Wie kann der 3D-Druck die traditionelle Bauweise revolutionieren?
Florian Greiser und Werner Greiner über die Zukunft und Chancen von 3D-Druck im traditionellen Bau
Der 3D-Druck im Bauwesen eröffnet spannende Perspektiven für die Zukunft. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig, von der schnellen Erstellung von Prototypen bis hin zu kompletten Wohngebäuden. Der Einsatz der Additiven Fertigung wird immer wichtiger, da er nicht nur die Effizienz steigert, sondern auch Ressourcen schont und individuelle Designs ermöglicht. Kann diese innovative Technologie die konventionelle Bauweise revolutionieren oder gar ablösen? Auf diese und weitere Fragen liefern Ihnen Florian Greiser und Werner Greiner von der EIGNER Betonmanufaktur im nachfolgenden Interview spannende Antworten. Zudem beleuchten wir die Potenziale und Herausforderungen des 3D-Drucks im Bauwesen.
Werner, wo siehst Du die Einsatzmöglichkeiten des 3D-Drucks?
Werner Greiner: Ich sehe den Einsatz von der 3D-Technik als nahezu unbegrenzt. Sei es vom Privatbereich, über die Industrie, Medizin, Architektur oder Raumfahrt – in allen Bereichen setzt sich diese 3D-Technik immer mehr durch. Es geht los bei Prototypen, Bauten, Spezialteilen bis hin zu Kleinteilen. Alles ist mit dieser Technik möglich und vor allem kann man sie in seinem eigenen Unternehmen einsetzen.
Warum gewinnt diese Technologie des 3D-Drucks so signifikant an Bedeutung?
Florian Greiser: Unserer Meinung nach gewinnt die Technologie immer mehr an Bedeutung, weil man hier sehr kurze Wege hat von der Planung bis zur Fertigung. Das heißt, man kann sehr schnell eingreifen, wenn irgendwas geändert werden muss. Man macht sich natürlich in gewisser Weise auch unabhängig von Lieferketten oder auch Zulieferern. Zudem haben wir hier auch einen sehr hohen Grad an Individualisierung, die man ermöglichen kann. In unserem Unternehmen machen wir es so, dass wir auftragsspezifisch produzieren. Das heißt, wenn ein Auftrag kommt, dann wird das Bauteil genau dann erst produziert, wenn der Kunde das möchte. Der Vorteil ist, dass wir eben mit der 3D-Drucktechnologie gerade im Betonbereich Freiformen erstellen können, die bisher so nicht machbar waren.
Aus welchen konkreten Gründen seid Ihr in die 3D-Druck-Technologie eingestiegen und wie haben sich Eure Prozesse verbessert?
Florian Greiser: Auch wir in der Baubranche haben tatsächlich mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen. Die Idee war, aktuelle Technologien zu nutzen und diese auch in der Baubranche, die ja manchmal etwas hinterherhinkt, sinnvoll einzusetzen. Wir sehen das Ganze tatsächlich als sinnvolle Ergänzung im Bauwesen. Bei uns im Unternehmen werden Arbeitsabläufe vereinfacht, zum Beispiel im Bereich der integrierten Schalungen oder auch Aussparungen. Diese wurden bisher immer von Hand gebaut. Jetzt können sie tatsächlich 3D gedruckt werden. Das heißt, die Bauteile werden bei uns im Werk vorproduziert und können dann auf die Baustelle geliefert, eingebaut und somit eine dauerhafte Verbindung mit dem Betonteil eingehen.
Ihr habt vorhin den Aspekt der Aussparungskörper erwähnt. Was sind Aussparungs - bzw. Hohlkörper genau und welche Vor - und Nachteile bringen sie mit sich?
Werner Greiner: Wir haben uns spezialisiert auf zwei Arten der Aussparungskörper. Einmal die klassischen Schalungssysteme, die momentan noch aus Holz produziert werden. Das Holz wird im Endeffekt zusammengesägt, genagelt, geschraubt, eingebaut und anschließend wieder ausgebaut. Diese Technik wollen wir sinnvoller gestalten und über den 3D-Druck lösen. Wir drucken diese Aussparungen und liefern sie auf die Baustelle. Die werden nur noch aufgesetzt auf den Schalungen. Sie werden verbetoniert und als integrierte Schalung bleibt diese dann im Bauwerk und muss nicht mehr ausgebaut werden. Die andere Variante, die wir entwickelt haben, sind die sogenannten Hohlkörper. Das sind also dünnwandige Aussparungskörper, mit der wir in den klassischen Becken Platz schaffen und Verdrängungen, damit wir weniger Material einsetzen müssen und das Material oder der Beton nur noch da verbaut wird, wo wir ihn tatsächlich brauchen. Wir werden ihn dementsprechend sinnvoll einsetzen. Wir sparen dadurch jede Menge an Beton und Betonstahl – also an Materialeinsatz. Somit führt es auch zu einer CO2-Reduktion im ganzen Bauwerk. Das sind die Gründe, warum wir die Technologie vorantreiben wollen, um den Massivbau sinnvoll und nachhaltig zu gestalten.
Ich sehe die 3D-Technik nicht als Ablösung der konventionellen Bauweise. Ich sehe sie als sinnvolle Ergänzung und als Vereinfachung im Bauwesen.
Werner Greiner
Vertriebsleiter, Eigner Bauunternehmung GmbH
Was ratet Ihr anderen Unternehmen aus Eurer Branche, die ebenfalls in den 3D-Druck einsteigen möchten?
