Digitalisierung im Gesundheitswesen
„Watson, come here. I need you.“ Das sollen die ersten über ein Telefon gesprochenen Worte gewesen sein. Zugetragen hat sich dieses Telefonat und an sich somit auch der erste telefonische Notruf am 10. März 1876 zwischen Alexander Graham Bell und Thomas A. Watson. Was hat das mit der Digitalisierung im Gesundheitswesen zu tun? Auf den ersten Blick vielleicht nicht sehr viel, dennoch haben sich Mediziner, Wissenschaftler und Forscher seither viele Gedanken gemacht, wie man diese neuen technologischen Möglichkeiten auch für die medizinische Versorgung der Bevölkerung sinnvoll einsetzen kann.

Grundsätzlich gibt es also schon lange die entsprechenden Ideen um neue bzw. zukünftige technische Möglichkeiten auch für die medizinische Versorgung einzusetzen. Erste konkrete Aktivitäten in diesem Bereich hat die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA in den 1950er Jahren unternommen, um ihre Astronauten im Weltraum von der Erde aus medizinisch zu betreuen. Hierfür wurden Vitaldaten wie z. B. Herzfrequenz und Puls vom All in die Kontrollstation übertragen.

Es gab aber auch irdische Ansätze:
Zum Beispiel die Übertragung von Röntgenbildern mittels Fernsehübertragungstechnik zwischen zwei Krankenhäusern.
Wie die nebenstehende Grafik zeigt, wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts weiter an entsprechenden Lösungen gearbeitet.
Aber erst mit der weiten Verbreitung moderner und leistungsfähiger Computersysteme hat die Entwicklung Fahrt aufgenommen.
Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen
Deutschland war hier schon sehr früh aktiv und hat kurz nach der Jahrtausendwende ein ambitioniertes Projekt gestartet: Die elektronische Gesundheitskarte (eGK) und ihre dazugehörigen Komponenten. Ursprünglich sollte die deutsche Bevölkerung bis 2010 eine eGK in Händen halten und Funktionen der Telematikinfrastruktur wir eRezept, elektronische Akte oder eArztbrief nutzen können. Das Vorhaben hat sich verzögert, so dass zwar einige Jahre später bereits elektronische Gesundheitskarten ausgegeben wurden, die Dienste dazu aber noch nicht entwickelt waren.
Parallel hat sich die Telemedizin stark weiterentwickelt. Auf Grund der zunehmenden Miniaturisierung und Leistungsfähigkeit von IT-Hardware, gab es in den Jahren um 2010 herum bereits erste telemedizinische Anwendungen auch für den Hausgebrauch. Es konnten nun von zuhause aus Vitaldaten wie Blutdruck oder Gewicht an den zuständigen Arzt übermittelt oder auch fernüberwachte Reha-Übungen gemacht werden.
Seit etwa vier Jahren hat das Thema dann deutlich an Fahrt aufgenommen und die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass Angebote wie Videosprechstunden oder digitale Krankschreibungen durchaus von Patient:innen wie auch Ärzt:innen angenommen werden. Das deutsche Gesundheitswesen ist sicherlich eines der besten der Welt hinsichtlich der Versorgungsqualität. Es ist aber auch eines der komplexesten. Viele verschiedene Beteiligte wie Krankenkassen, Verbände, Organe der Selbstverwaltung, Politik usw. sind aktiv in die Gesundheitspolitik einbezogen. Mittlerweile haben aber alle Agierende erkannt, welchen Mehrwert digitale Versorgungslösungen bieten können und ziehen nun größtenteils an einem Strang.
Nicht umsonst wurden bisher seit 2017 ca. 28 neue Gesetze auf den Weg gebracht, die digitale Themen in der Gesundheitsversorgung enthalten bzw. sechs Gesetze, die sogar ihren Schwerpunkt auf der Digitalisierung des Gesundheitswesens haben. Hervorzuheben sind hier sicherlich das „Digitale Versorgungsgesetz“ (DVG), das erstmalig die Möglichkeit geschaffen hat Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) in der Regelversorgung zu vergüten. Anfang Mai 2021 wurde schließlich auch das Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungsgesetz (DVPMG)) verabschiedet, dass ebenfalls digitale Pflegeanwendungen (DiPA) auf diesen Weg bringen soll.
Elektronische Patientenakte (ePA)
Die wohl aktuell interessanteste Anwendung der Telematikinfrastruktur ist die elektronische Patientenakte (ePA). Gesetzliche Versicherte haben seit Anfang 2021 ein Anrecht auf die Nutzung einer ePA und im Laufe des Jahres beginnt nach einer Testphase der produktive Betrieb. Die ePA wird von der jeweiligen Krankenkasse als App kostenlos bereitgestellt und kann auf mobilen Endgeräten, wie z. B. dem eigenen Smartphone oder einem Tablet, installiert werden. Wer die App nicht nutzen kann oder will, kann aber auch mittels der elektronischen Gesundheitskarte und einer PIN direkt in der Arztpraxis oder bei anderen Leistungserbringern die Akte nutzen.
Sie dient dem Zweck die unterschiedlichen medizinischen Daten aus Arztpraxis, Krankenhaus und Co. transparent an einem Ort zusammen zu führen. Dies hat den Vorteil, dass sich die verschiedenen, an der Versorgung beteiligten Behandelnde einen einfachen und schnellen Überblick über den jeweiligen Gesundheitszustand, bestehende Erkrankungen, verschriebene Medikament des Behandelnden etc. verschaffen können. So wird die Versorgung umfassender und sicherer. Außerdem wird der Behandelnde aktiv in die Gesundheitsversorgung mit einbezogen, indem selbst entschieden wird, welche Informationen in die Akte hochgeladen werden und wer darauf zugreifen darf.
Die Einrichtung und Nutzung einer ePA ist für Patient:innen freiwillig und bietet viele Vorteile:
- So können sie jederzeit online auf ihre Gesundheitsdaten – wie z. B. ihren elektronischen Medikationsplan (eMP) – zugreifen.
- Zusammen mit der elektronischen Gesundheitskarte, die auch als Schlüssel für die ePA fungiert, sind der Notfalldatensatz, aber auch das ausgestellte eRezept immer griffbereit.
- Das ermöglicht eine ortsunabhängige optimale Versorgung.
Auch die Themenplattform Digitale Gesundheit/Medizin schätzt diese technische Möglichkeit. Die elektronische Patientenakte zusammen mit der elektronischen Gesundheitskarte sind das sichere digitale Zuhause für medizinische Dokumente und damit der Schlüssel zu einer modernen Gesundheitsversorgung. Die Themenplattform Digitale Gesundheit/Medizin wird weiterhin über neue Technologien und Trends informieren und Entwicklungsaktivitäten fördern, immer getreu dem Motto: „Von der Digitalisierung des Gesundheitswesens zur Gesundheit durch Digitalisierung !“
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