BEEN-i Energieeffizienznetzwerke

BEEN-i Enegieeffizienznetzwerke
In Bayern soll bis 2022 die Anzahl der Effizienz-Netzwerke auf etwa 80, die der teilnehmenden Unternehmen von bislang 400 auf 700 steigen.

Energieeffizienz-Netzwerke sind zukunftsträchtig – Beispiel aus Nordostoberfranken

„Wer nichts für die Energieeffizienz tut, könnte Zwangsauflagen bekommen.“ Auch wenn diese latente Drohung behördlicher Auflagen sicher bei vielen Firmen ein Grund für die Beteiligung an Energieeffizienz-Netzwerken ist: „Das Benefit ist die Kommunikation der Firmen untereinander – und jede Menge tatsächlich eingesparte Energie und vermiedener CO2-Ausstoß“, ist Kathrin Vogl, Energiemanagement-Beauftragte bei der Rauschert Heinersdorf-Pressig GmbH, überzeugt.

Im Landkreis Kronach in Oberfranken gibt es eine ganze Reihe Betriebe, die sich mit Glas- oder Keramikfertigung beschäftigten. Das Frankenwalddorf Pressig ist der Stammsitz der weltweit agierenden Rauschert-Gruppe. Im hiesigen Werk wird technische Keramik für die Textil- und Elektroindustrie, aber auch für viele weitere Industriebereiche produziert.

In der Keramikherstellung stecken viel Know-how und viele Betriebsgeheimnisse. Doch allen Firmen dieser Branche ist gemeinsam: Die Produktion ist energieintensiv. Vor allem die Brennöfen verbrauchen jede Menge Heizenergie – ein erheblicher Kostenfaktor. Dieser lässt sich entweder durch niedrigere Energiepreise senken – oder aber auf die umweltfreundlichere Art: Durch weniger Energieverbrauch, also Energieeffizienz. Und anders als bei der Technologie gibt es hier auch keine Geheimnisse zwischen den Konkurrenten: Alle haben das gleiche Ziel: Energieeffizient produzieren und Kosten senken.

BEEN-i geht an den Start

2015 startete in Bayern die BEEN-i , die Bayerische Energieeffizienz-Netzwerk-Initiative. Ein Jahr zuvor hatte die damalige Bundesumweltministerin Barbara Hendricks die übergeordnete IEEN ins Leben gerufen, die Initiative Energieeffizienz-Netzwerke, als Bestandteil des Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz NAPE. Gleich zum Start 2014 gab die Bundesregierung das Ziel aus, im Rahmen von IEEN 500 zusätzliche Effizienz-Netzwerke zu initiieren. Die sollten bis zum Jahr 2020 bis zu 75 Petajoule Primärenergie bzw. fünf Millionen Tonnen Treibhausgas-Emissionen einsparen.

Der Aktionsplan kam nicht von ungefähr: „Der NAPE dient auch der Umsetzung der EU-Energieeffizienzrichtlinie aus dem Jahr 2012“, hieß es damals. Umweltministerin Hendricks verknüpfte den Programmstart mit der Hoffnung, die „Akteure“, also die THG-Gase emittierenden Unternehmen, würden ihre Eigenverantwortung ernst nehmen. Das taten viele dann auch: „Dank der zahlreichen Effizienz-Maßnahmen wird das CO2-Einsparziel von fünf Millionen Tonnen CO2 bis Ende 2020 voraussichtlich erreicht“, bilanzierten Bundes-Wirtschafts- und Bundes-Umweltministerium im September 2020 gemeinsam. Im Rahmen der Initiative wurden allerdings nur 278 der ursprünglich von der Wirtschaft avisierten 500 Netzwerke gegründet.

