Brennstoffzellen - Typen, Anwendungen, Wirtschaftlichkeit

Autor: Dr. Klaus Hassmann, Cluster Energietechnik (Oktober 2016) (Anm. der Redaktion: Der Artikel ist von 2016. Die Zahlen zu den Wirkungsgraden und Preisen können heute bereits überholt sein.) In den Industrieländern werden diverse Brennstoffzellen-Technologien seit vielen Jahrzehnten entwickelt. Bis heute haben sich nur einige wenige Typen in hochpreisigen Marktnischen, wie in der Raumfahrt oder im Bereich der Rüstung im U-Boot etabliert. Der Durchbruch in den Massenmarkt als Strom- und Wärmeerzeuger oder als Fahrzeugantrieb im Straßenverkehr lässt noch auf sich warten.

Die Betriebserfahrung aus den Feldtests und verstärkte Entwicklungsanstrengungen lassen in den nächsten 10 bis 20 Jahren den Durchbruch für die Polymer- Elektrolyt- Membran – Brennstoffzelle für mobile und stationäre Anwendungen (Kraft Wärme Kopplung, KWK) erwarten. Außenseiterchancen hat noch die Festoxid Technologie, deren Einsatz auf stationäre Anwendungen begrenzt ist. Diese Mittelfrist-Perspektive ist den noch hohen Kosten für den innovativen, elektrochemischen Teil, nämlich der Zelle bzw. dem Zellstapel (auch Stack genannt) geschuldet. 

Arten von Brennstoffzellen

In USA, in Japan und in Europa wird seit Mitte des vorigen Jahrhunderts an der elektrochemischen Umsetzung von Brenngas (in der Regel H2) und dem Oxydationsmittel (O2) in elektrischen Strom gearbeitet. Die Typen unterscheiden sich vor allem in ihrer Betriebstemperatur, in den verwendeten Werkstoffen und im geometrischen Aufbau; nach der Betriebstemperatur sortiert sind das:

  • Polymer-Elektrolyt-Membran Brennstoffzelle (PEMFC): 150 – 200 °C
  • Alkalische Brennstoffzelle (AFC): 150 – 220 °C
  • Phosphorsäure Brennstoffzelle (PAFC): 150 – 220 °C
  • Schmelzkarbonat Brennstoffzelle (MCFC): 550 – 700 °C
  • Festoxid Brennstoffzelle (SOFC):  600 – 1.000 °C

Die Abkürzungen in Klammern werden international verwendet: PEMFC: Polymer Electrolyte Membrane Fuel Cell; AFC: Alkaline Fuel Cell PAFC Phosphoric Acid Fuel Cell; MCFC Molten Carbonate Fuel Cell SOFC: Solid Oxyde Fuel Cell

Wirkungsweise der Brennstoffzellen

Brennstoffzellen produzieren Gleichstrom bei niedriger Spannung. Prinzipiell sind sie aus zwei gasdurchlässigen Elektroden und einer die Gase trennenden, ionenleitenden Elektrolytschicht aufgebaut. Auf der Anodenseite (+) wird das Brenngas Wasserstoff katalytisch oxidiert; das H2  spaltet sich auf in 2H+ und 2e-. Die Elektronen gelangen über den äußeren Verbraucherstromkreis zur Kathode (-), wo das Oxidationsmittel Sauerstoff katalytisch reduziert wird – es bildet sich O2-; je nach Elektrolyttyp wandern die Wasserstoff-Protonen von der Anode zur Kathode (PEMFC, PAFC) oder die Anionen in entgegengesetzter Richtung (AFC, MCFC, SOFC), treffen dort auf den Reaktionspartner und reagieren zu Wasser 2H+ + O2- → H2O. Als Bruttoreaktion ergibt sich: H2 + 1/2O2 → H2O.

