Aus diesem Grund hat sich die Europäische Kommission in ihrer Neufassung der Richtlinie über erneuerbare Energien (Renewable Energy Directive II) das Ziel gesetzt, den Anteil erneuerbarer Energiequellen (EE) bis 2030 auf mindestens 32 Prozent zu erhöhen, um die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren. Im Rahmen des Green Deal wurde dieses Ziel auf 50 Prozent erhöht. Um das Ziel von 32 Prozent EE im Jahr 2030 zu erreichen, müssten etwa 21 Prozent der europäischen Stromproduktion durch photovoltaische Systeme erzeugt werden, was etwa das Dreifache der Kapazität von 2018 erfordert.
Dies ist zwar ein gewaltiger Sprung, doch eine kürzlich durchgeführte Studie schätzt, dass fast 25 Prozent des derzeitigen Stromverbrauchs in der EU allein durch Photovoltaik-Dachanlagen (PV) erzeugt werden könnten. Die Elektrizität würde entweder ganz oder teilweise vor Ort verbraucht, wodurch Angebot und Nachfrage aufeinander abgestimmt würden.
Ungenutztes Potenzial von gemeinsam erzeugtem PV-Strom
Leider ist der Eigenverbrauch in den meisten Ländern auf Eigentümer oder Mieter von Einfamilienhäusern beschränkt. Da die Dächer von Mehrfamilienhäusern einen großen Anteil der insgesamt verfügbaren Dachfläche ausmachen, gibt es ein weitgehend ungenutztes Potenzial für den Eigenverbrauch von gemeinsam erzeugtem PV-Strom. Verwaltungsvorschriften (u. a. Baugesetze beispielsweise bzgl. des Brandschutzes), technische Regelungen (Smart-Meter Rollout-Pflicht und Messstellenbetriebspflicht) und Elektrizitätsgesetze (Vollstromversorgerpflicht und verschiedene Meldepflichten an Verteilnetzbetreiber, Übertragungsnetzbetreiber und Bundesnetzagentur) für den Eigenverbrauch in diesen Gebäuden sind ein Haupthindernis für eine weit verbreitete Einführung von PV-Strom mit vor-Ort-Verbrauch, da sie die Umsetzung erschweren und die finanzielle Attraktivität für die Eigentümer erheblich verringern.
Erschwerend kommt hinzu, dass ein großer Teil der bestehenden PV-Dachanlagen in Deutschland, Belgien, den Niederlanden, Österreich, Italien und Spanien in den kommenden Jahren ähnliche Probleme mit dem Ausstieg aus den festen Einspeisetarifen haben wird. Insbesondere die Millionen von voll funktionsfähigen kleineren PV-Anlagen auf Privathäusern könnten kaum noch wirtschaftlich betrieben werden und stehen vor einer ungewissen Zukunft, mit der Gefahr abgeschaltet zu werden.
Neue Energy-Sharing-Konzepte
Neue Energy-Sharing-Konzepte, die einen gemeinsamen dezentralen Verbrauch von dezentral erzeugtem regenerativem Strom ermöglichen, könnten es ermöglichen, all diese PV-Dachanlagen wirtschaftlich zu betreiben. Darüber hinaus hätten solche Sharing-Konzepte zusätzliche Vorteile:
- Eine gemeinschaftsoptimierte Stromerzeugung bedeutet auch, dass mehr und größere PV-Anlagen und Speicher installiert werden können, als wenn sich die Stromversorgung auf den Eigenverbrauch beschränken würde.
- Kostengünstiger Strom, der von einer benachbarten PV-Anlage bezogen wird, ist ein glaubwürdiger und positiv anerkannter Vorteil für die Anwohner und fördert die allgemeine Akzeptanz für die Erzeugung erneuerbarer Energien und die Energiewende innerhalb der Gesellschaft.
- Sozial benachteiligte Menschen, ohne eigenes Kapital, sind nicht mehr von den finanziellen Vorteilen der Energiewende ausgeschlossen, sondern können sich aktiv beteiligen, indem sie bezahlbaren und lokalen Ökostrom nutzen.
- Eine an die dezentrale Stromnachfrage angepasste dezentrale Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien entlastet das Stromnetz und ermöglicht einen kostengünstigeren Energiewandel.
Recht auf Energieteilung
Um die Schaffung solcher Gemeinschaften zu fördern, hat die Europäische Union in Artikel 21 ihrer überarbeiteten Erneuerbare-Energien-Richtlinie das Recht auf Energieteilung verankert. Allerdings sind die Möglichkeiten dazu in der Praxis noch begrenzt. Eine Lösung dazu stellt das Konzept der Energy-Sharing-Hardware der Pionierkraft GmbH dar. Die Energy-Sharing-Hardware soll Energie ohne die Nutzung des öffentlichen Netzes teilen und die gemeinschaftliche Nutzung erneuerbarer Energien wirtschaftlich machen.
Seit April 2020 wird der Prototyp derzeit an unterschiedlichen Standorten und Applikationen getestet. Die Energy-Sharing-Lösung ermöglicht den direkten physischen Austausch von selbst erzeugter erneuerbarer Energie innerhalb und zwischen kleinen Einfamilien- und Mehrfamilienhäusern auf wirtschaftliche und bedienerfreundliche Weise. Damit wird die bestehende Lücke für wirtschaftliche PV-Lösungen in kleineren Wohngebäuden geschlossen. Zum ersten Mal können Batteriespeicher kooperativ genutzt und PV-Projekte für mehrere Nutzer wirtschaftlich umgesetzt werden. Dadurch erhöht sich der Anteil der lokal verbrauchten und produzierten Energie und mehr Menschen haben Zugang zu erschwinglicher und sauberer Elektrizität.
Das Herzstück der Lösung realisiert die erste standardkonforme AC/AC-Kopplung von Niederspannungsnetzen. Sie ermöglicht den direkten Anschluss verschiedener Haushalte, ohne auf das öffentliche Stromnetz angewiesen zu sein, wodurch Netzgebühren und Verwaltungsaufwand vermieden werden. Je nach Energieerzeugung und -verbrauch überträgt sie selbst erzeugte Energie zwischen zwei oder mehreren Haushalten. Verschiedene intelligente Regelalgorithmen regeln im Zusammenspiel mit der eingebetteten Software den Energiefluss autonom. Das bedeutet, dass nur so viel Energie geliefert wird:
- wie ein Verbraucher zu einem bestimmten Zeitpunkt benötigt, denn mehr Energie als benötigt zu erhalten, würde zu einer illegalen Einspeisung ins Stromnetz durch den Verbraucher führen,
- wie sie nach dem Eigenverbrauch des Produzenten zur Verfügung stehen. Die Übertragung von mehr Energie als verfügbar würde den Produzenten veranlassen, diese zusätzliche Strommenge von seinem Energieversorger zu höheren Kosten zu kaufen.