Anscheinend ist also nicht die Zahl der gegründeten Netzwerke, sondern der Wille der vernetzten Unternehmen entscheidend, tatsächlich Energie effizienter zu nutzen. So war die Rauschert-Gruppe gleich an zwei der genannten 278 Neugründungen seit 2015 beteiligt.
Vogl betont: „Unser Geschäftsführer ist sehr engagiert“.
Damit stellt sie heraus, wie wichtig es ist, dass die Firmenleitungen Energieeffizienz zur Chefsache machen. Genauso wie es notwendig sei, „der Belegschaft immer wieder die Maßnahmen, aber auch ihre eigenen Verbräuche zu kommunizieren. Bei uns wird viel nachgefragt“. Das sieht Vogl als eindeutiges Erfolgssignal.

Energieeffizienz-Netzwerke im Durchschnitt
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Aber die beiden inzwischen beendeten Energieeffizienz-Netzwerke im Rahmen der BEEN-i beziehungsweise IEEN, an denen die Rauschert-Gruppe beteiligt war, haben auch konkrete Einspar-Erfolge aufzuweisen. In das erste mit dem Namen „Rennsteigenergie“ im Zeitraum 2015 bis 2017 war als Moderator Rauschert-Geschäftsführer Dr. Richard Metzler eingebunden.

Neben ein paar Unternehmen aus seiner Keramik-Gruppe war eine Siebdruckerei, ein auf Parfümflacons spezialisiertes und weitere Glaswerke, Kunststofffirmen und ein Pharmatechnik-Unternehmen dabei, alle diesseits und jenseits der ehemaligen Zonengrenze zwischen Bayern und Thüringen am Rennsteig angesiedelt. Alle Unternehmen hatten das zentrale Energiethema Wärme im Blick. „Wir wollten 11.000 Megawattstunden (MWh) Energie einsparen – das beauftragte Monitoring-Institut hat am Ende festgestellt, dass wir 13.000 MWh geschafft haben“, erinnert sich Vogl zurück.

Rennsteigenergie 2 (RE2) folgt

Kein Wunder, dass auf diesen Erfolg „Rennsteigenergie 2“ (RE2) folgte. Waren im ersten Netzwerk noch zehn Unternehmen beteiligt, machten diesmal gleich 16 mit, darunter sogar ein Quarzsandwerk. Für das gerade beendete RE2 waren Einsparungen von 8.000 MWh geplant, „erreicht haben wir tatsächlich etwa 15.000 MWh“, hebt Vogl hervor.

Und wie kamen diese Erfolge zustande? „In Glasfirmen wurden Glaswannen erneuert, es wurden Kompressoren getauscht, bei uns auch ein Keramikofen“. Damit die anderen Netzwerk-Firmen erfahren, was Erfolge zeitigt, „trifft sich zwei bis drei Mal pro Jahr die komplette Truppe - von Geschäftsführung, Energiemanagement, Fertigung, Technikern bis zum Einkauf. Für jedes Treffen wird ein Thema festgelegt und dafür Referenten eingeladen. Dieser Informationsaustausch bringt am meisten“, so Vogl. Es werde über Druckluft, Photovoltaik, Antriebe , Batterien oder E-Mobilität genauso gesprochen wie über Fördermöglichkeiten.

Die Kooperation wird sogar über das BEEN-i-Netzwerk hinaus gepflegt. So hat es zwischenzeitlich eine Gruppe namens „Interessensgemeinschaft Rennsteig“ zur Verbesserung der Versorgungssicherheit mit Strom gegeben. Denn ob Keramiköfen oder Glaswannen: Stromausfall führt zu Produktionsausfall und hohen Kosten.

Ende 2020 endete offiziell auch RE2. Doch am 19. Januar 2021 wurde am Rennsteig bereits ein neues Netzwerk mit dem Schwerpunkt Dekarbonisierung gestartet. „Die Neufassung des BEEN-i macht es möglich - da geht es nicht mehr nur um Energie , sondern auch explizit um die Umwelt“, erläutert Vogl. Und sie nennt noch einen ganz anderen Aspekt, der für Energieeffizienz-Netzwerke spricht: „Unter diesem offiziellen Rahmen gibt es keine kartellrechtlichen Probleme.“

