Circular Bioeconomy - 3 Fragen an Prof. Dr. Andreas Künkel

Bei der Circular Bioeconomy wird das Nachhaltigkeitsprinzip weitergedacht: Materialien sollen nicht nur so oft wie möglich wiederverwendet werden, sondern auch biobasiert sein. Welche Ansätze gibt es bereits und welche sind erfolgreich? Und welches Potenzial hat die Circular Bioeconomy? Darüber haben wir mit dem Experten Andreas Künkel gesprochen. Er ist Vice President Biopolymer Research bei BASF und lehrt an der Universität Marburg.

Titel Interview Zirkuläre Bioökonomie

Warum Circular (Bio)Economy?

Herr Professor Künkel, wieso benötigen wir eine Circular (Bio)Economy?

Wenn unser Planet für künftige Generationen lebenswert bleiben soll, müssen wir sorgsam mit seinen Ressourcen umgehen. Das können wir am besten erreichen, indem wir Materialien so häufig wie möglich wiederverwenden. BASF stellt aus diesem Grund den Kreislaufgedanken in den Mittelpunkt ihres Handelns: Bis 2030 wollen wir unseren Umsatz mit Lösungen für die Kreislaufwirtschaft verdoppeln. Damit tragen wir dazu bei, die Ressourcen unseres Planeten zu schonen und senken gleichzeitig CO 2 -Emissionen.

Nutzen biobasierter Materialien

Wie können biobasierte und bioabbaubare Materialien zu einer Circular Economy beitragen?

Hier sind im Wesentlichen drei Bereiche zu nennen:

1. Kompostierbare Materialien wie etwa kompostierbare Frucht- und Gemüsebeutel tragen dazu bei, dass organischer Abfall hygienisch und konsequent gesammelt und zu wertvollem Kompost umgewandelt wird, um so die Nährstoffe wieder in den Boden zurückzubringen. Ein Pilotversuch des Centralen Agrar-Rohstoff Marketing- und Energie-Netzwerks (C.A.R.M.E.N. e. V.) , der in Straubing durchgeführt wurde, hat eindeutig den Nutzen und die Funktionsfähigkeit der kompostierbaren Frucht- und Gemüsebeutel gezeigt. Wir wissen daher, dass dies der richtige Weg im Sinne einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft ist. Aufgrund dieser Erkenntnisse sollten die bioabbaubaren Beutel flächendeckend eingesetzt werden. Damit können wir verhindern, dass wertvolle organische Abfälle deponiert oder verbrannt werden, stattdessen werden sie einfach in den Kreislauf zurückgeführt. Das sind, global betrachtet, derzeit immerhin mehrere hundert Millionen Tonnen pro Jahr.

2. Materialien, die nicht rezykliert werden können, wie etwa Inhaltsstoffe von Waschmitteln. Diese Materialien gelangen in die Kläranlage. Daher wäre es gut, wenn sie biologisch abbaubar wären.

3. Materialien, die als Hilfsstoffe eingesetzt werden und in die Umwelt gelangen, etwa Formulierungshilfsstoffe in Pflanzenschutzmitteln. Diese können in den Boden gelangen. Daher wäre es von Vorteil, wenn sie biologisch abbaubar wären.

Potenziale und Herausforderungen

Wo sehen Sie derzeit die größten Potenziale und Herausforderungen in der Produktion, aber auch in der Anwendung bioabbaubarer und biobasierter Materialien?

Die Potenziale und Herausforderungen sind sehr gut im Positionspapier „Materialien für eine biobasierte Lebens- und Wirtschaftsweise“ des Sachverständigenrats „Bioökonomie Bayern“ beschrieben. Lassen Sie mich noch einmal auf das Beispiel des kompostierbaren Frucht- und Gemüsebeutels zurückkommen. In Italien, Frankreich und Österreich wird er schon im großen Maßstab verwendet. Dann stellt sich natürlich die Frage: Warum tun wir uns in Deutschland damit so schwer? Aus meiner Sicht sind hier zwei Punkte wichtig. Der erste ist die Fähigkeit zu einem konstruktiven, lösungsorientierten Dialog, der Innovationen, Technologieoffenheit und konsequentes Handeln miteinschließt. In Deutschland wird häufig primär darüber diskutiert, was alles nicht funktionieren kann, gepaart mit einem Hang zur Rechthaberei. In diesem Zusammenhang ist uns Österreich mit dem Bündnis „Mikroplastikfrei Österreich“ deutlich voraus. Dort wird konstruktiv und lösungsorientiert diskutiert und gehandelt. Das bringt mich zu meinem zweiten Punkt. Wenn, wie im Straubinger Pilotversuch, die Funktionsfähigkeit und Vorteile einer Lösung klar aufgezeigt werden, sollten diese von der Politik konsequent umgesetzt werden, auch gegen die Partikularinteressen einzelner. Nur wenn die Umsetzung in konkreten Anwendungen erfolgt, kann die Bedeutung und damit der Nutzen der bioabbaubaren und biobasierten Materialien auch tatsächlich wachsen.

Andreas Künkel ist Referent bei unserem Online-Forum „Biopolymere“ am 10. November 2022 . Seien Sie dabei und erfahren Sie, welche Produkte, Technologien und Konzepte zu einer nachhaltigen Zukunft beitragen.