Innovationsmarketing

Das Beste, was einer Innovation passieren kann, ist Misstrauen und Skepsis. Das behauptet zumindest Thomas Fick – Teamleiter Digitales Marketing bei der Bayern Innovativ GmbH. Was es mit seiner Behauptung auf sich hat, erfahren Sie im nachfolgenden Interview.

Innovationsmarketing
Wie wird Ihr Innovationsmarketing ein voller Erfolg? Thomas Fick verrät es Ihnen in diesem Interview!

Thomas, warum ist Skepsis wichtig für Innovationen?

Thomas Fick: Tatsächlich vertrete ich die Meinung, dass eine gesunde, abwartende Haltung das ist, was einer Produktneuheit auf dem Markt mehr hilft als eine übersteigerte Euphorie. Das ist plausibel, wenn Du Dein persönliches Verhalten beobachtest. Wenn ich Dir zum Beispiel ein Versprechen mache „Wir gehen am Wochenende weg und das wird super“, dann freust Du Dich darauf und in Dir wächst eine Erwartungshaltung. Deine Erwartungshaltung wird aber niemals von der Realität gedeckelt werden.

Das Ganze ist ein Phänomen, das lange erforscht wurde. Im Bereich Innovationskommunikation ist Roy Amara Vorreiter gewesen und hat dazu ein Gesetz definiert. Dieses besagt grob zusammengefasst: Alle technischen Innovationen werden von uns kurzfristig immer überschätzt und langfristig immer unterschätzt.

Das heißt, es ist wichtig die Erwartungshaltung der Menschen zu steuern?

Thomas Fick: Genau darum geht es und genau deshalb ist im Bereich Innovationsmarketing die Kommunikation wahnsinnig wichtig. Die Kommunikation ist das Marketing. Das heißt, nicht die Phasen außen herum (Definition von Zielen, Märkten, Zielgruppen) oder das Schnüren eines Produktportfolios, sondern die Kommunikation über meine Produktneuheit ist entscheidend. Denn was bringt es, wenn Du das beste Produkt aller Zeiten hast, aber es keiner kennt und kauft?

Du sprichst also von radikaler Innovation, richtig?

Thomas Fick: Unter uns Marketing-Experten würde ich eher von inkrementellen Innovationen sprechen. Denn bei einer radikalen Innovation geht es eher darum zu sagen „Schau mal, das gab's noch nie, aber das ist genau richtig für Dich. Probiere es doch mal aus“. Bei inkrementellen Innovationen geht es eher darum zu sagen „Schau mal, das Produkt hat ein neues Feature und kann noch mehr als zuvor.“ Das heißt, bei inkrementellen Innovationen stößt Du tatsächlich bei Deiner Zielgruppe und den Märkten an eine Barriere, weil es das Produkt schon gab, aber man nun Kunden von der Weiterentwicklung überzeugen muss. Ein klassisches Beispiel dafür sind Mobiltelefone.

Der Knackpunkt ist - und da komme ich wieder zurück zum Einstieg unseres Gesprächs: Wie spreche ich die Menschen an und welche Erwartungen schüre und führe ich bei ihnen? Du wirst immer auf eine Haltung stoßen. Manche werden sagen „Ja, das gab es noch nie. Ich habe so lange darauf gewartet“ und andere werden sagen „Noch eine Telefonkamera mehr. So ein Quatsch“. Und beide dieser Zielgruppen musst Du „bedienen“. Und somit komme ich zur Ausgangsthese zurück: Die Leute, die Deinem Produkt skeptisch gegenüberstehen, die wirst Du leichter von den Leistungen Deines Produktes oder Deiner Innovation überzeugen als die Leute, die erstmal vollkommen übersteigert und euphorisch an Deine Sache herangegangen sind. Die werden nämlich enttäuscht sein.