Energieeffizienz – in Netzwerken effizienter

Kurz nacheinander waren im Herbst 2020 sowohl das Weiterführen der bundesweiten Initiative Energieeffizienz-Netzwerke (IEEN) und des Bayerischen Pendants BEEN-i, der Bayerischen Energieeffizienz-Netzwerk-Initiative verkündet worden. In Berlin hatten Bundes-Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) und Bundesminister für Wirtschaft und Energie Peter Altmaier (CDU) die „Vereinbarung zur Fortführung der IEEN“ unterzeichnet. Und im Freistaat hat Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) „BEEN-i 2.0“ gestartet. Sein Ziel ist es, der sehr erfolgreichen BEEN-i-Initiative noch mehr Schub zu geben.

BEEN-i ist im Wesentlichen Teil der IEEN, bestätigt Leonard Höcht vom Cluster Energietechnik der Bayern Innovativ GmbH in Nürnberg. Der Projektmanager Technologie ist Koordinator der Bayerischen Netzwerk-Initiative, sieht Bayern Innovativ als „Verknüpfungspunkt“ sowohl zwischen Firmen und dem Bayerischen Wirtschaftsministerium als auch zur Bundesinitiative IEEN. Diese wiederum wird von der DENA, der Deutschen Energieagentur organisiert und von den beteiligten Wirtschafts-Dachverbänden getragen. Sie reichen von AGFW, dem „Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK “, über den Handelsverband Deutschland HDE bis zum Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie ZVEI. Die DENA wiederum hat das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI und das Beratungsunternehmen Adelphi mit dem bundesweiten Monitoring der Netzwerk-Einsparungen beauftragt.

In den nächsten fünf Jahren sollen 350 weitere IEEN-Netzwerke entstehen, damit zu den bereits eingesparten viele weitere Millionen Tonnen CO2 kommen, die nicht mehr in die Luft geblasen werden. In Bayern soll bis 2022 die Anzahl der Netzwerke auf etwa 80 und der teilnehmenden Unternehmen von bislang 400 auf 700 steigen. Doch dazu braucht es Firmen, die mitmachen. Für die praktische Organisation der Zusammenarbeit sind Netzwerkträger und Moderatoren nötig.

Netzwerkträger können zum Beispiel Verbände sein, aber auch Hochschulen. Moderatoren kommen oft aus Netzwerkfirmen selbst.

Leonard Höcht Projektmanager Technologie Cluster Energietechnik I Koordinator der Bayerischen Netzwerk-Initiative https://www.bayern-innovativ.de/kontakt/leonard-hoecht


Aber wie entstehen Effizienznetzwerke überhaupt?

„Gerade energieintensive Firmen machen sich Gedanken. Die Herausforderungen sind in einer Branche oft ähnlich. Deshalb bewährt sich, auf den Vertrauensvorschuss der Verbände zu setzen. Die Unternehmen setzen sich selbst ihre Einsparziele. Auch die Häufigkeit der Treffen und wen sie als Netzwerkträger haben möchten, bestimmen die Netzwerkunternehmen. Die Verbände sollen die Dringlichkeit unterstreichen“, erläutert Höcht.

Alles werde in einem Vertrag festgelegt. Die Arbeit der Netzwerkträger wird aus niedrigen Jahresbeiträgen der Mitgliedsfirmen finanziert. Mitmachen muss hierzulande niemand: In Deutschland gilt immer noch eine freiwillige Selbstverpflichtung. Anders in Österreich: Dort existiert ein Energieeffizienzgesetz, das die Firmen zum schonenden Umgang mit Energie zwingt. Bei uns könnte aber die 2021 gestartete CO2-Bepreisung den Druck auf die Unternehmen erhöhen, in Effizienznetzwerken mitzumachen. Projektmanager Höcht sieht die Netzwerkteilnahme als Anreiz, den Energiemehrkosten zu begegnen. Die Unternehmen möchten sich zukunftssicher aufstellen.

