Engineering und IT – ein erfolgreiches Dreamteam: Interview mit der invenio Virtual Technologies GmbH

Die invenio Virtual Technologies GmbH zählt als führender Anbieter für digitale Produktentwicklung und Digital Mock-Up (DMU) und wurde letztes Jahr mit dem Bayerischen Mittelstandspreis ausgezeichnet. Im Gespräch mit dem Geschäftsführer Hermann Gaigl, haben wir erfahren, warum der Hidden Champion nun mehr Sichtbarkeit anstrebt.


Servus Hermann, vielen Dank für Deine Zeit, um mit uns über Themen wie KI und digitale Transformation zu sprechen. Du bist Geschäftsführer der invenio Virtual Technologies (VT) GmbH, und ihr seid mit eurer Technologie marktführend. Wie kam es dazu? Und was sollte jeder über die VT wissen?

Hermann Gaigl: Meine Vision war es immer, die beiden Welten „Engineering“ und „IT“ in einem Unternehmen zu vereinen – ich durfte lange in beiden Bereichen arbeiten und habe bereits vor über 20 Jahren gesehen, dass sie zusammengehören.
Wir haben angefangen, mit VT-DMU (Digital Mock-Up) einen modularen Software-Baukasten zu entwickeln, der sich flexibel an individuelle Kundenbedürfnisse anpassen lässt. Entscheidend ist, dass nicht die Software bestimmt, wie der Kunde arbeiten muss, sondern der Prozess des Kunden vorgibt, wie die Lösung aussieht. Als wir damit angefangen haben, wurde ich oft belächelt. Heute wird unsere Idee als BizDevOps bezeichnet und wir überzeugen immer mehr Anwendende.

Ihr seid seit mittlerweile knapp zehn Jahren im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) aktiv. ChatGPT hat KI für viele salonfähig gemacht. Eure Lösung geht in eine andere Richtung, denn sie ist mit DMU viel spezifischer auf einen Use-Case ausgerichtet. Was wird die KI beim Kunden verändern? Wobei hilft sie konkret?

Hermann Gaigl: Ehrlich gesagt haben wir mit KI nur deshalb begonnen, weil wir das massive Datenwachstum als potentielles Risiko eingeschätzt haben. Ja, DMU ist ein sehr spezifischer Use-Case, das ist aber kein Problem. Es ist sogar von Vorteil, wenn man sich bei der KI-Entwicklung auf einen klaren Anwendungsfall fokussiert. Problematisch war bei uns, dass es keine Trainingsdaten online gibt. ChatGPT dagegen hat den Vorteil, dass das Internet als Datenbasis dient.

Heute ist KI noch eine Art „geheimnisvolle Wolke“, vor der viele Unternehmen Angst haben. Mit der Zeit wird man lernen damit umzugehen.

Hermann Gaigl Geschäftsführer invenio Virtual Technologies GmbH

Persönlich glaube ich, dass viele Chancen in KI stecken. Heute ist KI noch eine Art „geheimnisvolle Wolke“, vor der viele Unternehmen Angst haben. Mit der Zeit wird man lernen damit umzugehen . Ich bin froh, dass wir mittlerweile fast zehn Jahre Erfahrungen sammeln konnten. Unsere KI hilft dabei, geometrische Konflikte zu beurteilen. Wenn z.B. in der Entwicklung eines Produkts eine Kollision auftritt, sagt die KI, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Problem vorliegt. Außerdem liefert die KI die komplette Bilddokumentation dazu. Unsere KI zeigt außerdem tagtäglich in der Praxis, wie wertvoll sie ist. Sie macht Anwendende effizienter, ermöglicht Transparenz in große Datenstände transparent zu machen und hilft letztendlich dabei, viele kostspielige Fehler zu vermieden.

Du hast an unserem transform.by-Workshop teilgenommen, in dessen Rahmen wir ein Zukunftsbild für die Fahrzeug- und Zulieferindustrie in Bayern bis 2035 entwickelt haben. Was waren deine wichtigsten Erkenntnisse? Welche Voraussetzungen sind aus deiner Sicht notwendig für eine erfolgreiche digitale Transformation in diesem Bereich? Was wird benötigt?

