Wie sieht ein perfekter Ladestandort für E-Autos aus?

Kürzlich haben wir ein Whitepaper zu den Erfolgskriterien von Ladestandorten veröffentlicht. Darin ist zu lesen, dass gerade in Bayern Ladestandorte von der Allego GmbH hinsichtlich der Ladevorgänge zu den 20 erfolgreichsten Ladestationen zählen. Warum ist das so? Wir lüften im nachfolgenden Interview mit Moritz Keck - Sales & Contract Manager in der DACH-Region bei der Allego GmbH - das Erfolgsrezept.

Elektromobilität Ladestandort
Welche Kriterien zeichnen einen perfekten Ladestandort für Elektrofahrzeuge aus?


Moritz, wie genau definierst Du einen erfolgreichen Ladeort?

Moritz Keck: Prinzipiell ist ein erfolgreicher Ladeort ein Ort, an dem man E-Autos wirklich konsequent, sicher und schnell laden kann. Die Schnelligkeit ist allerdings erst einmal zweitrangig. Wenn die Standzeit von dem Fahrzeug länger ist, dann kann die Ladeleistung bzw. Ladegeschwindigkeit auch entsprechend langsamer sein. Geeignete Ladeorte hierfür sind eine eigene Wallbox zu Hause in der (Tief-)Garage oder am Stellplatz sowie während der Arbeitszeit, wenn das Unternehmen ein sogenanntes Workplace Charging für seine Mitarbeitenden anbietet.
Wenn die Standzeit des Autos geringer ist, dann sollte der Ladevorgang schneller gehen. Dies kann zum Beispiel entlang der Autobahn sein oder beim Einkaufen im Supermarkt.

Was ist Euer Erfolgsrezept bei Allego?

Moritz Keck: Bei Allego achten wir darauf, dass wir die entsprechende Ladegeschwindigkeit an dem passenden Ladeort haben – somit berücksichtigen wir immer die vielfältigen Anwendungsfälle. Wenn man beispielsweise entlang der Autobahn fährt, dann möchte man vielleicht nur einen kurzen Stopp einlegen, um schnellstmöglich zum Ziel zu gelangen. Deshalb sind Schnelllader an Autobahnraststätten sinnvoll und hilfreich, wenn die Fahrt nach 15 bis 20 Minuten Pause weitergehen soll. Gegenbeispiel: Wenn die Menschen z. B. zur Arbeit fahren und der Privat-Pkw oder auch der Dienstwagen von morgens bis abends auf dem Firmenparkplatz steht, werden keine Schnelllader benötigt. Hierfür reicht eine deutlich geringere und langsamere Ladeleistung, wie etwa elf kW (Kilowatt) – was eine klassische Wallbox leistet – um das E-Auto bis zum Feierabend vollzuladen.

Nach welche Kriterien entscheidet Ihr bei einem öffentlichen Ladeort?

Moritz Keck: Bei Ladeorten im öffentlichen Raum gibt es simple Kriterien, nach denen wir vorgehen. Meistens sind es Schnelllader, da dort die Autos normalerweise nicht so lange stehen wie in der Garage oder der Arbeit. Diese Ladeorte sind dann erfolgreich, wenn sie verkehrsgünstig liegen, einfach zu finden sind und insgesamt genügend Ladepunkte bieten. Sollte die Nachfrage an gewissen Ladepunkten heute schon groß sein, dann braucht man an den Stellen natürlich auch mehr als eine Ladestation. Ein weiterer wichtiger Faktor, den wir immer stärker forcieren und auch bei uns im Ausbau berücksichtigen, ist die Aufenthaltsqualität. Das ist tatsächlich entscheidend für den erfolgreichen Ladeort, denn die meisten Personen kommen nur dann wieder, wenn sie während dem Schnellladen den Zwischenstopp sinnvoll nutzen können. Dazu zählt z. B. die Möglichkeit sich eine Auswahl an Kaffees sowie Snacks holen zu können oder die Toilette aufzusuchen. Alle diese Annehmlichkeiten braucht ein gut funktionierender Ladestandort. Wenn eine schnellere Ladesäule nur irgendwo an einem Parkplatz steht, dort aber außenherum kein weiteres Angebot ist, dann kann es schnell passieren, dass man an diese Ladesäule keine Kunden anzieht. Deshalb wird sich in Zukunft auch die Aufenthaltsqualität noch stärker zu einem markanten Qualitätsmerkmal entwickeln.




Wenn ein Ladeort wider Erwarten nicht erfolgreich ist, schließt ihr diesen?

