Quantentechnologie für Branchen
Quantensensoren, Quantencomputing, Quantenkommunikation – wie beeinflussen Quantentechnologien meine eigene Arbeit? Hier zeigen wir einige der zahlreichen Möglichkeiten auf, wie Quantentechnologien bereits heute und in naher Zukunft Ihre Branche verändern können.

Quantentechnologie für die Branchen
Medizin und Pharmazie | Automotive | Energiesektor | Produktion und Engineering | Digitale Sicherheit |
---|
Medizin und Pharmazie
Quantentechnologie in der Medizin und Pharmazie
Die rasante Entwicklung der Quantentechnologie eröffnet neue Möglichkeiten in verschiedenen Bereichen, insbesondere in der Medizin und Pharmazie.
Quantencomputer bieten durch ihre immense Rechenleistung und die Fähigkeit, komplexe Moleküle und chemische Reaktionen präzise zu simulieren, enorme Vorteile für die medizinische Forschung und Entwicklung. In der derzeitigen Entwicklung müssen potenzielle Medikamente zunächst synthetisiert und analysiert werden – dies ist sowohl zeitaufwendig als auch kostenintensiv. Quantencomputer erlauben es in Zukunft, komplexe Moleküle zu simulieren und so die Effizienz und Sicherheit neuer Wirkstoffe bereits in frühen Entwicklungsstadien zu bewerten. [1] Noch steckt die Technologie in den Kinderschuhen, aber ihre Bedeutung wächst von Tag zu Tag.
Quantensensoren versprechen durch ihre extreme Sensitivität und Genauigkeit die Medizintechnik zu revolutionieren. Magnetsensoren erlauben es die elektrophysiologische Erregung des Herzens kontaktlos und deutlich detaillierter als ein EKG aufzunehmen, und so subtile Anzeichen schwerer Erkrankungen wie Herzinfarkte oder Sauerstoffmangel wahrzunehmen. Desweitern haben solche Sensoren das Potenzial auf die kleinsten Signale von Muskelkontraktionen zuzugreifen. So ebene die Quantentechnologie den Weg zu einer verfeinerten und natürlichen Steuerung von Prothesen. [2]
Quellen:
[2] Medical Applications | Bosch Quantum Sensing (bosch-quantumsensing.com)
Automotive
Könnte Quantentechnologie auch für mein Unternehmen von Nutzen sein?
Diese Frage wird häufig gestellt, besonders angesichts des aktuellen Hypes um Quantencomputer und Quanten-Technologie. Doch wo sollte man beginnen? Viele Anwender suchen zunächst in der IT-Abteilung oder im firmeneigenen Rechenzentrum nach Antworten. Aber ist das wirklich der richtige Ansatz?
Im Interview sprechen Dr. Andreas Böhm – Leiter des Thinknet Quantentechnologie und Dr. Florian Neukart – Director der Volkswagen Group Data: Lab München über drei praktische Anwendungen von Quantencomputing. Sie hören Lösungen auf die Fragen: Wie kommt ein Taxi schnellstmöglich von A nach B? Wie werden in Zukunft bessere Batterien entwickelt und wie kann eine KI für die Auswertung von Sensordaten effizienter trainiert werden?
Im Interview sprechen Dr. Andreas Böhm – Leiter des Thinknet Quantentechnologie und Dr. Florian Neukart – Director der Volkswagen Group Data: Lab München über drei praktische Anwendungen von Quantencomputing. Sie hören Lösungen auf die Fragen: Wie kommt ein Taxi schnellstmöglich von A nach B? Wie werden in Zukunft bessere Batterien entwickelt und wie kann eine KI für die Auswertung von Sensordaten effizienter trainiert werden?