Hermann Gaigl: Im transform.by-Workshop habe ich eine unheimliche Dynamik gespürt. Beeindruckt hat mich, dass im Workshop viele unterschiedliche Teilnehmende aus Unternehmen oder Organisationen zusammengekommen sind, die sich davor nicht kannten. Trotzdem haben alle engagiert zusammengearbeitet und im Zeitplan ein tolles Ergebnis erreicht. Eine Methode, die mir neu war. Die Transformation in der Fahrzeug- und Zulieferindustrie ist noch ein weiter und steiniger Weg. Die Themen, an denen gearbeitet werden muss, sind bekannt.
Wenn Du mich fragst, was die Erfolgskriterien sind: Jeder, der in der Branche arbeitet, muss anpacken – mit Leidenschaft und Einsatz. Wir müssen uns auf unsere Werte besinnen und fair zusammenarbeiten. Dann klappt es.

Ihr seid 2023 für eure KI mit dem Bayerischen Mittelstandspreis ausgezeichnet worden. Derzeit arbeitet ihr als Hidden Champion daran, sichtbarer zu werden. Wieso habt ihr euch dazu entschlossen und was erhofft ihr euch davon?

Hermann Gaigl: Die Auszeichnung freut uns sehr. Es ist eine große Ehre und tolle Anerkennung der enormen Arbeit von all unseren Mitarbeitenden. Ein Hidden Champion zu sein ist im Grunde ein großer Erfolg. Aber es gibt auch eine Schattenseite: Wenn wir beispielsweise einen neuen Kunden gewinnen wollen, ist es sehr schwierig, ihn von uns zu überzeugen. Weil sie uns nicht kennen, sind viele zunächst zurückhaltend, manche sogar misstrauisch. Einige kaufen die Software dann lieber bei einem großen bekannten Software-Hersteller ein, obwohl deren Lösung nicht annähernd mit unserer mithalten kann. Insofern arbeiten wir gerade intensiv an unserer Sichtbarkeit und Reichweite.

Wir haben so viel Arbeit in unsere Algorithmen und KI gesteckt und ich weiß, wie gut wir sind. Ich weiß auch, dass viele Unternehmen enorm davon profitieren, wenn sie mit unserer Technologie arbeiten würden. Sie quälen sich aktuell mit Problemen, die wir lösen könnten. Sie müssen dafür Zeit investieren, die man in Zeiten des Fachkräftemangels eigentlich nicht hat. Deshalb wollen wir bekannter werden, um diesen Unternehmen helfen zu können und mit ihnen zu arbeiten. Wir wollen zeigen, wie innovativ ein mittelständisches Unternehmen sein kann und dass es auch heute noch möglich ist, Spitzentechnologie in Bayern zu entwickeln.

Wir wollen zeigen, wie innovativ ein mittelständisches Unternehmen sein kann und dass es auch heute noch möglich ist, Spitzentechnologie in Bayern zu entwickeln.

Hermann Gaigl Geschäftsführer invenio Virtual Technologies GmbH

Wird das Thema KI in ein paar Jahren noch aus dem Schulunterricht wegzudenken sein? Wo siehst du die die Vor- und Nachteile davon, Künstliche Intelligenz mehr und mehr im Alltag eines jeden Menschen zu integrieren?

Hermann Gaigl: Künstliche Intelligenz wird mehr und mehr Raum einnehmen und im Schulunterricht definitiv nicht mehr wegzudenken sein. KI kann uns enorm unterstützen, z.B. beim Schreiben von Texten, bei der Erstellung von Bildern oder in speziellen Fachdisziplinen. Die Technologie ist verfügbar und es hilft nicht, sich zu verweigern oder sie zu verbieten. Wir sollten offen damit umgehen und lernen, die Künstliche Intelligenz zu beherrschen und positiv für uns zu nutzen.  Die Nachteile sehe ich ganz klar darin, dass KI auch für kriminelle Tätigkeiten eingesetzt werden kann. Darauf müssen wir uns alle entsprechend vorbereiten.

Vielen Dank für deine interessanten Einblicke und weiterhin viel Erfolg mit Eurer Technologie.


Hinweis:
Hermann Gaigl ist auch Gast-Referent bei unserer Online-Veranstaltungsreihe zur Transformation am 27.02.2024 mit dem Thema “Nutzen und Einsatzmöglichkeiten von Chat GPT bei KMU” und gibt Hilfestellung, wie Unternehmen KI nutzbar machen können.

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Dirk Maaß

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