Florian Greiser: Man sollte sich vorher einen sinnvollen Einsatzzweck überlegt haben. Es ist nicht damit getan, sich nur einen Betondrucker zuzulegen, sondern man sollte schon grob eine Idee haben, was man damit später anfangen möchte. Bei uns hat sich das Ganze recht organisch entwickelt. Der Grundgedanke, Aussparungskörper nicht mehr aus Holz herzustellen, sondern aus Beton zu produzieren war eigentlich der erste Aufschlag und im Nachgang haben sich daraus Designprojekte entwickelt sowie die Hohlkörperdecken. Man sollte sich vorher überlegen, für welche Sparte oder für welche Richtung ich mich entscheide und einsteigen möchte.
Werner Greiner: Es geht im Endeffekt auch darum, dass, egal für welche Sparte ich mich entscheide, es wiederum verschiedene 3D-Systeme und Drucktechniken gibt, die dann speziell auf die einzelnen Sparten ausgerichtet sind. Deswegen ist es wichtig, den Plan zu definieren, den Weg, wo ich hin möchte, welche Technik ich dazu brauche und welche Einsatzmöglichkeiten ich dafür habe.
Merke ich als Endverbraucher, dass das Haus mit 3D-Druckbauteilen hergestellt wurde?
Florian Greiser: Das hängt ganz davon ab, ob man es sehen möchte oder nicht. Man kann den Betonendruck auch als Designelement einsetzen, wenn man das möchte. Man kann das Ganze auch verkleiden, was wir natürlich schade finden, weil die Technologie durchaus auch recht ästhetisch aussehen kann. Im Deckenbereich könnte man z. B. Hohlkörper sehen. Man kann aber die Hohlkörper auch so verbauen, dass man sie später nicht sieht. Ähnlich ist es auch in Wänden. Man kann auch Wände entsprechend mit dieser 3D-gedruckten Optik belassen oder sie verputzen. Aber nachdem sich der 3D-Druck doch an Beliebtheit erfreut, ist es schön anzusehen.
Stichwort Design. Ihr habt im Jahr 2023 den Deutschen Architekturpreis für Beton gewonnen. Wofür wurdet Ihr genau ausgezeichnet?
Florian Greiser: Ja, wir wurden für ein Projekt ausgezeichnet, das wir im Jahr 2022 abgeschlossen hatten. Die Stadt Nördlingen hat ein soziales Wohnbauprojekt umsetzen wollen und wir waren mit den Rohbauarbeiten betraut und haben dann tatsächlich die Möglichkeit ergriffen, hier auf der Decke oder in der Decke über der Tiefgarageneinfahrt unsere Hohlkörper einzusetzen. Das Ganze haben wir in Kooperation mit der Technischen Uni Graz gemacht. Ziel dabei war, viel Beton und Betonstahl einzusparen. Das Projekt nennt sich Concrete Lightweight Ceiling. Hier haben wir insgesamt rund 180 Hohlkörper in die Decke eingebaut. So konnten wir 40 % Beton, rund 30 % Betonstahl und insgesamt rund 35 % CO2 einsparen im Vergleich zur ursprünglich geplanten Bauweise. Dafür wurden wir im letzten Jahr mit dem Deutschen Architekturpreis Beton ausgezeichnet. Wir sind sehr stolz darauf, dass wir diese Technologie schon jetzt so früh einsetzen konnten und entsprechend honoriert wurde. Es gibt uns auch die Möglichkeit, dass wir in Zukunft weiter an dem Thema dranbleiben und forschen können. Wir hoffen, dass es bald noch mehr Decken gibt, die entsprechend ressourcenschonend gebaut werden können.
Werner Greiner: Das Wichtige an dieser Decke war auch, dass sie ein ganz normales Genehmigungsverfahren durchlaufen hat. Als Vorlage hatten wir eine altbekannte und bewährte Rippendecke genommen. Das heißt, die Statik konnte ganz normal geplant werden und wir brauchten in diesem Fall keine Zulassung im Einzelfall, sondern wir konnten das ganz normal bauen, um diese Vorschriften, die wir erwähnt haben, zu erfüllen. Das macht uns sehr stolz, dass wir das mit so vielen Partnern erreicht haben und den Massivbau hier nachhaltig voranbringen wollen.
Wird der 3D-Druck die konventionelle Bauweise ablösen?
Werner Greiner: Wir sehen die 3D-Technik nicht als Ablösung der konventionellen Bauweisen. Wir sehen sie eher als sinnvolle Ergänzung oder als Vereinfachung von Bauwesen, weil wir durch diese Herstellungsmöglichkeiten, die wir hier generieren über den 3D-Druck, einfach Teile vorproduzieren können. Wir können sie für die Baustelle praktikabler machen und es besteht immer noch ein gewisser und auch schwieriger Genehmigungsprozess im Baubereich, den wir bei diesem Thema nicht ganz umgehen können – noch nicht. Wir hoffen, dass sich das alles auch bei diesem Thema hin richtet. Wir sehen es eher in der Richtung, dass wir sagen, durch diese 3D-Technik können wir tolle neue Formen mit altem und bekannten Material herstellen und in den Designbereich in diese Häuserproduktionen miteinbringen.
Das Interview führte Dr. Tanja Jovanovic, Leitung Marketing und Innovationsmanagement, Mitglied der Geschäftsleitung, Bayern Innovativ GmbH, Nürnberg.
Hören Sie sich das vollständige Interview als Podcast an:
3D-Betondruck: Bauteile ressourcenschonend und nachhaltig produziert (11.09.2024)
Florian Greiser und Werner Greiner von der EIGNER Betonmanufaktur erklären Ihnen, warum 3D-Betondruck immer mehr an Bedeutung gewinnt und wie Bauteile umweltfreundlich hergestellt werden. Gleich anhören und in eine nachhaltige Zukunft starten.