03.03.2023
Quelle: Studie „Wasserstoff in der Metropolregion Nürnberg Analyse der Kompetenzen, Chancen und Herausforderungen“
Studie belegt Wasserstoffpotenzial Nürnbergs
Am 3. März 2023 wurde die Studie „Wasserstoff in der Metropolregion Nürnberg - Analyse der Kompetenzen, Chancen und Herausforderungen“ vorgestellt. Die Studie, die der Energie Campus Nürnberg gemeinsam mit den Partnern Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm, ENERGIEregion Nürnberg e.V. und Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS im Auftrag des Wirtschafts- und Wissenschaftsreferats der Stadt Nürnberg erstellt hat, bescheinigt: Stadt und Metropolregion Nürnberg haben das Potenzial, zum Innovationszentrum für Wasserstoff-Technologien zu werden - verbunden mit neuen Chancen für Wertschöpfung und Beschäftigung.
150 Akteure sind derzeit beim Thema Wasserstoff in der Metropolregion Nürnberg aktiv, davon 90 Unternehmen. Die Chancen für weiteres Wachstum sind groß: Es wird prognostiziert, dass die Metropolregion in der Wasserstoffwirtschaft bis 2030 zwischen einer Viertelmilliarde und einer Milliarde Euro an neuer Wertschöpfung generieren kann. Wirtschafts- und Wissenschaftsreferent Dr. Michael Fraas sagt hierzu: „Nürnberg hat das Zeug zur Technologie-Anbieterregion für zukunftsfähige Wasserstofftechnologien zu werden. Wasserstoff leistet bereits heute einen Beitrag zur regionalen Wertschöpfung, insbesondere durch den Export von Technologie und durch die Generierung von Wissen. Kurzum: Wir sind Wasserstoff-Chancen-Region!“
Wasserstoff-Kernkompetenzen der Metropolregion Nürnberg liegen in den Bereichen ElektrolyseAnlagen, Wasserstoff-Speicherung und Brennstoffzellen für stationäre sowie mobile Anwendungen. Ausgeprägt sind zudem komplementäre Wirtschaftszweige wie Maschinenbau, Verfahrenstechnik oder Industrial IoT, die ihr Angebot schnell an den Hochlauf von Wasserstofftechnologien anpassen und wichtiges Know-how beitragen können. Am Standort Nürnberg hat sich ein Spitzenforschungs- und Entwicklungscluster um den Energie Campus Nürnberg und das Helmholtz-Institut Erlangen-Nürnberg für Erneuerbare Energien ausgebildet.
Markus Rützel, Geschäftsführer des Energie Campus Nürnberg, betont: „Der Energie Campus Nürnberg als interdisziplinäre Energieforschungskooperation bündelt und koordiniert die verschiedenen Kompetenzen, die seine Partner in eine institutionsübergreifende Forschung einbringen. Wie alle anderen Energiethemen auch, erfordert die Entwicklung von Wasserstofftechnologien eine ganzheitliche Betrachtungsweise, um ein systemorientiertes Lösungskonzept im Markt zu implementieren. Angefangen von der Erzeugung grünen Wasserstoffs aus erneuerbaren Energien über Transport und Speicherung bis hin zur Anwendung ist der Energie Campus Nürnberg der Forschungspartner in der Region, der sowohl das Technologiewissen als auch die Vernetzung zu anderen Forschungseinrichtungen und Unternehmen aktiv einsetzt. Diese Erfolgsfaktoren werden zukünftig noch stärker für die Region ausgebaut.“
Im Benchmark mit den anderen Metropolregionen in Deutschland positioniert sich Nürnberg auf dem vierten Rang. Laut einer aktuellen Studie des Europäischen Patentamts und der Internationalen Energieagentur ist Nürnberg zudem TOP 5-Regionalcluster in Deutschland für Wasserstoffinnovationen, gemessen an der Zahl der Patentanmeldungen.
