Soziale Machbarkeit der Wärmewende einplanen

Kommunale Wärmewende im Fokus: Finanzierung, soziale Verträglichkeit und Akzeptanz im Mittelpunkt der KWW-Konferenz in Halle

27.06.2025

Quelle: E & M powernews

Das Kompetenzzentrum Kommunale Wärmewende (KWW) hat auf einer Konferenz in Halle (Saale) Machbarkeit, Akzeptanz und soziale Komponenten der Energiewende beim Heizen diskutiert.

Am 26. Juni trafen sich in Halle (Saale) Vertreter aus Kommunen, Planung, Wissenschaft und Energiewirtschaft zur Konferenz über die Wärmeplanung. Veranstalter der Tagung war das Kompetenzzentrum Kommunale Wärmewende (KWW) der Deutschen Energieagentur (Dena). Die Veranstaltung war auch kostenfrei im Livestream zu verfolgen. Diskutiert wurde die Finanzierung von Wärmenetzen, die Planung sozialverträglicher Lösungen sowie die Umsetzbarkeit und Beteiligung vor Ort.

Ein zentrales Thema der Konferenz war die Finanzierung von Wärmenetzen. Vertreterinnen und Vertreter aus Bund, Ländern, Kommunen und der Bankenwirtschaft diskutierten ihre Lösungsansätze. So betonte Stephanie von Ahlefeldt, Abteilungsleiterin im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE), dass Wärmenetze über genossenschaftliche Modelle mitgetragen werden könnten − „ein interessantes Modell“ mit Potenzial, sagte sie. 

Gudrun Gumb von der Förderbank KfW sieht einen Klärungsbedarf bei privatwirtschaftlich organisierten Wärmeprojekten: Hier brauche es schnelle Vertragslösungen zwischen den Beteiligten. Auch Uta Schlotfeldt von den Stadtwerken Halle verwies auf die Hürde, Investitionen langfristig abzusichern: „Wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen, sonst entsteht kein Markt.“ In den Gesprächen wurde deutlich, dass Finanzierungsmodelle und Zuständigkeiten vielerorts noch nicht geklärt sind.

Zentrale Herausforderung Akzeptanz

Politische Akteure, Verwaltung und Öffentlichkeit müssen für die Wärmewende gemeinsam tragfähige Lösungen entwickeln, sagten Markus Fritz vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI, Antje Fritzsche von der Sächsischen Energieagentur (Saena) und Dirk Neubauer, ehemaliger Bürgermeister, Landrat und aktuell Berater. Besonders in Ostdeutschland fehle es an Akzeptanz für die Wärmewende, wenn sie von oben verordnet wird, sagte Neubauer aus praktischer Erfahrung.  
Er plädierte dafür, Lösungsansätze für den Ort zu entwickeln und dann den Bürgern die Chance zum Mittun zu geben. „Ich hatte noch nie so ein gutes Produkt, dass sich zugleich so schlecht verkauften ließ“, beschrieb er. Es gelte nicht nur Mühen und Kosten in den Vordergrund zu stellen, sondern vor allem die Vorteile lokaler Wertschöpfung und Unabhängigkeit zu betonen. „Auf Landkreisebene sind Einnahmen von 30 Millionen Euro jährlich möglich, wenn die Wärmewende umgesetzt wird“, berechnete Neubauer an einem sächsischen Beispiel.

Soziale Aspekte im Blick

Der Sozialverträglichkeit der Wärmewende widmete sich eine Diskussion am Nachmittag. Mit dabei: Frederik Digulla vom Sozial-Klimarat, Beatrice Kuhn von der Dena sowie Hartwig Kalhöfer von den Stadtwerken Leipzig. Aktuell spielten in der Wärmeplanung nur die technische Machbarkeit und die Wirtschaftlichkeit eine Rolle, gab Kalhöfer zu bedenken. Angesichts vieler gering verdienender Mieterhaushalte müssten aber soziale Aspekte in die Planungsprozesse integriert werden. 

Zuschüsse sollte es nur für einkommensschwache Haushalte geben, forderte Frederik Digulla vom Sozial-Klimarat. Aktuell profitierten von staatlichen Zuschüssen für energetische Sanierung und klimafreundliche Heizsysteme vor allem Eigenheimbesitzer, die sich Maßnahmen leisten können. Es käme aber darauf an, auch Haushalte in alten Eigenheimen oder Mieter in schlecht sanierten Gebäuden künftig bezahlbar mit Wärme zu versorgen, kritisierte er. 

Ein lokaler Maximalwärmepreis, gleich ob über Fernwärme oder andere Lösungen wie Contracting wäre eine Lösung. Dieser könnte dann für die schwächsten Haushalte staatlich subventioniert werden, schlug Kuhn vor. Außerdem müsste der Gesetzgeber dafür sorgen, dass sich energetische Sanierung auch für Vermieter lohnt, obwohl die Mieter dadurch geringere Betriebskosten haben, sagte sie.

Verbände fordern politische Klarheit

Parallel zur Konferenz legten der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) und der Energieeffizienzverband AGFW ein gemeinsames Gutachten zu den Kosten verschiedener Wärmeoptionen vor. Es zeigt, dass fast alle Heizungsoptionen mit Mehrkosten verbunden sind – im Schnitt rund 50 Cent pro Quadratmeter Wohnfläche monatlich.

Laut VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing ist es essenziell, den rechtlichen und finanziellen Rahmen so zu gestalten, dass Kommunen ihre Pläne auch umsetzen können. Liebing kritisiert insbesondere die bestehende Regelung des § 556c im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), die den Ausbau von Fernwärme in Mietgebäuden erschwert. AGFW-Geschäftsführer Werner Lutsch sieht darin eine Wettbewerbsverzerrung zugunsten der Wärmepumpe: „Was wir brauchen, ist ein fairer Wettbewerb der Technologien.“

VKU und AGFW fordern daher, die Systematik der neu eingeführten Modernisierungsumlage (§§ 555b, 559e BGB) auf gewerbliche Wärmelieferungen zu übertragen. Das würde sowohl Mieterschutz gewährleisten als auch Investitionen in Fernwärme wirtschaftlich ermöglichen.

Autorin: Susanne Harmsen

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