Die Netzwerkkoordinierungsstelle bei Bayern Innovativ tut mit Werbemaßnahmen, Infoveranstaltungen , aber auch der Vermittlung von Fördermöglichkeiten oder Referenten ihr Übriges, um mehr Firmen für die Effizienz-Netzwerke zu gewinnen. Zudem geht es in der nun begonnenen Stufe „BEEN-i 2.0“ nicht mehr nur um die reine Energieeffizienz, sondern auch um die Themen Nachhaltigkeit allgemein und Dekarbonisierung der Produktion im Besonderen. Und so sieht Höcht sehr viele Chancen, dass die Ausweitung auch gelingt.

Voneinander lernen - die Grundidee von Netzwerken - ist bei Energieeffizienz besonders erfolgreich.

Leonard Höcht Projektmanager Technologie Cluster Energietechnik I Koordinator der Bayerischen Netzwerk-Initiative https://www.bayern-innovativ.de/kontakt/leonard-hoecht


Wie geht’s weiter?

In Bayern soll bis 2022 die Anzahl der Effizienz-Netzwerke auf etwa 80, die der teilnehmenden Unternehmen von bislang 400 auf 700 steigen – so lautet der Plan der Staatsregierung. Dazu braucht es weitere Firmen, Netzwerkträger und Moderatoren. Auch der Zweckverband Laber-Naab (ZVW) aus Beratzhausen möchte zukünftig ein Netzwerk gründen.

„Die Vermeidung von CO2-Emissionen sollte zu den wesentlichen Kompetenzen eines öffentlich-rechtlichen Trinkwasserversorgers gehören. Es gibt eine Vorbildfunktion der öffentlichen Hand. Wir haben die Aufgabe, möglichst ressourcenschonend und klimafreundlich zu agieren“, erklärt Werkleiter Franz Herrler das grundsätzliche Engagement seines ZVW für Klimaschutz. Zudem hätten Untersuchungen in der Schweiz ergeben, dass durch Energieeffizienz-Maßnahmen im Mittel 30 Prozent der elektrischen Energie in Wasserversorgungsunternehmen eingespart werden konnten. Für Herrler ist deshalb Energieeffizienz von zentraler Bedeutung.

Der Klimawandel stellt die Trinkwasserversorger vor besondere Herausforderungen. Anhaltende Dürreperioden, steigende Strompreise, neue Förderprogramme und sich stetig wandelnde gesetzliche Anforderungen überfordern gerade kleinere Versorgungsunternehmen. Energieeffizienz- und Klimaschutznetzwerke bieten hier den besonderen Vorteil, sich mit anderen Betrieben regelmäßig auszutauschen, Erfahrungen zu teilen, sich in Netzwerktreffen über neue Förderprogramme und Gesetzesänderungen zu informieren und schließlich im eigenen Betrieb auf innovative Projekte umzusetzen.

Professor Markus Brautsch Institut für Energietechnik (IfE) der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden


Und Leonard Hoecht vom Cluster Energietechnik bei Bayern Innovativ sieht „den Zweckverband Laaber-Naab hierfür als positives Beispiel. Er könnte als Nukleus für ein BEEN-i-Netzwerk im Wasserversorgungsbereich dienen.“

Deshalb findet am 6. Juli 2021 in der ZVW-Mitgliedsgemeinde Beratzhausen eine Infoveranstaltung statt: Bei dieser werden die Vorteile der Energieeffizienz-Netzwerke erläutert und die Teilnehmer motiviert, ein Netzwerk zu gründen. „Sie haben die Möglichkeit, mit Gleichgesinnten in den Austausch zu treten, von den Erfahrungen eines Netzwerkteilnehmers zu lernen und die technischen Details eines Projekts in Beratzhausen vor Ort mit Führung kennen zu lernen“, hebt Prof. Brautsch heraus. Sein IfE lädt gemeinsam mit dem ZVW Laber-Naab, der Forschungsstelle für Energiewirtschaft München und Bayern Innovativ im Auftrag des Bayerischen Wirtschaftsministeriums Interessierte aus Bayerns Wasserwirtschaft dazu ein.



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Leonard Höcht
Christopher Ziegler

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