Priv.-Doz. Dr. Tassilo Schuster, Senior Project Manager am Fraunhofer IIS, sagt dazu: „Der Schwerpunkt der hiesigen Wasserstoffwirtschaft wird in der produktbezogenen Wertschöpfungskette liegen, also in Entwicklung, Herstellung, Vertrieb und Export von spezifischen Wasserstoffschlüsseltechnologien. Besonderes Augenmerk zukünftiger Bemühungen sollte daher dem Aufbau eines leistungsstarken Arbeitsmarktes mit einer hohen Verfügbarkeit von gut ausgebildeten Fachkräften, der Gestaltung einer wasserstoffaffinen Bildungs- und Forschungslandschaft mit einem direkten Transfer von Forschungsergebnissen in die Industrie und der Schaffung von begünstigten Rahmenbedingungen für die Unternehmenstätigkeit gelten. Die Stärke verbundener Industriezweige in der Metropolregion, wie dem Maschinenbau oder spezialisierten Anbietern von digitalen Lösungen, trägt zudem zur Attraktivität der Metropolregion als Technologie-Anbieter-Region bei“
Die Studie „Wasserstoff in der Metropolregion Nürnberg - Analyse der Kompetenzen, Chancen und Herausforderungen“ beleuchtet zudem die Anwendungspotenziale von Wasserstoff in der Metropolregion Nürnberg. Bei einem insgesamt geringeren Erzeugungspotenzial von Grünstrom aus erneuerbaren Energien gegenüber Gunstregionen in Küstennähe fehlen vor Ort auch Großabnehmer für Wasserstoff; wie große Stahlwerke oder chemische Industrie. Bei einem forcierten Ausbau der erneuerbaren Energien könnte rechnerisch im Jahr 2030 mit überschüssiger elektrischer Energie grüner Wasserstoff durch Elektrolyse vor Ort im Umfang von ca. 9 bis 10 TWh erzeugt werden.
Prof. Dr.-Ing. Reinhard German, Lehrstuhl für Informatik 7 (Rechnernetze und Kommunikationssysteme) an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, erläutert: „Es sind allerdings starke Schwankungen der verfügbaren Leistung mit sehr großen Leistungsspitzen zu erwarten. Bei maximalem Ausbau der erneuerbaren Energien und Batteriekapazitäten kann so im Jahr 2030 Elektrolyse in höchstens 32 Prozent der Zeit überhaupt betrieben werden und dies oft nur mit geringen Leistungen. Um den Überschuss komplett abzufangen, wären daher Elektrolyse Anlagen mit sehr großer Leistung erforderlich, die dann wenig ausgelastet sind. Nimmt man aber die in der Metropolregion zu erwartende geringe Auslastung in Kauf und nutzt auch Leistungsspitzen der erneuerbaren Erzeugung, so besteht ein nicht unerhebliches Erzeugungspotenzial für Wasserstoff. Es ist daher wichtig, in der Zukunft kombinierte Betriebsstrategien für die Anlagen im Energiesystem zu identifizieren, insbesondere für Batterien und Wasserstoffspeicher.“ Der Lehrstuhl Informatik 7 hatte im Rahmen der Studie die Energieflüsse in der Region in unterschiedlichen Szenarien simuliert.
Mögliche Anwendungsszenarien für grünen Wasserstoff liegen in der regionalen Papier-, Glas- und Metallindustrie sowie perspektivisch im Schwerlastverkehr und in der Nutzung von Elektrolyseuren zur Stabilisierung des Stromnetzes. Gute Standorte für Wasserstofferzeugung finden sich dort, wo der Wasserstoff und Nebenprodukte der Elektrolyse (Wärme, Sauerstoff) direkt genutzt werden können.
Wird der Mobilitäts- und Logistiksektor genauer betrachtet, so ergeben sich ganz spezifische Anwendungsfelder, bei denen sich Wasserstoffantriebe lohnen können. Derzeitig finden wissenschaftliche Forschungen u.a. auf dem Gebiet des Schwerlastverkehrs statt, aber auch für Bahnlösungen und in der Luft- und Raumfahrt.
Prof. Dr. Frank Opferkuch, Leiter des Kompetenzzentrums Energietechnik an der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm, sagt: „Schwere Nutzfahrzeuge mit Brennstoffzellen oder Wasserstoffmotoren können in der Metropolregion Nürnberg einen Bedarf von bis zu 240 Tonnen Wasserstoff pro Tag auslösen. Zur Versorgung dieser Fahrzeuge werden dann bis zu 55 neue H2-Tankstellen entlang der Verkehrsachsen benötigt. Damit hat der Sektor Mobilität und Logistik ein großes Anwendungs- und Wertschöpfungspotenzial. Künftige Umweltauflagen, die anstehende Einführung des automatisierten Fahrens, die weitere Digitalisierung der Logistik, der noch unzureichende Reifegrad neuer, konkurrierender Antriebssysteme sowie die noch lückenhaften Versorgungssysteme für Strom und Wasserstoff machen derzeit aber Prognosen zu Mengen und Zeitpunkten unsicher.“
Letztendlich wird empfohlen, die wissenschaftlichen Kompetenzen der Universitäten, Hochschulen und der angewandten Forschung in einem Wasserstoff-Wissenszentrum zu bündeln und eine metropolitane Koordinationsstelle zum Thema Wasserstoff zu schaffen; damit sollen Vernetzung, Wissens- und Technologietransfer weiter gefördert werden.
Die Studie kann unter folgendem Link abgerufen werden:
https://www.nuernberg.de/internet/wirtschaft/wasserstoff.html