Aufbau der Brennstoffzellen

Das Brennstoffzellensystem besteht aus dem Stack als zentrale Komponente und der Peripherie; letztere setzt sich aus diversen Anlagenteilen für das Brenngas- und Abgas-Management sowie für die Umwandlung des erzeugten Gleichstroms auf Wechselstrom, aus Mess-, Regeltechnik und ggf. Netzanbindung zusammen, um die wichtigsten Elemente zu nennen. Nicht nur aus Kostengründen muss der Stack eine möglichst hohe Anzahl an Betriebsstunden erreichen; für stationäre Anwendungen ist von 40.000 Stunden (etwas mehr als 4,5 Jahre) zu lesen. Nach dieser Einsatzzeit muss der Stack ausgetauscht werden. Die Peripherie der Anlage wird jedoch weiter genutzt. Bei der mobilen Anwendung dürften wegen der zahlreichen Lastwechsel sowie Ein- und Ausschaltvorgängen je nach Nutzungsart andere Zielwerte gelten.  

Bewertung der Typen

Man braucht nicht das Internet zu bemühen, um festzustellen, dass die PEMFC bei der Forschung/Entwicklung und in Feldtests in der Wirtschaft und an Hochschulen die höchste Aufmerksamkeit genießt. In der Gunst abgeschlagen folgt die SOFC mit deutlichem Abstand auf Platz 2. AFC, PAFC und MCFC haben in den letzten beiden Jahrzehnten nicht nur in Deutschland sondern auch international an Bedeutung verloren. Teils lag das an technischen Problemen, die bei Feldtests auftraten, teils am fehlenden Vertrauen der Entwicklungs-Firmen, gegen die Konkurrenz die für die Marktdurchdringung erforderliche Kostendegression zu erreichen. Vielleicht war es in der weiter zurückliegenden Vergangenheit auch ein Fehler, gleich zu Beginn auf zu große Leistungseinheiten zwischen 100 kW bis 1 MW zu setzen. Heute sind es fast nur Anlagen im niedrigen einstelligen kW-Bereich.

Warum ist die PEMFC im Fokus des Interesses? Sie ist sowohl für den stationären Einsatz im KWK-Bereich als auch für die mobilen Anwendungen geeignet. So kann die Technologie für die stationären Anwendungen von der Entwicklung für das Fahrzeug profitieren und umgekehrt. Die PEMFC kann mit Wasserstoff betrieben werden; dieser ist im Moment nicht flächendeckend verfügbar und es wird noch dauern, bis diese Verteilungsdichte erreicht ist. Die PEMFC kann auch mit Kohlenwasserstoffen betrieben werden; Erdgas zum Beispiel muss an der Peripherie der Anlage in reinen Wasserstoff (Reformierung und Shift) umgewandelt werden; das erfordert zusätzlich Aufwand und Kosten in der Umwandlung und Gasreinigung; CO und CO müssen abgetrennt werden, da die PEMFC sehr empfindlich auf diese Anteile reagiert. Zu erwähnen wäre noch, dass es einen PEMFC-Typ gibt, der Methanol direkt umwandelt.

Die hohe Betriebstemperatur der SOFC ist Segen und Fluch zugleich. Segen, weil sie elektrochemisch Kohlenwasserstoffe im Stack selbst ohne zusätzliche periphere Komponenten in ihre Bestandteile Wasserstoff, CO und CO2 zerlegt und H2 wie auch CO zur Stromerzeugung beiträgt. Das CO2 wird durchgeschleust ohne weiteren Schaden anzurichten. Die erzielbaren elektrischen Wirkungsgrade sind mit bis zu 60% auch deutlich höher als bei der PEMFC (um 40%). Zusätzlich werden im Vergleich zur PEMFC unedlere, billigere Materialen im Stack verarbeitet. Fluch ist die die hohe Temperatur verbunden mit einer langen Aufheiz- und Abkühlzeit auf die hohe Betriebstemperatur und wieder herunter, was die SOFC in ihrer Anwendungsbreite doch deutlich einschränkt.

Für alle Typen gilt schon heute, dass Entwicklung, Konstruktion und Fertigung auf das „Recycling“  auszurichten ist; die Preise für die Rohstoffe werden in den nächsten Jahrzehnten vermutlich deutlich ansteigen. Auch die Entwicklung von neuen Werkstoffen und innovativer Fertigungstechnik wird noch den einen oder anderen Beitrag zur Vereinfachung und Verbilligung von Brennstoffzellen leisten.

