Künstliche Intelligenz in der Produktion

Wie kann Künstliche Intelligenz für Unternehmen nachhaltig sein?

/de/seite/ueber-bayern-innovativDie Anwendungsbereiche von Methoden der KI in der Produktion sind vielfältig, ergebnisorientiert und erfolgsversprechend. Von Lösungen für die Produktentwicklung bis hin zur Prozessoptimierung. All das vereint die Methode in sich – und kann darüber hinaus noch viel mehr! In Augsburg findet hierzu gerade ein spannendes Projekt mit zahlreichen Partnern aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft statt: das KI-Produktionsnetzwerk Augsburg. Wie das Netzwerk aufgebaut ist und was zu seinen Aufgabengebieten zählt , erklärt im nachfolgenden Interview Prof. Dr. Markus Sause, Professor für Mechanical Engineering und Direktor des KI-Produktionsnetzwerks an der Universität Augsburg.

Künstliche Intelligenz in der Produktion
Die Anwendungsbereiche von Methoden der KI in der Produktion sind vielfältig, ergebnisorientiert und erfolgsversprechend.

Welche Gründe bewegen derzeit zunehmend mehr Unternehmen, auf Künstliche Intelligenz zu setzen?

Prof. Dr. Markus Sause: Produzierende Unternehmen sind in der Tat immer auf der Suche nach Optimierungsmöglichkeiten, damit sie im nationalen und internationalen Wettbewerb weiter bestehen können. Aktuell gibt es da einige zentrale Herausforderungen, gerade was den Einsatz von Energie betrifft. Aber natürlich auch der Einsatz von nachhaltigen Rohstoffen ist ein zentrales Thema, das viele Unternehmen beschäftigt. Jenseits der klassischen Herangehensweisen ist die Künstliche Intelligenz und all die Möglichkeiten, die sich damit verbinden, sicherlich eine ganz wichtige Spielart, die viele Unternehmen umtreibt. Wir treten mit dem KI-Produktionsnetzwerk gerade da an, um den Unternehmen auf ihrem Weg dorthin zu helfen.

Setzen Unternehmen KI in ausreichendem Maße ein, oder gibt es Steigerungspotenzial?

Prof. Dr. Markus Sause: Es steckt natürlich an vielen Stellen noch in den Kinderschuhen und es gibt einige ausgezeichnete Unternehmen, die in die Vorreiterrolle gehen und das schon auch sehr konsequent einsetzen. Hier merkt man durchaus die starken Stellhebel. Es gibt aber in der Breite noch sehr viele Unternehmen, die noch aus verschiedenen Gründen sehr zögerlich sind, KI für sich einzusetzen. Oder es gibt Unternehmen, die sich gerade aktiv auf den Weg machen – und das sind jetzt natürlich genau auch die Unternehmen, mit denen wir die ersten Projekte gestartet haben. Aber es ist sicherlich noch Luft nach oben.

Für viele scheint Künstliche Intelligenz eine Art Blackbox zu sein. Ist das der Grund, dass gerade KMU noch mit Skepsis reagieren?

Prof. Dr. Markus Sause: Das ist sicherlich bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen noch stärker verbreitet. Aber es treibt nicht nur die um. Dieses Thema, dass man nicht versteht oder weiß, was die KI macht, ist schon ein zentrales Thema. In den komplexeren Ausprägungen der Algorithmen mag das auch durchaus zutreffen, aber es gibt als starken Kontrast dazu eigentlich schon auch sehr überschaubare Probleme und Lösungsansätze mit KI. Wenn man sich jetzt mal auf den Ast des maschinellen Lernens begibt, ist es letztlich so, dass man natürlich klassische Steuerungs- und Regelungs-Algorithmen täglich einsetzt – in der Automatisierung. Hier ist jetzt der Ansatz mit maschinellem Lernen eigentlich nur der konsequente nächste Schritt. Aber es ist sehr überschaubar, was dort an Daten reingeht und es ist auch sehr klar, was für Entscheidungen getroffen werden. Deswegen ist dieses Blackbox-Denken an der Stelle nicht hilfreich, sondern man muss KI eigentlich nur als Handwerkszeug verstehen, mit dem man die etwas komplizierteren Fragestellungen bewältigen kann.

Sie versuchen mit Ihrem KI-Produktionsnetzwerk diese Blackbox aufzusperren. Wie gehen Sie das an?

Prof. Dr. Markus Sause: Wir wollen KI für eine nachhaltigere Produktion nutzen. Die Nachhaltigkeit ist, denke ich, etwas, das mittlerweile auch viele Unternehmen für sich entdeckt haben. Und es bedeutet natürlich, dass Produktionsprozesse in der Zukunft entsprechend anders ablaufen müssen. Wenn man sich das im Einzelnen anschaut und sich die Fertigung heute vor Augen führt, dann ist es ganz oft eine Kette an Dingen, die hintereinander gereiht werden – im physischen wie im organisatorischen Sinne. Wir möchten das umbauen zu einem Netzwerk, das in sich dann entsprechend auch ausfallssicherer und dynamischer wird, das aber auch individualisierte Produktion zulässt und eben insbesondere unter Energie- oder Ressourcen-Optimierung sich entsprechend adaptieren kann. Das ist natürlich eine sehr große Vision, die wir vor uns hertragen. Aber letztlich wollen wir mit den verschiedenen Spielarten, wie man mit uns zusammenarbeiten kann, die Unternehmen dazu befähigen, diese Vision dann auch für sich umsetzen zu können. Das bedeutet, wir haben einerseits den Antrieb, unser Wissen, unsere Lösungen zu transferieren in die Unternehmen, sodass diese nutzbar werden. Aber wir bieten andererseits auch zahlreiche Möglichkeiten, wie die Unternehmen vom KI-Produktionsnetzwerk profitieren können. Sie können sich in Projekten engagieren, indem wir sie mit den Ausbildungsprogrammen, die wir zusammen mit regionalen Partnern IHK und HWK initiieren, dann auch entsprechend für die aktuellen Belegschaften weiter qualifizieren können.

