EU-Kommission legt Leitfaden für Netzinvestitionen vor
EU-Leitfaden fördert vorausschauende Investitionen für leistungsfähige Stromnetze der Zukunft
03.06.2025
Quelle: E & M powernews
Mit einem neuen Leitfaden will die EU-Kommission vorausschauende Investitionen für zukunftsfähige Stromnetze unterstützen.
Der EU-Kommission zufolge beträgt der Investitionsbedarf für die Übertragungs- und Verteilnetze in der Union bis 2040 rund 1,2 Billionen Euro – davon entfallen 730 Milliarden Euro auf Verteilnetze und 477 Milliarden Euro auf Übertragungsnetze. Der nun veröffentlichte Leitfaden richtet sich an Mitgliedstaaten, nationale Regulierungsbehörden sowie Netzbetreiber und zielt darauf ab, geeignete Rahmenbedingungen für Investitionen zu schaffen, die über bestehende Netzanschlussanfragen hinausgehen.
Laut Kommission sollen vorausschauende Investitionen auf mittel- bis langfristige Bedarfe ausgerichtet sein, wie sie in nationalen und europäischen Netzentwicklungsplänen identifiziert wurden. Solche Investitionen könnten unter anderem Netzverstärkungen, vorbereitende Arbeiten zur Erweiterung von Umspannwerken oder das Verlegen zusätzlicher Leerrohre umfassen, um spätere Kapazitätserweiterungen zu ermöglichen. Sie sollen insbesondere die Umsetzung von Projekten in beschleunigten Ausbaugebieten für Erneuerbare oder Offshore-Entwicklungszonen erleichtern.
Der Leitfaden gliedert sich in drei zentrale Bereiche: Netzplanung, regulatorische Bewertung sowie Kosten und Anreize. Die Netzplanung soll laut Kommission auf fundierten Szenarien über die künftige Stromerzeugung und die künftige Nachfrage basieren und auch nationale Energie- und Klimapläne einbeziehen. Darüber hinaus sollen die relevanten Akteure bereits in einem frühen Planungsstadium hinzugezogen werden, um den Ausbaubedarf realistisch abschätzen zu können.
Nationale Regulierungsbehörden müssten über ausreichend Fachpersonal und Kompetenzen verfügen, um Netzentwicklungspläne auch auf Verteilnetzebene bewerten zu können. Zudem müssten sie über Instrumente verfügen, um gezielte Anreize für vorausschauende Investitionen zu setzen. Ein stabiler und ausgewogener regulatorischer Rahmen sei unerlässlich, um Investitionen für Projektträger planbar zu machen und gleichzeitig Verbraucherinteressen zu wahren.
Frühzeitige und klare Zuordnung von Risiken
Im Rahmen der Investitionen empfiehlt die Kommission eine frühzeitige und klare Zuordnung der Risiken zur späteren Netznutzung. Denkbar sei zudem ein zweistufiges Genehmigungsverfahren, bestehend aus Entwurfs- und Genehmigungsphase sowie dem anschließenden Bau. Einmal genehmigte Investitionen dürften nicht nachträglich in Frage gestellt werden – etwa, wenn die anfängliche Auslastung der Infrastruktur unter den Erwartungen liege.
Hinsichtlich der Netz- und Anschlussentgelte wird vorgeschlagen, dass diese künftig nicht nur bestehende Netzkapazitäten, sondern auch geplante Investitionen abbilden. Dies könne neue Erzeugungs- und Verbrauchseinheiten gezielt an Standorte lenken, an denen das Netz vorbereitet oder demnächst ausgebaut wird.
Darüber hinaus wird angeregt, bei Bedarf staatliche Garantien oder Haushaltsmittel einzusetzen, um Mehrkosten im Zuge der Dekarbonisierung und Marktintegration aufzufangen. Dies müsse jedoch im Einklang mit dem geltenden Beihilfe- und Regulierungsrahmen erfolgen.
Mit dem Leitfaden setzt die Kommission eine Maßnahme aus dem EU-Aktionsplan für Netze von 2023 um. Ziel sei es, strukturelle Engpässe im Netzausbau zu überwinden, die aktuell zu langen Netzanschlussverfahren führen, was wiederum die Bemühungen der EU zur Dekarbonisierung der Wirtschaft untergrabe. Bereits die Reform des europäischen Strommarktdesigns von 2024 habe vorausschauende Investitionen ausdrücklich im EU-Regelwerk verankert.
Der Leitfaden basiert auf mehreren Konsultationen, darunter zwei Ausgaben des Copenhagen Infrastructure Forums, zwei gezielte Stakeholder-Befragungen sowie Workshops in Brüssel. Auch Stellungnahmen der europäischen Regulierungsorganisationen Acer und CEER sind in das Dokument eingeflossen.
Als nächsten Schritt kündigt die Kommission an, bis Ende 2025 ein umfassendes „European Grids Package“ vorzulegen. Die öffentliche Konsultation hierzu läuft bereits und endet am 5. August. Mitgliedstaaten und Regulierungsbehörden werden aufgefordert, die Empfehlungen des Leitfadens bei der Weiterentwicklung nationaler Planungs- und Genehmigungsrahmen bereits jetzt zu berücksichtigen.
Der Leitfaden „Guidance on anticipatory investments for developing forward-looking electricity networks” steht auf der Internetseite der Kommission in englischer Sprache zur Verfügung.
Autor: Fritz Wilhelm
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