Elektrizität durch Abwärme

Direktumwandlung thermischer Energie in elektrische Energie mittels Festkörperbauelement

Autor: Dr. Rolf Siegel, bionic surfaces, Würzburg (Stand: September 2021)

Laut Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) fallen jährlich ca. 200 Terawattstunden (TWh) thermischer Energie infolge von Abwärme insbesondere in der Metall- und Chemieindustrie sowie bei der der Herstellung von Glas, Keramik und Papier an.

Nur ein Bruchteil dieser reichlich vorhandenen Energieform wird bislang mittels Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) genutzt. Aufgrund der hierzu erforderlichen Dampfleitungen, Turbinen und Generatoren ist diese Art der Energieumwandlung indirekt, aufwendig und komplex.

Hinsichtlich einer direkten Umwandlung von thermischer Energie in elektrische Energie hat die Firma - bionic surfaces -, Würzburg ein technisch einfaches Festkörperbauelement entwickelt und zum Patent angemeldet.

Der Energiewandler ähnelt einem Plattenkondensator, wobei alle eingesetzten Materialien reichlich vorhanden, nicht toxisch, thermisch stabil und energetisch genau aufeinander abgestimmt sind: Beispielsweise ist eine Platte aus Graphit, die andere aus Magnesium und anstelle eines Dielektrikums kontaktiert ein Halbleiter, zum Beispiel Eisen(III)oxid, sprich Rost, die Plattenoberflächen.

Der Begriff „energetisch aufeinander abgestimmt“ sowie die Funktionsweise des hier vorgestellten Energiewandlers soll anhand der energetischen Positionen von Wasser anschaulich beschrieben werden: Sonne erwärmt das Meer - Wolken bilden sich, wandern und kollidieren mit einem Gebirge, es regnet - Regenwasser sammelt sich in Flüssen und kehrt, unter Nutzung seiner kinetischen Energie mittels Wasserkraftwerken, zum Meer zurück.

Die Analogie zeigt die unterschiedlichen Energieformen: Niedrige potentielle Energie des Wassers im Meer, hohe potentielle Energie des Wassers im Gebirge und Nutzung des Energieunterschieds mittels Wasserkraftwerken.

Elektronen als Energieträger

Anstelle von Wasser sind bei dem jetzt näher beschriebenen Energiewandler Elektronen die Energieträger. Mit den Termini der Festkörperphysik lässt sich die Analogie dann wie folgt übersetzen:

  1. Sonne erwärmt das Meer = elektromagnetische Strahlung, z.B. Wärme(strahlung), wirkt auf ein Material mit großer Austrittsarbeit, z.B. eine Graphitplatte, ein;
  2. Wolken bilden sich, wandern und kollidieren mit einem Gebirge, es regnet = energiereiche, „heiße“ Elektronen verlassen das (Graphit)Material, treten in das (energetisch höher liegende) Leitungsband eines n-Typ-Halbleiters ein und kommen, falls weiterhin genügend ballistische Energie vorhanden ist, mit einem energetisch tieferliegenden Material, zum Beispiel einer Magnesiumplatte in Kontakt;
  3. das Regenwasser sammelt sich in Flüssen und kehrt unter Nutzung seiner kinetischen Energie mittels Wasserkraftwerken zum Meer zurück = Graphitplatte und Magnesiumplatte sind über Stromsammler und einen Verbraucher miteinander verbunden.

Bislang ist das Festkörperbauelement zur Direktumwandlung von thermischer Energie in elektrische Energie bis ‚technology readiness level‘ TRL 5 entwickelt. Als energetisch tiefliegendes Material (= Meer) wird Graphit, als n-Typ-Halbleitermaterial wird Eisen(III)oxid Fe2O3 (= Wolken) und als energetisch hochliegendes Material wird Magnesium (= Gebirge) eingesetzt. Wird Graphit eines 1 cm² großen Bauelements auf ca. 70°C erwärmt, lässt sich eine offene Klemmenspannung VOC von 1,3 Volt bei einem Kurzschlussstrom ISC von 1,2 mA abgreifen. - Selbst bei Raumtemperatur lässt sich eine Quarzuhr betreiben, siehe Bild.

Die thermische Stabilität der eingesetzten Materialien (Schmelzpunkt Graphit 3.700°C, Fe2O3 1.560°C, Magnesium 650°C) lässt es zu, dass das Festkörperbauelement für Energieumwandlungen im Temperaturbereich zwischen 30 und 500°C eingesetzt werden kann. Wie erwähnt, sind die Materialien nicht toxisch, reichlich (auch in Deutschland) vorhanden und auch preiswert.

Eine Quarzuhr, betrieben durch Abwärme

Nicht nur in den eingangs erwähnten Industriezweigen Chemie, Keramik, Stahl und Glas fallen erhebliche Mengen an Abwärme an, sondern zunehmend auch in Serverfarmen, Stichwort Bitcoin bzw. Blockchain. Weiterhin könnten im Flugverkehr die heißen Abgase Triebwerke zur direkten Energieumwandlung genutzt werden.

Hierzu sucht - bionic surfaces - die wissenschaftliche Diskussion als auch Partner zur Weiterentwicklung.