Rechtslücken bremsen Nutzung industrieller Abwärme

Studie des IKEM zeigt: Fehlende Rechtsgrundlagen bremsen Nutzung industrieller Abwärme in Deutschland

07.10.2025

Quelle: E & M powernews

Die Nutzung industrieller Abwärme könnte Städte klimafreundlicher machen. Eine Studie des Instituts für Klimaschutz, Energie und Mobilität zeigt jedoch erhebliche rechtliche Lücken auf.

Industrielle Abwärme gilt mit als Schlüssel zur Dekarbonisierung der Wärmeversorgung. In urbanen Wärmenetzen könnten große Mengen bislang ungenutzter Energie integriert werden. Doch rechtliche Hürden bremsen die Umsetzung entsprechender Projekte. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Instituts für Klimaschutz, Energie und Mobilität („IKEM“) in Berlin, die im Rahmen des Forschungsprojekts „hyBit – Hydrogen for Bremen’s industrial Transformation“ (siehe Infokasten unten) entstanden ist.

Im Mittelpunkt stand die Frage, wie die bestehenden Regelwerke die Nutzung industrieller Abwärme beeinflussen. Am Beispiel eines Stahlwerks im Industriehafen Bremen analysierte die Autorin Charlotte Schwarzer-Geraedts die planungs- und genehmigungsrechtlichen Anforderungen für Anlagen wie Wärmepumpen, Wärmetauscher und Wärmespeicher. Zudem untersuchte sie die rechtlichen Bedingungen für den Bau und Betrieb von Wärmenetzen sowie mögliche Einspeiseansprüche von Abwärmeerzeugern.

Die Untersuchung zeigt, dass die rechtlichen Vorgaben bislang unzureichend sind, um die Potenziale industrieller Abwärme auszuschöpfen. Nach Einschätzung des Ikem ist die Abwärmenutzung in den relevanten Gesetzen nicht ausreichend verankert. Statt klarer Regelungen existiere ein Geflecht verschiedener Rechtsakte, die Projekte komplizieren und Investoren abschrecken.

Aspruch auf Einspeisungn

Als Beispiel führt das Ikem das Einspeiserecht an: Für Produzenten von Abwärme hätten auf Bundesebene bislang kein Anspruch darauf, überschüssige Wärme in bestehende Wärmenetze einzuspeisen. Eine entsprechende Regelung existiere etwa im Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz, fehle aber in anderen Bundesländern. Diese Lücke erschwert laut dem Ikem die wirtschaftliche Umsetzung neuer Wärmenetzprojekte erheblich.

Jana Eschweiler, Leiterin des Fachbereichs Energierecht am Ikem, sieht darin ein zentrales Hemmnis für die Wärmewende. Sie spricht sich für ein einheitliches Fachgesetz aus, das Planung, Genehmigung und Einspeisung klar regelt. Erst ein solcher Rahmen könne die Nutzung industrieller Abwärme rechtlich absichern und Anreize für Investitionen schaffen.

Die rechtliche Unsicherheit hat bislang zur Folge, dass viele Unternehmen auf Abwärmeprojekte verzichten. Nach Einschätzung der Berliner Forscher behindert dies nicht nur die Transformation einzelner Standorte, sondern auch das Erreichen der nationalen Klimaziele. Deutschland hat sich im Klimaschutzgesetz dazu verpflichtet, bis 2045 klimaneutral zu werden – ein Ziel, das ohne den Wärmesektor kaum zu erreichen sei, so das Ikem.

Das Forschungsprojekt „hyBit“

Das Projekt „hyBit – Hydrogen for Bremen’s industrial Transformation“ untersucht, wie Wasserstoff und Abwärmenutzung die industrielle Dekarbonisierung in Bremen vorantreiben können. Unter der Leitung der Universität Bremen arbeiten verschiedene Partner aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zusammen, um neue Konzepte für eine klimaneutrale Industrie zu entwickeln.

Ziel ist es, im Industriehafen Bremen eine beispielhafte Wasserstoff- und Wärmeinfrastruktur aufzubauen. Dabei werden technische, ökonomische und rechtliche Fragen gleichermaßen betrachtet – von der Erzeugung über den Transport bis zur Nutzung.

Das Vorhaben wird vom Bundesforschungsministerium gefördert und ist Teil des Förderprogramms „Wasserstoffrepublik Deutschland“. Neben der Entwicklung von Demonstrationsprojekten sollen die Ergebnisse als Grundlage für energiepolitische Entscheidungen dienen und den Transfer in andere Regionen erleichtern.

Die 55-seitige Studie „Rechtliche Regulatorik industrieller Abwärme − Eine Darstellung der Rahmenbedingungen auf Bundesebene und am Beispiel des Industriehafens Bremen“ ist über die Internetseite des Ikem downloadbar.

Autorin: Davina Spohn