Moritz Keck: Wenn ein Standort nicht erfolgreich läuft, prüfen wir, ob ein Problem vorliegt. Das kann man remote machen, also über unser Monitoring, denn wir haben in ganz Europa bei unseren Stationen über unsere Systeme einen Blick darauf. Dadurch können wir u. a. sehen, wie viele Ladevorgänge Tag und Nacht stattfinden und ob die Zahlen irgendwo einbrechen. Das kann dann wiederum ein Indikator dafür sein, dass die Ladestation ausgefallen ist und sie nicht mehr läuft. Möglicherweise ist jemand dagegen gefahren und sie ist beschädigt. Wir haben manchmal auch pragmatische oder praxisnahe Probleme, die man erst vor Ort sieht oder durch einen Kundenreport mitbekommt. Darunter zählen z. B. Baustellen, bei denen ein Container auf den eigentlichen Parkplätzen zum Laden abgestellt wurde. Auch der Brathähnchenwagen auf dem Supermarktparkplatz, der den Ladeplatz verstellt, gehört zu den Klassikern. Deshalb muss man als zuständiges Unternehmen auch dafür sorgen, dass die Ladefläche frei und gut sichtbar ist. Wenn wir einen neuen Standort eröffnen, dann geht es auch darum, dass dieser einfach und schnell gefunden wird. Dazu muss er ausgeschildert sein, bestenfalls mit einem Wegweiser, der bei Wind und Wetter erkennbar ist, im Idealfall noch mit Beleuchtung und auffälliger Parkplatz-Markierung. Der Ladeplatz muss aber nicht nur analog und somit real zu finden sein, sondern auch digital, beispielsweise bei Google Maps oder Apple Maps. Zudem sollte der Ladestandort bei den gängigen MSPs (Mobility Service Provider) – den Ladekartenanbietenden – erscheinen. In Deutschland gibt es unzählige Lade-Apps, da ist eine gute Platzierung enorm wichtig, damit die Ladestation gut gefunden, häufig genutzt und somit erfolgreich wird.

Ist das Thema Ladedauer wichtiger geworden? Wie schätzt Du das ein – ist da viel Dynamik drin?

Moritz Keck: Ja, Dynamik ist ein gutes Stichwort. In den letzten drei bis fünf Jahren ist viel im Schnellladekontext passiert, d. h., die Ladedauer wurde immer wichtiger und sie wird auch immer geringer, gerade bei Schnellladern. Zum Vergleich: Wir hatten 2016 eine Vielzahl an 50 kW (Kilowatt) Ladern in ganz Deutschland aufgebaut. Das war damals das höchste Maß beim Schnellladen. Schneller ging es nicht und auch die Fahrzeuge waren damit mehr als gut bedient, da sehr viele Autos noch gar nicht über die 50 kW laden konnten. Kurz darauf waren aber schon die ersten Kraftfahrzeuge auf dem Markt, die das Dreifache der Ladeleistung konnten, also 150 Kilowatt und mehr. Inzwischen gibt es schon die ersten, die 200 oder 300 kW aufnehmen. Es steigt also nicht nur die Fähigkeit der Autos – sowohl im Mittel- als zukünftig auch vermehrt im Einstiegsklassensegment – schneller zu laden, sondern es tauchen immer mehr vollelektrische Automobile von verschiedenen herstellenden Unternehmen auf. Da erfreulicherweise einerseits das Können und zusätzlich die Anzahl der Autos steigt, wirken sich diese Entwicklungen auch auf die Erwartungshaltung der Kundschaft aus. D. h. die Ladedauer nimmt immer mehr an Priorität zu.
Man setzt somit bei den öffentlichen Ladepunkten voraus, dass man schnell laden kann. Die Einkaufsdauer beträgt durchschnittlich 20 bis 30 Minuten , im Idealfall kommt man aus dem Supermarkt heraus und das Auto ist vollgeladen. Das ging früher mit den alten Schnellladern oder mit weniger Ladeleistung nicht. In Zukunft funktioniert es aber immer mehr und hierin liegt auch der Fokus von Allego. Für uns ist das Schnellladethema auch der Bereich, in dem das meiste Umsatzpotenzial liegt. Die Schnellladesäulen schaffen mehr Ladevorgänge pro Tag als eine klassische AC-Ladesäule, bei der es vielleicht vier bis fünf Stunden dauert, bis ein Auto vollgeladen ist. Deshalb liegt die maximale Auslastung pro Tag dann auch nur bei zwei bis drei Autos, wohingegen eine Schnellladesäule schon in einer Stunde pro Kabel oder Ladepunkte zwei bis drei Autos bedienen kann. Und dann kommt man natürlich am Tag bei deutlich mehr Ladevorgängen heraus, was nicht nur die betreibenden Unternehmen, sondern auch die E-Autofahrenden freut. Durch Schnellladevorgänge können wir deutlich mehr Strom umsetzen und verkaufen.

Wie wird sich die E-Mobilität in den nächsten Jahren entwickeln?