Die Leute, die Deinem Produkt skeptisch gegenüberstehen, die wirst Du leichter von den Leistungen Deines Produktes oder Deiner Innovation überzeugen als die Leute, die erstmal vollkommen übersteigert und euphorisch an Deine Sache herangegangen sind. Die werden nämlich enttäuscht sein.

Thomas FickTeamleiter Marketing I Beratungsfelder und Corporate Marketinghttps://www.bayern-innovativ.de/kontakt/thomas-fick

Ist es heutzutage aufgrund der vielen Informationsmöglichkeiten für das Innovationsmarketing leichter oder schwieriger geworden?

Thomas Fick: Tatsächlich kann ich diese Frage nicht eindeutig beantworten. Ich glaube, es ist primär anders geworden. Was sich zeigt ist, dass die Menschen innovationsmüde geworden sind. Das hat verschiedene Gründe wie z. B. eine hohe Informationsflut und der schnellere Zugang zu Informationen durch die Digitalisierung. Im Gegensatz zu früher schalten die Menschen heutzutage oft schon beim Frühstück den Computer oder das Mobiltelefon ein und zack – haben sie fünf bis zwanzig Updates. Die Wege sind kürzer geworden und dadurch sind wir alle übersättigt. Was ist wirklich neu, wenn gefühlt alle fünf Minuten ein Telefon mit neuen Features auf den Markt kommt?

Gibt es vor diesem Hintergrund einen Unterschied zwischen B2B und B2C?

Thomas Fick: Nicht in der Kommunikation. Nicht in der Reaktion von Menschen auf Innovationen. Aber durchaus in den Entscheidungsprozessen dahinter. Beispiel: Die Weiterentwicklung eines Produktes kommt auf den Markt. Nun muss sich ein Mitarbeitender in der mittleren Entscheidungsposition eines Unternehmens entscheiden, ob er diese Innovation mitgehen möchte. Mit dieser Entscheidung sind Risiken im Bereich Investition, Produktionsumstellung und Zukunftssicherheit verbunden. Man kann also nicht immer mit jeder Produktneuheit „mitgehen“. Daher sind das Aktivieren und das Überzeugen von Innovationen sicherlich härter.

Gleichzeitig haben wir heute viel mehr Möglichkeiten als noch vor 20 oder 30 Jahren, um den Mehrwert unserer Produkte und Dienstleistungen unseren Kunden zu veranschaulichen. Man kann beispielsweise eine Demoversion ausspielen oder in Branchen, wie z. B. der Baubranche, Dinge simulieren – das zukünftige Haus virtuell begehen u. v. m. Das heißt, die Kaufargumentation ist einfacher geworden. Das Erreichen der Kunden hingegen ist schwieriger geworden.

Und wie können bayerische KMU als stark technologieorientierte Unternehmen spezifische Fachleute erfolgreich ansprechen?

Thomas Fick: Zum einen ist es wichtig, die Bindung zu seinen Kunden, zu seinen Zielen und Märkten aufrechtzuerhalten, auch abseits des Produktes selbst. So wie es früher die klassische Beziehung zwischen Außendienstmitarbeitenden und Kunden gab. Zum anderen bin ich davon überzeugt, dass der Aufbau einer großen starken Marke mit Imagewirkung essenziell ist, damit sich die Menschen mit dem Unternehmen identifizieren und sich mit den Produkten befassen wollen.


Das Interview führte Dr. Tanja Jovanovic, Leiterin Technologie- und Innovationsmanagement bei der Bayern Innovativ GmbH.

Hören Sie sich das vollständige Interview als Podcast an:

How to innovate - Bewahre uns vor dem Hype

In dieser Podcast-Folge erklärt Ihnen unser Experte Thomas Fick, warum Misstrauen und Skepsis das Beste ist, was Ihrer Innovation passieren kann.

Weitere Tipps und Tricks finden Sie auch bei unserem Beratungsfeld Technologie- und Innovationsmanagement.

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