- Bayern Innovativ
- eMagazin
- Detail
BIOINKS – Auf dem Weg zu gedrucktem Fleisch und Organen
30.01.2023
Bioinks als Materialsystem für die Verarbeitung über 3D-Bioprinting sind eine Enabler-Technologie für die Erzeugung von künstlichen Geweben als Organersatz oder von Laborfleisch. Diese Technologie hat demnach Potenziale für die Biotechnologie, Medizintechnik und Nahrungsmittelindustrie. Im Cross-Cluster-Projekt WECLA haben der Cluster Neue Werkstoffe, der Cluster Ernährung, der Chemie-Cluster Bayern, die Koordinierungsstelle Additive Fertigung und das Kompetenz-Netzwerk Digitale Landwirtschaft Bayern Informationen zu zukünftigen Technologiefeldern aufbereitet, um Hintergründe und Anwendungspotenziale aufzuzeigen.

Was sind Bioinks oder Biotinten?
Bioinks oder Biotinten sind eine Formulierung mit Zellen, die mittels eines automatisierten Biofabrikationsverfahrens prozessiert werden und auch biologisch aktive Zusätze und Biomaterialien enthalten können [1]. Biotinten setzen sich häufig aus Stammzellen, Zellkulturmedien zur Versorgung der Zellen mit Nährstoffen und Biomaterialien zusammen. Die Biomaterialien dienen als Strukturmaterial für Zellen und können diese während der Verarbeitung mittels 3D-Bioprinting schützen. Als Materialklasse kommen hier sehr häufig Hydrogele zum Einsatz, welche Polysaccharide, Proteine oder synthetischen Polymere enthalten. Die charakteristische, verbindende Eigenschaft von Hydrogelen ist deren hoher Wasseranteil durch eine hohe Schwellfähigkeit dieser dreidimensionalen Polymernetzwerke.
Was ist 3D-Bioprinting bzw. Biofabrikation?
Das Ziel des interdisziplinären Forschungsfeldes der Biofabrikation ist es, funktionale, biologische Produkte wie künstliche Gewebe zu erzeugen. Bioprinting ist eine spezielle Form des 3D-Drucks und umfasst eine ganze Gruppe an Verfahren, welche Biotinten verarbeiten können. Bekannte Verfahren sind das Inkjet-, das Extrusion- oder das Laser-assisted-Bioprinting. Es befinden sich jedoch auch völlig neue Verfahren in der Entwicklung, wie beispielsweise ultraschallgestütztes Bioprinting.
Wo liegen die technologischen Herausforderungen der Biofabrikation?
Die Herausforderungen für zukünftige industrielle Anwendungen, welche über den Labormaßstab hinausgehen, liegen in der Skalierung der Verfahren, der Erhöhung der Prozessgeschwindigkeit, der Angiogenese der künstlichen Gewebe und der Zellvitalität. Weiterhin werden neue Zusammensetzungen von Zellkulturmedien untersucht und Bioreaktoren entwickelt, welche auf Kostenreduktion und Großproduktion hinwirken.

Wo liegen die Anwendungsfelder?
Bioinks und Bioprinting sind von Interesse für die Medizintechnik und Pharmaindustrie. Die Erzeugung künstlicher Gewebe für Medikamententests oder als Teil von in-vitro Krankheitsmodellen kann zur Reduzierung von Tierversuchen führen. Neben den Kosteneinsparungen liegen auch die ethischen Aspekte auf der Hand. Weiterhin könnten künstliche Organe den bestehenden Mangel an Spenderorganen ausgleichen.
Die Erzeugung von gedrucktem zellbasierten Fleisch im Labor bzw. in der Fabrik, auch als Cellular Agriculture bezeichnet, würde das Konzept der konventionellen Tierhaltung herausfordern. Zukünftige Vorteile könnten eine Reduktion von CO 2 -Emissionen und weniger Massentierhaltung sein. Auch in Kombination mit alternativen Proteinen als Ersatz für Fisch und Fleisch kann die Technologie zur Anwendung kommen.
Wie steht es um die wirtschaftliche Verwertung?
Es gibt weltweit bereits zahlreiche Start-Ups, welche sich den beschriebenen technologischen Herausforderungen widmen. Sie arbeiten an der Entwicklung von Hydrogelen, neuartigen Zellkulturmedien für den Ersatz von fötalem Kälberserum und innovativen Bioreaktoren oder Biodruckern.
Wird die Technologie in Zukunft bedeutend sein?
Mit den beschriebenen möglichen Einsatzfeldern im Bereich der medizinischen Versorgung und der Lebensmittelerzeugung können Bioinks und Bioprinting einen wichtigen Beitrag zur Lösung bestehender Herausforderungen liefern. Die Marktprognosen gehen davon aus, dass sich die erzielten Einnahmen aus dem Bioprinting von 182 Mio. € im Jahr 2022 auf 1,2 Mrd. € im Jahr 2028 erhöhen werden, wobei 70 % des Umsatzes mit Anwendungen und Dienstleistungen erzielt würden [2].
Quellen:
[1] Groll J. et al; A definition of bioinks and their distinction from biomaterial inks; Biofabrication 11 013001; 2019; DOI: 10.1088/1758-5090/aaec52
[2] https://3druck.com/industrie/bioprinting-industrie-wird-bis-2028-vorraussichtlich-auf-12-milliarden-us-dollar-wachsen-49112958/?utm_source=mailpoet&utm_medium=email&utm_campaign=22kw44 , aufgerufen am 20.01.2023
Mehr Infos zum Thema:
Das könnte Sie auch interessieren:
Bioprinting: Organe aus dem 3D-Drucker?
Stellen Sie sich eine Welt vor, in der das Warten auf Organspenden der Vergangenheit angehört. Eine Welt, in der maßgeschneiderte, lebensrettende Organe einfach aus einem 3D-Drucker kommen. Klingt nach Zukunftsmusik? Vielleicht nicht mehr lange. Erfahren Sie mehr in diesem Podcast. Gleich anhören!