Pflege stärken, Zukunft sichern: Innovationen am Tag der Pflegenden

08.05.2025

Zum Internationalen Tag der Pflegenden sprechen Tanja Pollak vom Pflegepraxiszentrum Nürnberg und Marina Iftner von Bayern Innovativ Gesundheit über Herausforderungen, Innovationspotenziale – und über die Zukunft eines Berufs, der unsere Gesellschaft trägt. 

Am 12. Mai ist Internationaler Tag der Pflegenden. Ein Tag, der weltweit dazu dient, auf die Leistungen von Pflegefachpersonen aufmerksam zu machen – und auf die Bedingungen, unter denen sie arbeiten. Aber es ist auch ein Tag, den kaum einer kennt. Ebenso wie die Person, die dahintersteckt. Denn der Tag erinnert an den Geburtstag von Florence Nightingale, die Begründerin der modernen Krankenpflege. Doch jenseits der historischen Symbolik ist der 12. Mai heute aktueller denn je. 

Denn Pflege ist nicht nur ein Beruf – sie ist eine tragende Säule des Gesundheitswesens. Und diese Säule wankt. Der Fachkräftemangel, eine zunehmende Arbeitsverdichtung, demografische Entwicklungen und der steigende Pflegebedarf setzen die Berufsgruppe massiv unter Druck. Gleichzeitig wächst das Bewusstsein dafür, dass Pflegekräfte nicht nur Unterstützung, sondern auch Gestaltungsspielräume brauchen. 

„Pflege ist systemrelevant – aber sie wird nicht systematisch gestärkt“

Tanja Pollak, Pflegefachkraft und Projektmanagerin des Pflegepraxiszentrums (PPZ) Nürnberg, bringt es auf den Punkt: „Pflege ist systemrelevant – das wurde nicht zuletzt in der Pandemie deutlich. Doch in der politischen und gesellschaftlichen Realität wird sie noch immer zu oft übersehen oder romantisiert.“ Was es brauche, sei keine weitere Imagekampagne, sondern strukturelle Veränderungen, bessere Rahmenbedingungen – und echte Teilhabe der Pflegenden an Entscheidungs- und Innovationsprozessen. 

Das Pflegepraxiszentrum Nürnberg ist einer von mehreren Standorten bundesweit, an denen Pflegeinnovationen direkt in der Praxis erprobt werden. Ziel ist es, die Lücke zwischen Forschung, Technologie und Pflegealltag zu schließen. Dabei steht immer die Frage im Mittelpunkt: Was hilft wirklich? Was unterstützt Pflegende und Pflegebedürftige wirklich? 

„Pflegekräfte wissen sehr genau, was sie brauchen. Unsere Aufgabe ist es, Räume zu schaffen, in denen sie mitentwickeln können – und in denen Innovation nicht über ihre Köpfe hinweg passiert“, so Pollak. So steigt auch die Akzeptanz der Technologien. 

Innovationen nicht nur denken, sondern leben

Auch Marina Iftner, Projektmanagerin bei Bayern Innovativ Gesundheit, sieht in der Verbindung von Pflegepraxis und Innovation eine entscheidende Stellschraube für die Zukunft: „Wir müssen Pflege neu denken – nicht als Kostentreiber, sondern als gesellschaftliches Gut, in das es sich lohnt zu investieren.“ 

Iftner bringt mit Ihrer Arbeit die Akteure aus Pflege, Forschung, Wirtschaft und Politik zusammen, um Innovationen in der Pflege zu fördern. Dabei gehe es nicht allein um technologische Lösungen: „Innovation bedeutet nicht nur neue Geräte oder digitale Tools – es geht auch um innovative Versorgungsmodelle, neue Rollen in der Pflege oder intelligente Prozessgestaltung.“ 

So könnten digitale Dokumentationshilfen den bürokratischen Aufwand reduzieren, Sensorik in Pflegebetten zur Sturzprophylaxe beitragen oder digitale Schulungsformate Pflegekräfte flexibel weiterbilden. Doch eines ist zentral, wie Marina Iftner betont: „Technik allein löst keine Probleme, wenn sie nicht sinnvoll eingeführt und begleitet wird. Wir brauchen praxisnahe Lösungen und die Perspektive der Pflegenden von Anfang an.“ 

Zwischen Überforderung und Innovationsdruck

Dass viele Pflegende den Eindruck haben, der Innovationsdruck komme zusätzlich zur ohnehin schon belastenden Arbeit, ist verständlich. Hier sei Kommunikation entscheidend, so Tanja Pollak: „Wir dürfen Pflegekräfte nicht mit neuen Systemen überrollen. Es braucht Zeit, Schulung, und vor allem: das Gefühl, dass sie Teil der Veränderung sind – nicht nur deren Zielgruppe.“ 

Deshalb setzt das PPZ Nürnberg auf partizipative Entwicklungsprozesse: Pflegende testen Produkte, geben Feedback, entwickeln gemeinsam mit Herstellern und Forschenden neue Ansätze. „Nur was den Arbeitsalltag wirklich erleichtert, wird sich durchsetzen“, sagt Pollak. Es gehe nicht darum, menschliche Pflege durch Technik zu ersetzen – sondern Pflegende zu entlasten und ihnen wertvolle Zeit für zwischenmenschliche Zuwendung freizuhalten. 

Ein Beruf mit Zukunft – wenn wir ihn gestalten

Der Internationale Tag der Pflegenden bietet Anlass zum Innehalten – und zur kritischen Reflexion. „Wir brauchen mehr als symbolische Wertschätzung. Pflegekräfte brauchen Mitsprache, Entwicklungsperspektiven und Anerkennung – auch finanziell“, sagt Marina Iftner. Wenn junge Menschen heute einen Pflegeberuf ergreifen, dann oft mit großem Idealismus – doch viele verlassen ihn wieder, weil die Realität kaum Raum für diesen Anspruch lässt. 

Was es jetzt braucht? Einen echten Wandel – politisch, gesellschaftlich, kulturell. „Wir müssen Pflegeberufe attraktiv machen, nicht nur durch Gehalt, sondern durch Entwicklungsmöglichkeiten, gute Arbeitsbedingungen und innovative Umgebungen“, so Iftner. Und das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Fazit: Pflege braucht Innovation – und Respekt

Am 12. Mai sollten wir den Menschen danken, die täglich für andere da sind – in Kliniken, Pflegeheimen, und auch zuhause. Doch noch wichtiger ist es, ihnen zuzuhören, ihre Erfahrungen ernst zu nehmen und sie in die Weiterentwicklung unseres Gesundheitssystems einzubeziehen. 

„Pflege ist mehr als Versorgung. Sie ist Beziehung, Expertise und Verantwortung“, sagt Tanja Pollak. Damit Pflege zukunftsfähig bleibt, braucht es beides: Innovation – und Respekt. 

 

 

Der Internationale Tag der Pflegenden 

Wann? Jedes Jahr am 12. Mai – dem Geburtstag von Florence Nightingale (1820–1910), Begründerin der modernen westlichen Pflege. 

Ziel? Würdigung der Leistungen von Pflegekräften weltweit und Aufruf zur Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen. 

2024 unter dem Motto: “Our Nurses. Our Future. The economic power of care.” 

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