Künstliche Intelligenz im Verkehrssystem
Lieber Herr Dr. Lösel, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von AININ beschäftigen sich mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz im Verkehrssystem Ingolstadts. Können Sie kurz erläutern, wo hier Potenziale für urbane Gebiete liegen ?
Dr. Lösel: Das Projekt “Künstliche Intelligenz im Verkehrssystem Ingolstadt (KIVI)” versucht über alle Verkehrsteilnehmer hinweg eine Effizienzsteigerung in den Bereichen Verkehrssteuerung und Verkehrssicherheit zu erzielen. Durch Datenfusion sowie dem Einsatz von KI-Verfahren wird geprüft, wie Lichtsignalanlagen durch umfassendere, aktuelle Informationen über alle Verkehrsteilnehmer optimiert werden können und wie sich die Verkehrssicherheit speziell an Kreuzungen als Unfallschwerpunkte erhöhen lässt. Durch datengetriebene KI-Verfahren soll die Verkehrssteuerung und –sicherheit verbessert werden. Hierzu erfolgt der Aufbau eines High Definition Testfeldes über mehrere Knotenpunkte hinweg, das mit lokaler Sensorik zur Erkennung aller Verkehrsteilnehmer ausgestattet ist. Zusätzliche mobile Sensorik (PKWs, Busse, Fahrräder und mit 5G-Smartphones ausgestattete Fußgänger) generieren ein möglichst vollumfängliches aktuelles digitales Abbild der lokalen und netzweiten Verkehrslage und ermöglichen eine Prognose der multimodalen netzweiten Verkehrssituation. Darauf basierend wird eine bedarfsgerechte Grünzeitverteilung für alle Verkehrsteilnehmer sowie ein Ampelphasenassistent umgesetzt. Eine Warnfunktion soll durch KI-Verfahren das Verhalten und die Intention von (nicht-)motorisierten Verkehrsteilnehmern erkennen und gezielt vor Gefahrensituationen visuell und akustisch warnen.
KI-Mobilitätsknoten
Ingolstadt hat bereits einige interessante KI-Projekte im Mobilitätsbereich angestoßen, wie z. B. den KI-Mobilitätsknoten. Können Sie uns kurz über die aktuellen Initiativen Einblick geben?
Dr. Lösel: Die THI ist bundesweit herausragend in Forschung und Lehre. Im Rahmen der Hightech Agenda Bayern wurde Ingolstadt zum KI-Knoten für Mobilität mit den Schwerpunkten Autonomes Fahren, Unbemanntes Fliegen, Digitale Produktion und den Querschnittsthemen wie Medizin , Handel, Ethik und Text- und Sprachverstehen. Die Aktivitäten des KI-Knotens werden in „AImotion Bavaria“, einem Institut der Technischen Hochschule, gebündelt. Die Technische Hochschule Ingolstadt ist mit ihren 20 Professuren und bald 120 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im Bereich der Künstlichen Intelligenz ein bedeutendes Kraftzentrum der KI-Forschung in der Bundesrepublik Deutschland. Ziel ist es, einen Beitrag zur Absicherung der Technologieführerschaft des Standorts Bayern zu leisten, um seine Schlüsselindustrien zu stärken und die Zukunftsfähigkeit in ökologischer, ökonomischer und sozialer Perspektive zu sichern.
Mobilität der Zukunft
Wie stellen Sie sich die städtische Mobilität der Zukunft vor?
Dr. Lösel: Als Automotive Standort und KI-Mobilitätsknoten ist Ingolstadt einer der Vorreiter in der Erforschung von Fragen zur autonomen Mobilität im zweidimensionalen und im dreidimensionalen Raum. Die Technische Hochschule Ingolstadt ist daher wie kaum eine Wissenschaftseinrichtung in der Lage, die Auswirkungen und die Entwicklungen der Künstlichen Intelligenz im Bereich autonomes Fahren, nachhaltige städtische Verkehrsentwicklung und Gesamtverkehrssysteme abzuschätzen. Die Implementierung von Künstlicher Intelligenz im (Straßen-)Verkehr ermöglicht eine Verkehrsoptimierung, die Erhöhung der Verkehrssicherheit, eine Verminderung von Wartezeiten sowie Routenoptimierungen mithilfe von Ampelschaltungen. Daneben dient sie dazu, die bestehende Infrastruktur zu optimieren, den Einsatz von Bestandsfahrzeugen und Fahrzeugflotten effizienter zu gestalten neue Mobilitätskonzepte zu eröffnen und automatisierte Fahrzeuge bspw. in Form von Shuttles zu etablieren. Dabei geht es neben der technischen Entwicklung auch um die Konzeptionierung einer Infrastruktur und der Integration von unbemannten Fahrzeugen und Fluggeräten zum Personen- oder Güterverkehr in das bestehende Mobilitätssystem. Aktuell wird im Raum Ingolstadt beispielsweise an der Entwicklung des CityAirbus, einer senkrechtstartenden autonom fliegenden Taxidrohne, gearbeitet. Gleiches gilt für autonome Straßenfahrzeuge (Autos und Busse), die in wenigen Jahren unser Verkehrssystem ergänzen werden. Die Mobilität der Zukunft wird also intermodaler, autonomer, verfügbarer und sicherer.
Herzlichen Dank für die interessanten Einblicke, Herr Dr. Lösel. Wir freuen uns auf Ihren Vortrag auf der CoSMoS!
Veranstaltungshinweis: CoSMoS 2022 I 10. März 2022 I Ingolstadt