Moritz Keck: Meiner Meinung nach haben wir noch Luft nach oben. Sowohl auf der Ladestationsseite, also der Technologieseite, die bei uns als Betreibende liegt und bei den Herstellenden der Ladesäulen, als auch auf der Seite der Fahrzeuganbietenden. In Zukunft wird es neben den klassischen Autos auch vermehrt E-Mobilität im Schwerlastverkehr geben, wie Busse, Trucks sowie LKWs. Eine größere Akkugröße und die verwendete Zellchemie im Batterie- und Kühlsystem ermöglichen dann eine höhere Ladeleistung. Zusätzlich sinkt der Strompreis pro Kilowattstunde, der in den Batterien geladen werden kann. Dafür sorgen auch die Fahrzeugherstellenden der verschiedenen Unternehmen, die in der Batterieforschung und der Produktion tätig sind. Über die Masse der Batterieproduktion wird das Fahrzeug günstiger und gleichzeitig steigt die Leistung des Fahrzeugs. Dieser Effekt führt zur deutlich höheren Nachfrage auch auf unserer Seite, und wir als Ladesäulenbetreibende müssen entsprechend darauf reagieren. So erweitern wir sukzessive die Ladeleistungen mit unserem Netzwerk und bauen neue Ladestationen in unser Netzwerk ein – die leistungsfähiger sind – dies geschieht durch eine geeignete Software oder Firmware. Es kann aber auch sein, dass wir einige Standorte upgraden und tatsächlich Ladestationen, die früher noch als Schnelllader getaugt haben, durch neue und leistungsstärkere Hardware austauschen. Also die Entwicklungen beschleunigen sich gegenseitig. Dabei ist es schön zu sehen, dass selbst unsere Prognosen dann teilweise übertroffen werden und wir im Ladenetzwerk nachlegen müssen. Und das ist ein gutes Signal für den gesamten Markt.

Egal ob Ladestationsbetreibende, Großkonzerne oder Start-ups, die sich im Segment der E-Mobilität bewegen: Alle sollten den Blick über den Tellerrand wagen – auch die Fahrzeugherstellenden.

Moritz Keck Sales & Contract Manager in der DACH-Region bei der Allego GmbH


Richten wir zum Abschluss den Blick hinaus in die Welt: Von welchen Ländern kann Deutschland lernen?

Moritz Keck: Egal ob Ladestationsbetreibende, Anbietende oder Start-ups , die sich im Segment der E-Mobilität bewegen, alle sollten den Blick über den Tellerrand wagen, auch die Fahrzeugherstellenden. Dabei bieten sich Nachbarländer, wie die Niederlande oder Norwegen als gute Orientierungshilfen an. Dort sind ein deutlich höherer Absatz und Anteil an E-Fahrzeugen im Markt sichtbar. Wenn wir noch weiter rauszoomen, beispielsweise in die USA oder nach China, dann sehen wir natürlich heute schon, wie groß der Ladesäulenmarkt dort ist und wie groß er auch in Europa wächst und noch weiter zunehmen wird. Nehmen wir konkret einmal die Stadt Shanghai heraus. Da hat Tesla einen Supercharter-Standort mit 72 Ladepunkten, die alle hochleistungsfähig sind, und das sind alles Schnelllader, die noch dazu in der Tiefgarage stehen. Das ist dort schon das neue Normal und auch da ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. Aber auch in Kalifornien, in den Vereinigten Staaten, befindet sich eine hohe Anzahl an Elektrofahrzeugen bereits auf den Straßen. Und Woche für Woche, Monat für Monat kommen da weitere von vielen Herstellenden hinzu. Und auch dort gibt es einen Supercharger von Tesla, der gerade mit über 100 Schnellladestationen fertiggestellt wird. Es handelt sich hierbei um andere Dimensionen – alles ist größer und weiter. Der Trend geht aber auch in Deutschland immer mehr zum Elektroauto und auch deutsche Automobilunternehmen wie Volkswagen, Daimler oder BMW merken die große Kundennachfrage und reagieren mit einer erhöhten Produktion. Das wiederum führt zu einem Anstieg an E-Fahrzeugen und dafür braucht es dann mehrere Ladestationen . Und auch in Deutschland sehen wir Tesla als Paradebeispiel, so stehen z. B. an der Autobahn A3 in Oberhonnefeld zwischen Frankfurt und Köln, 40 Ladepunkte.



Das Interview führte Christoph Raithel, Teamleiter Event bei der Bayern Innovativ GmbH.

Hören Sie sich das vollständige Interview als Podcast an:

Was macht einen Ladestandort aus Sicht eines Betreibenden erfolgreich?

Darüber sprechen wir mit Moritz Keck - Sales & Contract Manager in der DACH-Region bei der Allego GmbH. Gerade in Bayern zählen Ladestandorte von der Allego GmbH hinsichtlich der Ladevorgänge zu den 20 erfolgreichsten Ladestationen. Mehr dazu erfahren Sie in dieser Podcast-Folge sowie in unserem kostenfreien Whitepaper !

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