Vorteile des Quantuencomputing: Routen- und Prozessoptimierung
Der Nutzen von Quantuencomputing zeigt sich oft in den Fachabteilungen. Ein Paradebeispiel ist das „Optimierungspotenzial“. Nehmen wir das Beispiel des Handlungsreisenden, der verschiedene Orte nur einmal besuchen darf und dabei den kürzesten Weg finden muss. Bereits bei fünf zu besuchenden Kunden gibt es 120 mögliche Routen. Bei 32 Städten sind es sogar 2,6*10^35 mögliche Routen. Solche komplexen Aufgaben können klassische Rechner in akzeptabler Zeit nicht lösen. Zusätzliche Parameter wie Verkehrsstau, Baustellen, vorgegebene Besuchszeiten und Fahrtdauer erhöhen die Komplexität weiter.
Diese Fragestellung führt zur mathematischen Formulierung der kombinatorischen Optimierung. Mit passenden Algorithmen lassen sich solche Aufgaben heute bereits über sogenannte Annealer (Quantum oder Digital) mit beträchtlichem Zeitvorteil lösen.
Quantenalgorithmus: eine Problemklasse – viele industrielle Anwendungen
Ob An- und Abflugzeiten von Flugzeugen, Verkehrsflüsse in Metropolen, Flottenmanagement bei „car sharing on demand“-Anbietern, Logistik, Roboterstraßen oder Fertigungsschritte in der Automobilindustrie – die Anwendungen sind vielfältig. Mit steigender Komplexität betrachtet man das Einbetten eines optimierten Prozesses in eine Fertigungslinie, die Optimierung mehrerer Fertigungslinien gegeneinander und schließlich die Optimierung eines ganzen Werkes oder mehrerer Werke.
Mittelfristig: Quantenvorteil für die Industrie
Diese Fragestellungen werden bereits umgesetzt. Heute noch mit überschaubarer Komplexität und als Lernstück, verspricht die steigende Qubit-Rechenleistung in Zukunft einen echten Quantenvorteil für hochkomplexe Lösungsräume. Durch das Herunterbrechen von Komplexität lassen sich auch Geschäftsmodelle und Use Cases generieren, wie das Handling von Varianten, das bereits von ersten Pionieren in der Praxis angewandt wird. Neben der Optimierung von Vorgängen bieten sich in Zukunft auch vielversprechende Möglichkeiten für die Materialentwicklung, die Simulation von chemischen Moleküleigenschaften, Sensorik, Kommunikation und vieles
Energiesektor
Sichere Energieversorgung durch Quantencomputer
Auch bei einer klimaneutralen Stomversorgung können Quantencomputer helfen. Eine hybride Energieversorgung bestehend aus Wasser-, Wind- und Sonnenenergie erfordert hochoptimierte Energiemanagementsysteme, da variable Wettereinflüsse und eine Vielzahl dezentraler Erzeuger unterschiedlicher Größe (vom Windpark bis zur PV-Anlage auf dem eigenen Dach) für eine zuverlässige Versorgung koordiniert werden müssen.
Rechenintensive Optimierungsmethoden werden eingesetzt, um die günstigste Kombination aus konventionellen und regenerativen Stromerzeugern, Speicherkapazitäten, Transportverlusten und dem erwarteten Bedarf zu finden und eine sichere Versorgung zu gewährleisten. Die Komplexität des Problems lässt sich dabei skalieren. So erfordert die Ermittlung der optimalen Anzahl von Erzeugungseinheiten bereits eine gewisse Rechenzeit, welche exponentiell mit der Anzahl der berücksichtigten Variablen wächst.
Gegenüber Supercomputern im Vorteil
Quantencomputer zeigen bereits heute bei der Lösung komplexer Optimierungsprobleme signifikante Vorteile gegenüber heutigen Supercomputern. Dabei befinden sich Quantencomputer noch in einem sehr frühen Entwicklungsstadium. Mit steigenden Qubits lassen sich immer komplexere Problemstellungen berechnen. Große Energieunternehmen in den USA setzen seit mehreren Jahren bereits auf diese neue Technologie. In Europa nimmt das Thema gerade erst Fahrt auf. Die Aussichten sind vielversprechend. Industrie und Fachleute sollten daher alle relevanten Informationen im Auge behalten, um strategische Entscheidungen treffen zu können.
