Ritzelwelle, eine Kombination aus Zahnrad und zugehöriger Welle

Grenzenlose Gestaltungsfreiheit

26.03.2020

Autor: Schmitt Matthias, Gruppenleiter Additive Fertigung, Fraunhofer IGCV Das Fraunhofer IGCV verfügt über fundierte und branchenübergreifende Erfahrung im Bereich Additive Fertigung. Zusammen mit dem Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften der Technischen Universität München (iwb) betreibt das Fraunhofer IGCV das AMLab, eines der größten Labore zur Additiven Fertigung in Europa.

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Beschreibung des Bauteils: Bei der „Ritzelwelle“ handelt es sich um eine Kombination aus Zahnrad und zugehöriger Welle. Diese wurden im Entwicklungsprozess am Fraunhofer IGCV zu einem Bauteil zusammengefasst. Hergestellt wurde das Bauteil aus dem Einsatzstahl 16MnCr5 mittels Laser-Strahlschmelzen. Anwendung findet das Bauteil in hoch belasteten Getrieben.

Additiv gefertigte Ritzelwelle aus 16MnCr5 Modell
Additiv gefertigte Ritzelwelle aus 16MnCr5 (Bildnachweis: Fraunhofer IGCV)
Additiv gefertigte Ritzelwelle aus 16MnCr5
Additiv gefertigte Ritzelwelle aus 16MnCr5 (Bildnachweis: Fraunhofer IGCV)

Herausforderungen: Wenn es darum geht, den Anforderungen im Getriebebau gerecht zu werden, stoßen herkömmliche Verfahren und Materialien an ihre Grenzen. Um die Einsatzgrenzen zu erweitern und die Ressourceneffizienz zu erhöhen, eignen sich Verfahren aus der Additiven Fertigung. Sie bieten sich vor allem zur Reduktion der Bauteilmasse oder für die Integration von Funktionen an. Innerhalb der Ritzelwelle lag ein begrenzter Bauraum im Getriebe vor, der bestmöglich genutzt werden sollte. Ebenso wurden hohe Anforderungen an das Temperatur- und Schmierverhalten der Zahnradpaarung gestellt.

Lösung: Um die hohen Ansprüche zu erfüllen, führte das Fraunhofer IGCV ein Redesign des Bauteils durch. Zuerst wurden die beiden Bauteile Zahnrad und Welle zu einem Bauteil zusammengefasst (Bauteilintegration). Danach wurde ein innenliegender Kühlschmierstoff-Kanal entwickelt, welcher helixförmig von der Welle bis in den Zahnkopf führt. Somit ist es möglich, die Schmierung bestmöglich zu gewährleisten und die Zahnflankentemperatur zu senken. Durch die helixförmige Geometrie wird eine Selbstförderung des Schmiermittels erzeugt. Um diese Kühlkanäle herum wurde eine rechnergestützte Leichtbauoptimierung (Topologieoptimierung) ausgeführt. Hierbei werden wenig belastete Bereiche entfernt, während hoch belastete Bereiche erhalten bleiben. Damit konnte eine kraftflussoptimierte Geometrie erzeugt werden, welche die Bauteilmasse um 70 Prozent im Vergleich zur herkömmlichen Kombination aus Welle und Zahnrad senkt. Um die Fertigung durch das Laser-Strahlschmelzen zu ermöglichen, entwickelten die beteiligten Forschenden eine selbsttragende Stützstruktur für die Zahnflanken. Diese besteht aus verzweigten Ästen und wurde durch das Anwenden von bionischen Entwicklungsmethoden konstruiert. Um die geforderten Materialeigenschaften zu erreichen, wurde am Fraunhofer IGCV die Verarbeitung des Materials 16MnCr5 für das Laser-Strahlschmelzen möglich gemacht. Der Einsatzstahl 16MnCr5 weist einen Kohlenstoffgehalt von 0,16 Masseprozent auf und erfordert daher geeignete Prozessparameter, um die riss- und porenfreie Verarbeitung zu garantieren. Abschließend wurde die Ritzelwelle mit selbsttragendem Support aus 16MnCr5 am Fraunhofer IGCV gefertigt.

Fazit: Nur durch die Additive Fertigung konnten die Anforderungen des geringen Bauraums und der hohen Leistungsfähigkeit bestmöglich in einem Bauteil erfüllt werden. Das Einsatzgebiet und die damit gewonnenen Erfahrungen lassen sich in den Branchen Automobil, Luft- und Raumfahrt sowie im allgemeinen Maschinenbau einsetzen. Die Additive Fertigung erhöht die Leistungsfähigkeit und verbessert die Ressourceneffizienz.

Allgemeine Informationen zum Bauteil:
Material: Metall Verfahren: Powder Bed Fusion Wertschöpfungskette: In-Processing Branche: Automobil, Luft- und Raumfahrt, Energietechnik, Maschinenbau Produktionsmenge: 3 Stück Hersteller: Fraunhofer IGCV