Rund 1,6 Millionen überwiegend dezentrale und regenerative Erzeugungsanlagen müssen bereits heute mit ihrer schwankenden Einspeisung in das Gesamtsystem integriert werden. Das kann nur mithilfe digitaler Systeme und einer hochmodernen Infrastruktur gelingen. Die Digitalisierung macht zudem nicht an den bisherigen Wertschöpfungsstufen und -grenzen der Energiewirtschaft halt. Sie verstärkt vielmehr das Aufbrechen der einst festen System- und Prozessgrenzen. Die Sektoren Strom, Wärme und Verkehr verschwimmen zunehmend. Verbraucher werden zu Akteuren, für die Erneuerbaren, öffnen sich neue Marktstufen und voll digitalisierte, sektorenübergreifende Geschäftsmodelle etablieren sich am Markt.
Das bedeutet: Die Komplexität des Gesamtsystems wird weiter zunehmen. Heute schon nehmen örtliche Netzbetreiber großflächig Großbatterien in Betrieb und speichern überschüssige Energie aus Erneuerbaren, um sie zeitversetzt wieder abzugeben. Das stützt das Netz und eröffnet neue Vermarktungsmöglichkeiten auf den Regelenergiemärkten. Tests mit Plattformen auf Basis von Blockchain wurden bereits gestartet, auf denen private dezentrale Erzeuger und Verbraucher direkt Strom miteinander handeln oder dezentrale Photovoltaik-Heimspeicher zur Stabilisierung des Stromnetzes eingesetzt werden können.
Kunden können in ersten kommerziellen Angeboten ihren Stromverbrauch in Echtzeit auf dem Smartphone gerätescharf abrufen. Darauf basierende neue Geschäftsmodelle zielen auf Anreize zum Energiesparen oder auf die zeitliche Verschiebung des Stromverbrauchs durch externe Steuerung ab. Elektroheizungen und Wärmepumpen werden ebenso wie Elektrofahrzeuge als flexible Last im Gesamtsystem erkannt und genutzt. Die so gewonnene Flexibilität wird vermarktet und der Kunde daran finanziell beteiligt.
Energiewende erfordert Umdenken
Die Beispiele zeigen, dass wir bei der Umsetzung der Energiewende auf einer neuen Ebene angekommen sind, jenseits von allen Diskussionen über den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien. Das bedeutet auch ein Umdenken für Politik und Verwaltung und erfordert neue Instrumente, um den Wandel positiv zu begleiten. Dazu zählen der Auf- und Ausbau von Forschungs-, Kooperations und Gründungsplattformen, wie etwa dem Zentrum Digitalisierung Bayern mit der Themenplattform Energie oder neue Initiativen wie der Wettbewerb Energie Start-up Bayern, um innovative Start-ups mit Bezug zur Energiezukunft Bayerns zu fördern und diese direkt in die Energiebranche zu vernetzen.
Gleichzeitig müssen wir aber auch unsere Förderinstrumente im Energiebereich an die neuen Anforderungen anpassen. So lag der Fokus in der Vergangenheit oftmals auf rein investiver Förderung von regenerativen Erzeugungsanlagen oder regenerativen Heizsystemen ohne zusätzlichen systemischen Nutzen.
Förderprogramme im Energiebereich
Deswegen hat mein Haus mit dem 10.000 Häuser-Programm ein in Deutschland bislang einzigartiges Förderprogramm aufgelegt, das den Einsatz innovativer Heiz-/Speicher-Systeme mit Energiemanagementsystemen fördert und dadurch die Speicherung von Energie sowie die Flexibilisierung des Energiebezugs ermöglicht. Zudem wird das Förderprogramm über eine eigens konzipierte Online-Plattform abgewickelt.
Ein weiteres Beispiel ist unser Förderprogramm Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in Bayern , das von Bayern Innovativ für das Bayerische Wirtschaftsministerium durchgeführt wird. Hier erhalten Projektanträge, die einen systemischen Mehrwert bieten, wie etwa gesteuertes und lastoptimiertes Laden, einen zehnprozentigen Förderaufschlag.
Auch unser Programm zur „Förderung von Energiekonzepten und kommunalen Energienutzungsplänen” soll nun optimiert und digitalisiert werden. Energienutzungspläne helfen Kommunen bei der Umsetzung einer nachhaltigen Energieerzeugung und Energieversorgungsstruktur. Sie umfassen für jede Kommune zunächst eine umfassende Bestandsaufnahme der vorhandenen Energieinfrastruktur sowie der objektscharfen Energienachfrage mit einer detaillierten Energie- und CO2-Bilanz in den Bereichen Strom und Wärme. Anschließend erfolgt eine standortspezifische Potenzialanalyse zum Ausbau erneuerbarer Energieträger sowie der Energieeinsparmöglichkeiten bei den Haushalten und dem Gewerbe. Auf Basis dieser Bestandsanalyse wird ein Maßnahmenkatalog erarbeitet. Die Maßnahmen werden im Anschluss einer detaillierten technischen und wirtschaftlichen Prüfung unterzogen und in Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren umgesetzt.
Erster digitaler Energienutzungsplan seit November 2017