Wir wollen KI für eine nachhaltigere Produktion nutzen. Nachhaltigkeit ist etwas, das mittlerweile viele Unternehmen für sich entdeckt haben. Und dies bedeutet, dass Produktionsprozesse in der Zukunft entsprechend anders ablaufen müssen.

Prof. Dr. Markus SauseLehrstuhlinhaber an der Professur Mechanical Engineering und Direktor des KI-Produktionsnetzwerks an der Universität Augsburg

Wie ist das KI-Produktionsnetzwerk genau aufgebaut, wer sind die Player und wer sind die Akteure?

Prof. Dr. Markus Sause: Aktuell sind es im KI-Produktionsnetzwerk vier Forschungspartner, die sich dahinter verbergen. Das ist neben der Universität Augsburg, die Hochschule für Angewandte Wissenschaften Augsburg, das Fraunhofer IGCV und das DLR ZLP – alle in Augsburg vertreten. Wir tragen gemeinsam diese Forschungslandschaft und diese vorher genannte Vision vor uns her und möchten, dass sich die Unternehmen bestmöglich mit diesen Einrichtungen vernetzen können. Dazu gibt es drumherum noch viele Branchenverbände, die uns hier begleiten, insbesondere auch Bayern Innovativ mit Technologietransfer Managern, damit dieser Brückenschlag zwischen den Forschungseinrichtungen und den Unternehmen möglichst effektiv stattfinden kann. Ziel ist es, dass in diesem Kontext neue Projekte initiiert werden, damit die Unternehmen am Ende des Tages auch was in der Hand halten. Es ist aber auch so, dass wir an der Universität Augsburg gerade konkret das KI -Werk aufbauen. Also eine große Forschungseinrichtung mit 5.300 Quadratmetern Fläche, wo Produktionsanlagen im reellen Industrie-Maßstab aufgebaut werden. Und diese Flächen sollen insbesondere auch für die Zusammenarbeit mit Industrieunternehmen genutzt werden. Das bedeutet, man kann sich dort mit seinen eigenen Anlagen niederlassen, sowohl physisch als auch auf der Software-Seite vernetzen mit anderen Anlagen. Hier kann man neue Automatisierungs-Ansätze ausprobieren, an einem 5G Testbetrieb partizipieren und damit insbesondere für Unternehmen, die vielleicht nicht die eigenen Möglichkeiten mit großen Forschungsabteilungen haben, hier letztlich die Möglichkeit bieten, in dieses Setting reinzugehen und die neuesten Ansätze durchspielen zu können.

Kann man das Netzwerk als „Spielwiese“ verstehen, wo ausprobiert wird und man von- und miteinander lernt? Sie haben ja tatsächlich eine Halle im Aufbau, wo das physisch stattfindet.

Prof. Dr. Markus Sause: Ganz genau. Es wäre auch unser Antrieb, dass diese eben dann genauso genutzt wird, dass dort auch die Start-ups und Spin offs bzw. kleinen und mittelständischen Unternehmen dann den großen Konzernen begegnen, weil dort in dieser Halle dann wirklich Forschung stattfindet, die dann auch zu einer Vernetzung führt. Wir denken dieses KI-Produktionsnetzwerk im doppelten Sinne – natürlich als Netzwerk aus Personen und Einrichtungen, die sich da miteinander vernetzen, aber eben auch ganz real ein Netzwerk für die Produktion, dass sich dort in dieser Halle widerspiegelt.

Wo soll das KI-Produktionsnetzwerk in den nächsten zehn Jahren stehen? Welche Ziele verfolgen Sie?

Prof. Dr. Markus Sause: Ich habe natürlich einerseits die große Vision schon kurz geschildert, dass wir dieses flexible, modular aufgebaute physische Netzwerk dann in unserem KI-Werk stehen haben werden. Es ist aber so, dass das ein lebendiges Konstrukt ist und vom Austausch lebt. Wir hoffen natürlich, dass wir in den nächsten zehn Jahren viele Unternehmen auf ihrem Weg zur Nutzung von KI in ihrer Produktion begleiten können und diese auch entsprechend hebeln können mit unseren Forschungsergebnissen. Wir denken aber auch als Forscher immer weit voraus. Deswegen bin ich mir sicher, dass wir in zehn Jahren damit noch nicht fertig sein werden, sondern dass wir dann hier am Standort Augsburg eine doch sehr einmalige und ausgewiesene Einrichtung haben werden. Diese hilft den Unternehmen weiter auf ihrem Weg und kann vielleicht auch in zehn Jahren noch entsprechend die neuesten Technologien dort implementieren.

Das Interview führte Christoph Raithel, Teamleiter Event bei der Bayern Innovativ GmbH.

Hören Sie sich das vollständige Interview als Podcast an:

KI - das Allroundtalent in der Produktion?!

Entdecken Sie die vielfältigen Anwendungsbereiche von KI-Methoden in der Produktion in unserer Podcast-Folge mit Prof. Dr. Markus Sause - Lehrstuhlinhaber an der Professur Mechanical Engineering und Direktor des KI-Produktionsnetzwerks an der Universität Augsburg.

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