Sensorik in der Produktion: Datenerfassung und -aufbereitung

Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung lassen sich die Anforderungen an automatisierte und vernetzte Fabriken erfüllen, die durch intelligente Sensoren erst ermöglicht werden.

Titel Sensorik in der Produktion

Sensoren sind die Sinnesorgane in der industriellen Produktion. Die Daten, die sie erfassen und auswerten, dienen der Steuerung von Maschinen und Anlagen. Damit sind sie die Basis für eine erfolgreiche Automatisierung. Die ZD.B-Themenplattform Digitale Produktion & Engineering hat sich zum Ziel gesetzt, insbesondere KMUs zum Einsatz digitaler Technologien zu befähigen. Dazu gehören neben der Vernetzung und dem Wissenstransfer zwischen Digitalisierungsanbietern, -anwendern und Wissenschaft auch das Informieren zu Themen, Trends und Technologien. Hier siedelt sich die Webinarreihe „Eine Brücke zwischen Wissenschaft und Industrie – Aus der Forschung in die Praxis“ an, die sich im Mai 2022 mit dem Thema Sensorik in der Produktion befasst – durchgeführt in Kooperation mit der Strategischen Partnerschaft Sensorik e.V.

Aus Daten Mehrwert generieren

Eine große Bandbreite an Arten von Sensorik ermöglicht es heute eine Vielzahl von Datenpunkten in der Produktion zu erfassen. Für viele Unternehmen eine große Herausforderung: Für den eigenen Anwendungsfall die relevanten Datenpunkte sowie die zur Erfassung notwendige Sensorik auszuwählen und die anfallenden Daten so aufzuarbeiten, dass aus ihnen Informationen abgeleitet und ein Mehrwert erzeugt werden kann.

Kooperative Sensorik in der Intralogistik

Im ersten Vortrag erläutert Prof. Dr. Hans-Georg Stark, Leiter Zentrum für Wissenschaftliche Services und Transfer (ZeWiS), Technische Hochschule Aschaffenburg die kooperative Sensorik am Beispiel eines Projekts aus der Intralogistik. Die kooperative Sensorik zeichnet sich dadurch aus, dass sie mit Zielobjekten zusammenarbeitet. Sie wird überall dort eingesetzt, wo es auf höchste Sicherheit und Zuverlässigkeit ankommt, wie beim Einsatz von Flurförderzeugen in heterogenen Lagersystemen, in denen autonome und nicht autonome Flurförderzeuge sowie Logistikpersonal vertreten sind. Anhand einer Schemadarstellung werden Fahrzeuge mit unterschiedlichem Automatisierungsgrad gezeigt, die drahtlos miteinander kommunizieren. Das versetzt sie in die Lage, ihre Position gegenseitig zu erkennen. Die von den Sensoren erfassten Daten werden an einen Prozessrechner übermittelt, der die Steuerung der Fahrzeuge übernimmt. Neben der Lokalisierung und Steuerung eröffnen sich noch weitere Möglichkeiten. So lassen sich auch die Verschleißzustände von Fahrzeugen messen, wie zum Beispiel der Zustand einer Hubmastkette. Über die akustische Erfassung mit entsprechender Frequenzanalyse kann man den Wartungszustand ableiten und die Wartung vorausschauend planen. Vereinfacht beschrieben lässt sich das so ausdrücken: Ein beschädigtes Teil sendet andere Frequenzen als ein qualitativ einwandfreies.

Um dies zu ermitteln, wird die Fast Fourier Transformation eingesetzt. Sie zerlegt ein Signal in einzelne Spektralkomponenten und gibt dadurch Aufschluss über seine Zusammensetzung. Diese Methode wird zur Fehleranalyse, in der Qualitätskontrolle und in der Zustandsüberwachung von Maschinen oder Systemen eingesetzt.

Mit zunehmender Vernetzung der industriellen Produktion können weitere Daten erfasst werden. So lassen sich Abstände messen oder auch die Ladezustände der Fahrzeuge ermitteln. Mit der Modellierung über mathematische Graphen werden sämtliche Intralogistik-Prozesse simuliert. So kann in diesem Fall mit dem Open Source Software Tool CARLA eine virtuelle Gabelstaplerflotte konstruiert werden. Kritische Distanzen lassen sich überprüfen und damit vermeiden sowie Positions- und Ladezustände mit geeigneten Sensoren ermitteln. Im digitalen Modell eines realen Intralogistik-Zentrums lassen sich durch die Simulation zahlreiche Logistikprozesse optimieren. Ein Beispiel ist die algorithmische Bestimmung von Anzahl und Position von Ladestationen für E-Stapler, mit der Energiebilanzen und Versorgungssicherheit der Staplerflotte verbessert werden können.

