Techem sieht Wärmewende nur durch Technik erreichbar

Sparen durch Nutzerverhalten ist weitgehend ausgereizt – echte Fortschritte bei Energie und CO₂ bringen jetzt digitale Technik, Wärmepumpen und Abwärmenutzung

14.10.2025

Quelle: E & M powernews

Während Einsparpotenziale im Nutzerverhalten nahezu ausgeschöpft sind, bieten technische Maßnahmen enorme Chancen. Das zeigt der aktuelle Techem-Atlas.
 
Die Energiepreise im Gebäudesektor haben im vergangenen Jahr ein neues Rekordniveau erreicht. Nach Auswertungen des Techem-Atlas „Energie, Wärme & Wasser 2025“ stiegen die Energiepreise seit dem Jahr 2021 um 82 Prozent, während der Heizenergieverbrauch nahezu konstant blieb. Der Versuch, über individuelles Nutzerverhalten Energie zu sparen, stößt laut Auswertung an seine Grenzen. Das Einsparpotenzial sei weitgehend ausgeschöpft, so das Unternehmen mit Sitz im hessischen Eschborn am 14. Oktober.

Um mehr Energie und CO2 einzusparen, müsste nach den Ergebnissen der Untersuchung viel stärker zu technischen Mitteln gegriffen werden. Damit meint das Unternehmen unter anderem digital steuerbare Heizungsanlagen, mehr Abwärmenutzung und den verstärkten Einsatz von Wärmepumpen auch bei Mehrfamilienhäusern im Bestand. 

Die Analyse beruht auf der Auswertung von rund 100.000 Mehrfamilienhäusern mit etwa 1,1 Millionen Wohnungen in Deutschland – und ist laut Techem eine der umfangreichsten ihrer Art und repräsentativ für den Gebäudesektor. Die durchschnittlichen Verbrauchskosten pro Quadratmeter erhöhten sich nach Angaben des Mess- und Energiedienstleisters seit 2021 um 40 Prozent.

Fernwärme mit besseren Emissionswerten

Die Analyse weist Fernwärme als derzeit klimafreundlichsten Energieträger im Mehrfamilienhausbestand aus. Gleichzeitig werden allerdings noch immer 87 Prozent der Gebäude weiterhin fossil beheizt, auch wenn der Anteil um 3 Prozent zurückging. Die gesetzliche CO2-Kostenaufteilung entfaltet laut Techem bislang kaum Wirkung. Mietende tragen noch immer rund 73 Prozent der CO2-Kosten, Vermietende 27 Prozent. Der Anreiz zu Investitionen in Effizienztechnologien bleibe damit gering.

Im Jahr 2024 konnten durch digitale Betriebsoptimierung rund 15,9 Millionen Euro an Betriebskosten vermieden werden. Bereits 65 Prozent der Mehrfamilienhäuser in Deutschland seien ohne Wohnungszutritt ablesbar, 62 Prozent lassen sich vollständig remote erfassen. Dennoch liege Deutschland damit im europäischen Vergleich auf Platz 7. Länder wie Spanien oder die Niederlande seien weiter. Nach EU-Vorgabe müssen bis 2027 alle Gebäude fernablesbar sein.

Der Techem-Atlas zeigt weiter, dass rund die Hälfte der zentral beheizten Mehrfamilienhäuser technisch bereits für den Einsatz von Wärmepumpen geeignet ist. Mit einem Heizkörpertausch würde dieser Anteil auf 90 Prozent steigen. Durch Monitoring und digitale Steuerung lassen sich laut Studie pro Wohnung bis zu einer Tonne CO2 jährlich zusätzlich vermeiden – deutlich mehr als durch individuelles Nutzerverhalten.

Klimaziele erreichbar, wenn Technik greift

Die durchschnittlichen Emissionen pro Wohnung lagen 2024 bei 1,5 t CO2 und damit unter dem Zwischenziel des Klimaschutzgesetzes von 1,8 t. Techem sieht darin einen Beleg, dass technische Lösungen die Dekarbonisierung des Gebäudebestands bis 2045 ermöglichen können.

Techem-CEO Matthias Hartmann betonte bei einer Panel-Diskussion im Aschluss an die Vorstellung des Atlas, dass die Wärmewende ohne Technologieoffenheit und Investitionen in digitale Systeme nicht zu bewältigen sei. Die Kombination aus Monitoring, KI-gestützter Steuerung und transparenter Verbrauchserfassung bietet laut Hartmann die größten Effizienzgewinne bei überschaubarem Aufwand.

An der Panel-Diskussion nahmen auch Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des BDEW, Claudia Kemfert, Professorin für Energiewirtschaft und -politik vom DIW sowie Tanja Loitz von der Klimaschutz-Organisation „CO2 Online“ teil. Kemfert kritisierte, dass der Anteil an fossilen Energieträgern nach wie vor viel zu hoch sei. „Die Sanierungsrate muss sich deutlich erhöhen“, so die Wissenschaftlerin, und mit ihr der Einbau von Wärmepumpen als Schlüsseltechnologie. BDEW-Chefin Andreae widersprach dahingehend, dass sie die Wärmepumpe zwar für wichtig hält. Jedoch sei sie in ihren Augen „ein“, aber nicht „der“ wichtigste Bestandteil der Wärmewende. Auch der Fernwärme-Ausbau dürfe zum Beispiel nicht vernachlässigt werden sowie der sinnvolle und wesentliche Ausbau der Netze.

Loitz betonte unter anderem die Wichtigkeit, die Verunsicherungen, etwa durch politische Debatten, zu adressieren. „Man muss die Irritationen am Markt auffangen“. Sonst werde seitens der Vermietenden und Wohnungseigentümer nicht genügend passieren. 

Der „Atlas für Energie, Wärme & Wasser 2025“ von Techem ist auf der Website des Unternehmens abrufbar. Zudem finden Interessierte erstmals eine interaktive Deutschland-Karte, mit einer Übersicht der Daten auf den Ebenen Bundesländer, Postleitzahlregionen und Großstädte. 
 
Autorin: Heidi Roider