KMU und Start-ups

23.02.2021

Ein Rad greift in das andere. Dieses Bild steht als Synonym für „erfolgreiche Zusammenarbeit”. Aber warum ist es für viele Unternehmer weiterhin unvorstellbar, dass solch eine Kollaboration auch zwischen KMU und Start-ups funktioniert? So besagt eine Bitkom-Umfrage unter 604 Unternehmen ab 20 Mitarbeitern, dass rund zwei Drittel der Mittelständler quer durch alle Branchen nicht mit neu gegründeten Unternehmen zusammenarbeiten. Vergebenes Innovationspotenzial – wie unsere Expertin Tanja Flügel im nachfolgenden Interview erläutert.

KMU und Start-ups: Kurs auf Kooperation
Aus einer Zusammenarbeit zwischen KMU und Start-ups können spannende Win-win-Situationen entstehen.

Tanja, vor welchen Herausforderungen stehen KMU häufig?

Tanja Flügel: KMU in Deutschland zeichnen sich insbesondere durch Kundennähe aus. Somit können sie auf individuelle Marktveränderungen und Kundenwünsche schnell und flexibel reagieren. Zugleich kämpfen KMU aber mit Herausforderungen, wie z. B. Unternehmensnachfolge, Fachkräftemangel, Digitalisierung und Nachhaltigkeit.

Wie können Start-ups bei diesen Herausforderungen helfen?

Tanja Flügel: Durch die Corona-Pandemie hat die Digitalisierung nochmal richtig Fahrt aufgenommen. Demnach wollen zunehmend mehr deutsche KMU ihre Prozesse digitalisieren . Das ist ein Themenfeld, in dem sich Start-ups bereits erfolgreich positioniert haben und sowohl Lösungen bieten als auch Lösungen gemeinsam mit KMU weiterentwickeln können.

Kannst Du die Theorie anhand eines Beispiels aus der Praxis erläutern?

Tanja Flügel: Gerne. Bleiben wir bei der Digitalisierung: Ein Start-up aus unserem Netzwerk hat eine Software entwickelt, die basierend auf künstlicher Intelligenz Daten aus dem Produktionsprozess aufnimmt, analysiert und auswertet. So kann künftig die Fehlerquote während eines Produktionsprozesses reduziert werden. Weniger Fehler bedeuten schließlich geringere Kosten für ein KMU. Gleichzeitig lernt aber auch das Start-up durch die Zusammenarbeit und kann die Software noch spezifischer für den Produktionsprozess optimieren und somit das eigene Produkt – in diesem Fall die Software – weiterentwickeln. Eine tolle Win-win-Situation.

Wie können Start-ups bei der Herausforderung „Fachkräftemangel” helfen?

Tanja Flügel: Um Geschäftsprozesse in KMU dauerhaft erfolgreich zu digitalisieren, braucht es Fachkräfte. Bislang stoßen ausländische Fachkräfte aber leider noch auf diverse Hürden. Angefangen beim Visum über das Ausfüllen verschiedenster Unterlagen bis hin zum Behördenbesuch. Deshalb haben sich hier bereits einige Start-ups positioniert, die Fachkräften dabei helfen, in Deutschland Arbeitsplätze zu finden. Gleichzeitig profitieren auch in diesem Beispiel Start-ups von der Kooperation. Start-ups sind ja auch kleine Unternehmen mit wenigen Mitarbeitern. Und in der Zusammenarbeit mit den KMU haben sie die Möglichkeit, neue Vertriebskanäle zu erschließen, den Zugang zu neuen Kundengruppen zu finden und fehlendes Know-how zu ergänzen. Durch den Austausch von Expertise und Erfahrung und dem Zugang zu Ressourcen profitieren also beide Seiten.

KMU und Start-ups profitieren durch den Austausch von Expertise und Erfahrung und dem Zugang zu Ressourcen gegenseitig voneinander. Eine tolle Win-win-Situation!

Tanja Flügel Projektmanagerin Technologie I Cluster Automotive | Cluster Neue Werkstoffe https://www.bayern-innovativ.de/kontakt/tanja-fluegel


Hast Du wieder ein konkretes Beispiel aus der Praxis für unsere Leser?

Tanja Flügel: Ja, ich habe ein sehr schönes Beispiel aus unserem Spezialisierungsfeld Mobilität . Vor einigen Jahren hat sich an der Technischen Universität München ein Forschungsteam (später Start-up) etabliert. Dessen erstes Ziel war, einen modular aufbaubaren Fahrzeug-Prototypen für den ländlichen Raum in Afrika zu entwickeln. Das zweite Ziel war: Das Fahrzeug ab einem späteren Zeitpunkt dauerhaft in Afrika zu produzieren, um die Wertschöpfung vor Ort zu haben. Nun stand das Team vor der Frage „Wer kann uns dabei unterstützen, unseren Plan in die Realität umzusetzen? Welches mittelständische Unternehmen ist bereit, in so einer frühen Phase einen Prototypen mit uns anzufertigen?” Hier sind wir als Bayern Innovativ ins Spiel gekommen: Wir haben in unserem Netzwerk bei Zulieferern und Unternehmen aus der Automobilindustrie angefragt. Und wir haben tatsächlich drei Partner gefunden, die mit dem Start-up diesen Prototypen gemeinsam entwickelt haben. Letztlich wurde auch das gewünschte Fertigungsverfahren entwickelt, um die Produktion in Afrika zu ermöglichen.

Ihr habt in diesem Fall also das Start-up durch die Vermittlung passender Partner unterstützt. Wie supported Ihr bayerische Start-ups außerdem?

Tanja Flügel: Alles beginnt damit, dass wir die ursprüngliche Idee der Start-ups so weiterentwickeln, dass wir später mögliche Partner ansprechen können – wie im eben beschriebenen Beispiel. Im zweiten Schritt stellt sich die Frage „Wie finanzieren wir die Weiterentwicklung?”. Hierbei helfen Förderprogramme ungemein. Deshalb arbeiten wir eng mit unseren Kollegen vom Förderlotsen Bayern zusammen. Dann ist es soweit: Die Idee ist entwickelt, das Projekt gestartet und die Förderung ist auf den Weg gebracht. Nun müssen wir im dritten Schritt den richtigen Partner finden. Wir haben hier sehr gute Möglichkeiten, auf unsere Netzwerke zurückzugreifen, denn wir arbeiten branchen- und technologieübergreifend. So informieren wir zum Beispiel Cluster-Partner aus dem Bereich Automotive und Neue Werkstoffe über Start-ups mit einem Kurz-Profil und stellen bei Interesse den Kontakt her. Schnell, agil und unkompliziert! Last but not least: Das neue Produkt muss noch vermarktet werden. Hier unterstützen wir u. a. mit Produktvorstellungen auf unserer Website oder mit unserem Gemeinschaftsstand auf renommierten Messen . Eine perfekte Möglichkeit, um das eigene Produkt einer breiten Masse zu präsentieren.


Das Interview führte Dr. Kord Pannkoke, Leiter Business Development bei der Bayern Innovativ GmbH.

Hören Sie sich das vollständige Interview als Podcast an:

KMUs & Start-ups: Shake hands!

Als bayerisches Netzwerk der Netzwerke sind wir fest davon überzeugt: Gemeinsam Innovation zu leben und sich gegenseitig zu unterstützen, ist der Schlüssel zum Erfolg. Wieso, weshalb, warum – darüber sprechen wir in dieser Folge mit unserer Kollegin Tanja Flügel - sie unterstützt bei Bayern Innovativ u. a. unser Start-up-Programm .

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