Mit Akustik die Qualität von Werkstücken sichern

Auch der zweite Vortrag von Klaus Lutter, M. Eng., Hochschule für angewandte Wissenschaften Coburg, stellt eine Verbindung zwischen Theorie und Praxis her. Er beschäftigt sich mit der Symbiose von Akustik und Machine Learning für erhöhte Qualitätssicherung. Als relevante Faktoren für die Qualitätssicherung werden der Faktor Zeit, die Subjektivität der Prüfmethode und der Kostenaufwand festgestellt. Ganz nach dem Motto „Komplexer geht immer“ wird ein einfaches Messprinzip gewählt. Ihm liegt die Annahme zugrunde, dass Prüflinge oder Werkstücke nach Impulsanregung charakteristische akustische Signale aussenden. Und dass Fehlstellen, Lunker oder Risse oder Ähnliches diese Signale verändern. Über ein Mikrofon werden diese Signale aufgenommen. Mit Hilfe eines Frequenzfilters werden die oft niederfrequenten Störfrequenzen, wie sie typisch in der industriellen Produktion sind, herausgefiltert. Über eine Hauptkomponentenanalyse ist es im nächsten Schritt möglich, die erfassten Sensordaten auf die wichtigsten zu reduzieren. Das vereinfacht die Komplexität der Berechnung und die Daten können entsprechend skaliert werden.

Muster in Datensätzen erkennen

Wie kommt man jetzt aber zum eigentlichen Machine Learning? Hier geht es darum, Muster in Datensätzen zu erkennen und daraus mögliche Anomalien abzuleiten. Wesentlich dabei ist die Menge und die Qualität der Daten, die mittels verschiedener mathematischer Berechnungsformen klassifiziert werden können. Bei der eingesetzten Methode – der Support Vector Machines – erkennt der Klassifikator mit hoher Wahrscheinlichkeit Fehler in Prüflingen. Vorteile der Methode sind unter anderem die sehr kurze Testdauer sowie die hochgradige Flexibilität, weil verschiedene Algorithmen implementiert und getestet werden können. Und das Ganze lässt sich automatisieren, wenn das Messverfahren in die Produktion integriert wird. Als Fazit stellt Herr Lutter fest, dass eine relativ einfache Messmethode Bauteile klassifizieren kann und so den Qualitätssicherungsprozess beschleunigt und verbessert.

Mit Sensordaten durch die digitale Transformation

Als dritter Sprecher kommt Dr.-Ing. Ulrich Lettau, CEO der iba AG, zu Wort. Sein Vortrag „Sensordaten aus unterschiedlichen Quellen konsistent und umfassend nutzen – die Grundlage für eine erfolgreiche Digitalisierung“ legt den Schwerpunkt auf Anwendungen in der Prozessindustrie, in der Sensoren eine sehr wichtige Rolle spielen. Ob Füllstände, Drehzahlen oder Temperaturen – aus den ermittelten Sensordaten lassen sich Aktionen ableiten, die dazu dienen, den Prozess über Aktoren automatisch zu führen. Dies geschieht über spezialisierte Recheneinheiten, den sogenannten speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS). In komplexeren Prozessen sind in der Regel mehrere spezialisierte SPS vorhanden, die untereinander Daten über Buskommunikation austauschen. Außerdem ist in der Regel ein Bedien- und Beobachtungssystem vorhanden, welches Prozessgrößen visualisiert und dem Bedienpersonal gegebenenfalls die Möglichkeit gibt, Eingriffe vorzunehmen. Die in den speicherprogrammierbaren Steuerungen vorhandenen Daten können zusammen mit den Daten von externen Sensoren in einem Mess- und Analysesystem hochzyklisch erfasst und dauerhaft gespeichert werden. Zusätzlich können die derart erfassten Sensordaten sowohl online als auch nach Abschluss definierter Prozessschritte zu Kennwerten weiterverarbeitet werden. Damit werden die gewonnenen Sensordaten besonders wertvoll nicht nur für die Prozessautomatisierung, sondern für viele weitere Einsatzfälle. Dazu gehören unter anderem die Fehler- und Störungssuche, die Prozessanalyse, die Qualitätsdokumentation, aber auch Condition Monitoring, Power Quality, Energiemanagement sowie Schwingungsanalyse. Letztendlich alles Themen, die auf die digitale Transformation einzahlen. Die ermittelten Kennwerte dienen unter anderem dazu, Grenzwerte zu überwachen und können über Konnektivitätslösungen an übergeordnete bzw. cloudbasierte IT-Systeme übermittelt werden. So lassen sie sich beispielsweise für KI-Anwendungen nutzen, wo man eine große Menge an historischen Daten benötigt.

Von Seiten der Themenplattform Digital Production & Engineering unterstützen wir Sie gerne bei der Identifikation passender wissenschaftlicher Kooperationspartnerschaften und bei der Auswahl geeigneter Fördermöglichkeiten für Ihr Digitalisierungsvorhaben.

Kontaktdaten der Referierenden:

  • Prof. Dr. Hans-Georg Stark, Leiter Zentrum für Wissenschaftliche Services und Transfer (ZeWiS), Technische Hochschule Aschaffenburg; E-Mail: Per Mail kontaktieren
  • Klaus Lutter, M. Eng., Fakultät für Angewandte Naturwissenschaften, Hochschule Coburg; E-Mail: Per Mail kontaktieren
  • Dr.-Ing. Ulrich Lettau, CEO, iba AG; E-Mail: Per Mail kontaktieren

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