Der Deutsche Hospiztag 2024
11.10.2024
„Von Mensch zu Mensch dem Leben Raum geben, egal wo das Leben steht“
Manuela Füller, Vorständin Diakoneo.
Die Medizin und Forschung entwickeln sich stetig weiter, mit dem Ziel, Krankheiten zu heilen und das Leben zu verlängern. Doch eines bleibt unveränderlich: Jedes Leben endet irgendwann. Dieser Prozess ist sowohl für die betroffene Person als auch für ihre Angehörigen eine emotionale Reise, die immer häufiger in einem Hospiz durchlebt wird. Anlässlich des Deutschen Hospiztags möchten wir den Blick auf diesen besonderen Ort des Abschieds und des Lebens richten.

Was ist ein Hospiz?
‚Hospiz‘ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie ‚Gastfreundschaft‘ oder ‚Herberge‘ – genau das bietet es: ein Zuhause auf Zeit. Ursprünglich als Unterkunft für Pilger bekannt, wurde 1967 in London das erste stationäre Hospiz für Sterbende eröffnet. Fast 20 Jahre später, 1986, entstand das erste stationäre Hospiz in Deutschland, in Aachen. Heute gibt es bundesweit etwa 260 stationäre Hospize für Erwachsene sowie 21 für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene.
Die Hospizidee basiert auf der Überzeugung, dass Sterben zum Leben gehört und Menschen jeden Alters in der letzten Lebensphase Zuwendung und Unterstützung benötigen. Das Hospiz bietet dafür den passenden Rahmen. Die Pflegekräfte kümmern sich sowohl um die sterbenden Menschen als auch um ihre Angehörigen und begleiten sie auf diesem schwierigen Weg. Ihre Arbeit erfordert viel Sensibilität und Empathie, bringt jedoch auch große Dankbarkeit und Erfüllung zurück. Manuela Füller, Vorständin von Diakoneo, Projektpartner von Bayern Innovativ Gesundheit, beschreibt die besondere Rolle der Pflegenden in der Hospizarbeit: „Das ‚H‘ in ‚Hospiz‘ steht für das stationäre Hospiz in Schwäbisch Hall für Herzensangelegenheit. Es ist essenziell, dass jeder diese Aufgabe zu seiner eigenen macht und sie mit Liebe erfüllt. Auch die Vielfalt ist von Bedeutung, denn jeder Mensch ist anders, und das spiegelt sich auch in der Pflege wider. Es gilt, diese Diversität bewusst zu fördern.“
Herausforderungen & Lösungen
Die Pflegenden möchten den Hospizgästen einen angenehmen und möglichst unbeschwerten Aufenthalt ermöglichen. Dazu gehört auch, dass sie auf sich selbst achten, Distanz wahren und regelmäßig Schulungen sowie Fortbildungen absolvieren. Füller betont: „Vor allem der Schutz der Hospizgäste, der Pflegenden und der Angehörigen ist von großer Bedeutung, und auftretende Probleme und Themen sollten sorgfältig aufgearbeitet werden. Denn nicht nur die Angehörigen nehmen Abschied, auch im Hospiz ist dieser Prozess spürbar. Die Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, ermöglichen ein mitmenschliches und solidarisches Leben bis zum Lebensende. Sie unterstützen qualifiziert und häufig in schwierigen Lebens- und Krankheitssituationen. Sie brauchen vor allem Zeit und Unterstützung für die Reflexion.“ Gerade für Angehörige kann die Zeit im Hospiz auch eine Auszeit und große Hilfe im Alltag sein, in der sie Sorgen abgeben und Momente der Ruhe genießen können – im Wissen, dass die sterbende Person in guten Händen ist, an einem Ort, an dem sie bestmöglich unterstützt wird.
Wie in anderen Bereichen ist auch die Pflegebranche auf Weiterentwicklungen und technische Unterstützung angewiesen. Dies reicht von digitalen Innovationen bis hin zu mobilen Sensoren und modernen Ausstattungen. Die Einsatzgebiete sind vielfältig: Dokumentationssysteme auf mobilen Endgeräten für Pflegekräfte, Sturzerkennung auf Basis künstlicher Intelligenz oder 3D-gedruckte, personalisierte Orthesen erleichtern den Alltag der Hospizgäste und Mitarbeitenden erheblich. Ein Beispiel: „Wir haben uns entschieden, in unserer Einrichtung Aufstehbetten zu installieren. Diese Betten kosten zwar das Vierfache eines herkömmlichen Pflegebetts, bieten den Betroffenen jedoch die Möglichkeit, eigenständig und schmerzlindernd in verschiedene Sitzpositionen zu wechseln – ganz ohne die Hilfe von Mitarbeitenden. Dadurch gewinnen die Patientinnen und Patienten ein Stück Selbstständigkeit zurück und müssen nicht unter Schmerzen warten, bis jemand zur Hilfe kommt“, erklärt Füller. Solche Innovationen sind wichtig, aber auch sehr kostspielig. Zwar werden 95 % der Kosten eines Hospizes von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, für die verbleibenden 5 % sind die Hospize jedoch auf Spenden angewiesen. Daher müssen Pflegeinnovationen oft hinter der Finanzierung zurückstehen oder kostengünstigere Lösungen gefunden werden, um das Leben der Sterbenden zu verbessern.
Ein Ort zum Leben – Ein Ort für Entwicklungen
Zuwendung, Unterstützung und Entlastung – das sind die drei zentralen Dinge, die Hospizgäste auf ihrem letzten Lebensweg benötigen. Dinge, die sie für ihr Leben erhalten, wie Füller erläutert: „Ein Hospiz ist nicht primär ein Ort des Sterbens, sondern vor allem ein Ort des Lebens, an dem das Abschiednehmen Teil des Lebenswegs ist. Unser Motto dabei: Von Mensch zu Mensch dem Leben Raum geben, egal wo das Leben steht.“
Der Deutsche Hospiztag am 14. Oktober 2024 steht unter dem Motto „Vielfalt“ und betont die Bedeutung der Hospizarbeit. Das Innovationsnetzwerk Gesundheit der Bayern Innovativ GmbH unterstützt dies und möchte zusätzlich dazu ermutigen, Vielfalt in der Pflegeinnovation zu fördern. Hospizarbeit ist eine Haltung, ein Versprechen der Gemeinschaft, Sterbende und deren Angehörige auf der letzten Reise nicht allein zu lassen. Gemeinsam können wir einen Beitrag leisten und uns für diejenigen einsetzen, die auf Unterstützung angewiesen sind.
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