Produktion und Engineering
Neue Wege zu effizienterer Produktion
Problemgrößen und Komplexitäten, die klassische Rechner in die Knie zwingen, erfordern neue Herangehensweisen. Die Quantentechnologie hat dafür eine Lösung: den Quantencomputer. Dabei lassen sich aktuelle Quantencomputer auf unterschiedlichen Basistechnologien realisieren, welche mal mehr und mal weniger für die jeweilige Problemklasse geeignet sind. Ein klassisches Beispiel aus der kombinatorischen Optimierung, bei der quanteninspirierte Rechner schon heute einen Vorteil gegenüber klassischen Supercomputern haben ist das Problem des Handlungsreisenden: Ein Handlungsreisender möchte Kunden in fünf Städten besuchen und sucht die optimale Reiseroute, wobei er jede Stadt nur einmal anfahren darf. Bei fünf Städten ergeben sich 120 mögliche Routen. Erhöht man aber die Anzahl der Städte auf 32, wächst der Lösungsraum exponentiell auf 2,6*1035 Möglichkeiten an.
Big data? Viele Stellschrauben? – Für Quantencomputer kein Problem!
Diese Art der Problemstellung lässt sich auch in der klassischen Produktion und im Engineering anwenden. Zum Beispiel sollen Transportwege zwischen Produktionszellen verkürzt oder der Verschnitt beim Stanzen unterschiedlicher Formenstücke aus einem Blech minimiert werden. Manchmal lohnt sich ein Blick in die jeweiligen Fachabteilungen, um mögliche Anwendungen für das Quantencomputing zu identifizieren. So hat zum Beispiel ein führender Hersteller für LKW-Anhänger festgestellt, dass bei einer streng sequenziellen Fertigung die Wartezeit zwischen den mehr als 100.000 Arbeitsschritten zwar minimal geplant wird, dadurch aber freie Kapazitäten zwischen den Belegungseinheiten nicht optimal genutzt werden. Durch das Sammeln von Aufträgen in bestimmten Zeitintervallen und das simultane Planen konnten mit Hilfe eines Quantencomputers alle möglichen Kombinationen an Arbeitsschritten im Hinblick auf das Einhalten minimaler Lieferzeiten und Lagerbestände berechnet und optimiert werden.
Mit Quantentechnologie schon jetzt die Zukunft verändern
Doch die Quantentechnologie beschränkt sich nicht nur auf das Computing. Entwicklungen in der Sensorik, der Kommunikation und in der Software / Simulation ermöglichen bessere Navigation, genauere Bildgebungsverfahren und neue Geschäftsmodelle. Quantentechnologie ist keine Zukunftsmusik – erste Anwendungen sind bereits am Markt.
Digitale Sicherheit
Neben den zahlreichen Möglichkeiten, die das Quantencomputing bietet, ergeben sich auch erhebliche Gefahren für unsere digitale Sicherheit. Unsere kryptographische Verschlüsselung basiert auf zwei mathematischen Problemen: der Faktorisierung von ganzen Zahlen und diskreten Logarithmen. Beide können durch den für Quantencomputer entwickelten Shor-Algorithmus gelöst werden. Abhilfe schaffen quantensichere Algorithmen oder auf quantenphysikalischen Prinzipien beruhende Kommunikation. [1]
Firmen wie Apple, Microsoft und AWS haben bereits quantensichere Algorithmen (PQC) in ihre Systeme integriert [2]. Auch für deutsche Unternehmen ist es an der Zeit, diese zu implementieren, um weiterhin die Sicherheit ihrer Daten zu gewährleisten.
[1] https://doi.org/10.1063/5.0227773
[2] NIST Selects 12 Companies for Implementing Post-Quantum Cryptography - Nextgov/FCW
Ihr Kontakt
