Patienten an. Grundsätzlich braucht man keine Angst vor der elektronischen Patientenakte zu haben, weil sie letzten Endes Erleichterungen mit sich bringen soll. Die soll dafür sorgen, dass man sich um die wichtigen Dinge kümmern kann, wenn man krank ist, nämlich um seine Gesundheit. Das heißt, ich kann mit der ePA ganz entspannt zum Arzt gehen und der kann auf meine Informationen zugreifen. Genauso ist es aber auch eine Chance, einen viel besseren Blick auf die eigenen Gesundheitsdaten zu bekommen. Für alle, die mit der ePA auf professioneller Ebene zu tun haben werden, es ist ein Change. Beim E-Rezept wurde ein Prozess von Papier zu digital ersetzt. Bei der ePA stellt sich das anders dar. Denn dort wird es der Fall sein, dass ich Informationen habe, die ich bisher gar nicht hatte. Das bedeutet konkret, dass man sich mit den Dingen beschäftigen sollte und eben auch gucken muss, was die ePA tatsächlich im Alltag bringt. Aus meiner Sicht ist das aktive Auseinandersetzen mit der elektronischen Patientenakte extrem wichtig. Wir starten jetzt zum 15.01. mit PDF-Dokumenten und mit der elektronischen Medikationsliste und wir entwickeln uns kontinuierlich weiter, bis wir dann irgendwann die elektronische Patientenakte haben, auf die alle schon immer gewartet haben. Das heißt, das ist eine Schritt-für-Schritt-Entwicklung. Wir gehen die ersten Schritte und sind gespannt.

Das Interview führte Christoph Raithel, Leitung Event bei der Bayern Innovativ GmbH.

Länge der Audiodatei: 00:36:30 (hh:mm::ss)

ePA: 2 Perspektiven auf die elektronische Patientenakte (09.10.2024)

Dr. med. Nicolas Kahl (Facharzt für Allgemeinmedizin) und Lena Dimde (gematik GmbH) beleuchten die Chancen und Herausforderungen der elektronischen Patientenakte.

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