Abschließend sei noch erwähnt, dass die Elektrolyse als der Umkehrprozess zur Brennstoffzelle – Strom rein, Wasserstoff raus – einen Beitrag zur Wirtschaftlichkeit der PEMFC leisten könnte. Power to Gas wird mittel- und längerfristig zum Einsatz kommen. Dann sollte es gelingen, einzelne Bauteile im Stack, vielleicht auch an der Peripherie, baugleich zu gestalten. Das würde der PEMFC einen „Mengeneffekt“ bringen; auch der AFC, als heute in dieser Marktnische gut etablierter Technik könnte eine Renaissance in der Brennstoffzelle gelingen.

Ausblick

Der aufmerksame Leser von einschlägigen Portalen und von Fachzeitungen erkennt eine Belebung der Berichterstattung über Brennstoffzellen. Er stößt auf Artikelüberschriften wie

  • Schub für den Markt. Die Hersteller kleiner KWK-Anlagen mit Brennstoffzelle für den Heizungskeller hoffen auf ein baldiges Technologieeinführungsprogramm (energie&management, e&m Mai 2016)
  • Mehr Brennstoffzellen für Stadtwerke (e&m Juni 16)
  • BMWi Anreizprogramm "Energieeffizient Bauen und Sanieren" - Zuschuss Brennstoffzelle (BINE Informationsdienst)
  • Brennstoffzelle Eine Investition in die Zukunft (ZEIT online)
  • Brennstoffzellen, der Traum von einer Welt ohne Benzin (FAZ 2.10.2016)
  • In mehreren Internetportalen können z.B. zu Schulungszwecken kleine Einzeller für wenig Geld gekauft werden.

In der e&m unter „Schub für den Markt“ sind 9 Hersteller von Brennstoffzellen Heizgeräten mit einer elektrischen Leistung zwischen 0,3 und 2,5 kW bei einer Heizleistung von 0,61 - 3 kW und einem Gesamtnutzungsgrad (elektrisch + thermisch) von 85 bis 104 % aufgelistet. In der Rubrik Markteinführung wird für die Mehrzahl der Anbieter das Jahr 2016 angegeben. Der Preis für ein 2 kW (Gesamtleistung elektrisch plus thermisch) Aggregat liegt bei 20.000 €. Die herkömmliche Heiztechnik ist in der Anschaffung jedoch noch deutlich billiger.

Sicher gibt es Menschen, die diese effektive und fortschrittliche Technik der Erzeugung von Strom und Wärme selbst zu einem hohen Preis kaufen. Die Anreizprogramme der beiden Bundesministerien für Wirtschaft (2016 wurde das BMWi Anreizprogramm Energieeffizient Bauen und Sanieren - Zuschuss Brennstoffzelle gestartet) und Verkehr (Nationales Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP) Phase II, Laufzeit 2016-2026) werden zur Marktdurchdringung beitragen. Auf Länderebene ist Nordrhein Westfalen herausragend aktiv. Die Brennstoffzelle ist integraler Bestandteil der Energieagentur NRW. Der Homepage ist zu entnehmen, dass 110 Projekte mit einem Gesamtvolumen von fast 200 Mio. EUR inklusive 120 Mio. EUR Fördermitteln des Landes, zum Teil kofinanziert durch das Ziel-2-Programm (EFRE) der EU, bewilligt sind.

Der Markt wird sich, so die Meinung der Hersteller, langsam (aber stetig) entwickeln. Wichtig wird auch sein, wie sich die Aggregate in Händen der Nutzer bewähren – die Entwicklung der Anschaffungskosten über die nächsten 5 bis 10 Jahre, das Betriebsverhalten und die Kosten für Wartung und Reparatur, auch die Lebensdauer der Zellen werden die Marktchancen mitbestimmen. Der Grad der Reife für den Massenmarkt erfordert die Veröffentlichung der Stärken genauso wie der Schwächen – nur so kann Vertrauen von potenziellen Käufern in ein neues Produkt wachsen. Ein großer Vorteil der BZ liegt in den vielfältigen Anwendungen im Bereich KWK in Haushalten und in der Industrie, in der reinen Stromerzeugung mit hohem elektrischen Wirkungsgrad sowie in der Mobilität. Erfahrungsaustausch kann zur Marktreife der einzelnen BZ-Typen und auch zur Kostensenkung beitragen. Wir werden im vorliegenden Portal die Entwicklung weiterhin aufmerksam beobachten und darüber berichten.