Netzentgeltrabatte nur bei netzdienlichem Verhalten
Übertragungsnetzbetreiber unterstützen Reform der Industrie-Netzentgelte – Rabatte sollen künftig an nachweisbare Flexibilität im Stromverbrauch gekoppelt werden
11.11.2025
Quelle: E & M powernews
Die Bundesnetzagentur überprüft die Netzentgeltstruktur von industriellen Stromabnehmern. Nun haben sich die Übertragungsnetzbetreiber geäußert.
Die vier Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) haben eine gemeinsame Stellungnahme zum Diskussionspapier der Bundesnetzagentur über die Ausgestaltung der Netzentgelte für Industrie und Gewerbe abgegeben. 50 Hertz, Amprion, Tennet und Transnet BW sprechen sich dafür aus, ein Sondernetzentgelt, also mögliche Rabatte, „zukünftig stärker an der Erbringung von Flexibilitäten auszurichten“, heißt es in dem Papier.
Im Paragraf 19 der Stromnetzentgeltverordnung können große Stromverbraucher unter bestimmten Voraussetzungen Rabatte bei den Netzentgelten beantragen. Die ÜNB unterstützen grundsätzlich die von der Bundesnetzagentur angestrebte Abkehr von starren Bandlastprivilegien hin zu flexiblen Anreizsystemen, heißt es weiter.
Die Behörde in Bonn strebt in einem Diskussionspapier vom September eine grundlegende Reform der Netzentgelte für Industrie und Gewerbe an. Ziel sei es, die bislang geltenden Sonderentgelte nach Paragraf 19 Abs. 2 (StromNEV) neu auszurichten. Das bisherige System belohnt Unternehmen, die ihren Stromverbrauch über das Jahr möglichst gleichmäßig gestalten – also Bandlast fahren. Diese Regelung gilt nach Einschätzung der Behörde und Branchenvertreter jedoch als nicht mehr zeitgemäß.
Durch den wachsenden Anteil erneuerbarer Energien mit stark schwankender Einspeisung brauche das Stromsystem mehr Flexibilität, nicht Konstanz. Daher begrüßen die vier ÜNB die Initiative der Bundesnetzagentur und stimmen ihr zu, „ein Sondernetzentgelt zukünftig stärker an der Erbringung von Flexibilitäten auszurichten“, heißt es.
Klare Trennung von markt- und netzdienlicher Flexibilität
Die Übertragungsnetzbetreiber fordern jedoch eine klare Trennung zwischen markt- und netzdienlicher Flexibilität. Nur Letztere trage zur Stabilisierung des Gesamtsystems bei. Die Netzbetreiber regen daher an, dass Rabatte künftig an transparente, von Netzbetreibern veröffentlichte Signale gekoppelt werden, die eine koordinierte Lastverschiebung ermöglichen.
Darüber hinaus mahnen sie einheitliche Regelungen über alle Netzebenen hinweg an. Ohne abgestimmte Standards zwischen Übertragungs- und Verteilnetzbetreibern bestehe die Gefahr von Fehlsteuerungen oder Wettbewerbsverzerrungen. Auch sollten Anreizsysteme schrittweise ausgestaltet werden, um „Kippschaltereffekte“ zu vermeiden – also Situationen, in denen ein Unternehmen durch minimale Abweichungen den Anspruch auf einen Rabatt vollständig verliert.
Die Bundesnetzagentur will die Konsultation bis ins Jahr 2026 fortführen.
Übergangsregelungen sollen sicherstellen, dass bestehende Entgeltvereinbarungen nicht abrupt enden. Nach Angaben der Behörde bestehen derzeit rund 560 individuelle Netzentgeltvereinbarungen, die der Industrie jährlich rund 1,4 Milliarden Euro Ersparnis bringen. Diese sollen künftig nur noch dann zulässig sein, wenn die betreffenden Unternehmen messbar zur System- oder Netzstabilität beitragen.
Für die energieintensive Industrie steht damit eine grundlegende Umstellung bevor. Die Unternehmen müssen künftig nachweisen, dass ihr Stromverbrauch nicht nur planbar, sondern auch flexibel und systemdienlich ist. Die Konsultation zum Diskussionspapier läuft; konkrete Fristen für Festlegung und Umsetzung sind bislang nicht terminiert. Branchenvertreter rechnen damit, dass die Ergebnisse 2026 vorliegen und neue Regelungen ab 2027 in Kraft treten könnten.
Das „Diskussionspapier Entgelte für Industrie und Gewerbe“ der Bundesnetzagentur und die „Stellungnahme zum Diskussionspapier“ der Übertragungsnetzbetreiber stehen im Internet zum Herunterladen zur Verfügung.
Autor: Stefan Sagmeister
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