Integrierte Planung könnte Milliarden Euro bei Infrastrukturkosten sparen

Fraunhofer-Studie: Integrierte EU-Infrastrukturplanung spart bis zu 750 Mrd. Euro und beschleunigt die Klimaneutralität

20.11.2025

Quelle: E & M powernews

Eine Analyse von Fraunhofer-Instituten und D-Fine zeigt, dass Europa durch integrierte Infrastrukturplanung enorme Kosten sparen und den Weg zur Klimaneutralität beschleunigen könnte.

Die Optimierung von Investitionen in die Energieinfrastrukturen der EU könnte zwischen 2030 und 2050 Einsparungen in dreistelliger Milliardenhöhe ermöglichen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Energiesystemanalyse der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geotechnologien (IEG) in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) und der Beratungsgesellschaft „d-fine“, die im Auftrag von Agora Energiewende erstellt wurde. Die Studie zeigt, dass ein integrierter Planungsansatz Effizienzgewinne erschließen, den Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigen und die Basis für ein resilienteres Energiesystem schaffen könnte.

Laut Analyse lassen sich im Zeitraum bis 2050 mehr als 560 Milliarden Euro einsparen, wenn europäische Staaten ihre Infrastrukturplanung sektoren- und länderübergreifend koordinieren. Unter Einbeziehung vermiedener Reservekraftwerke steigt das Potenzial auf 750 Milliarden Euro. Der Ansatz lenke Investitionen gezielt dorthin, wo sie den größten Nutzen bringen und unterstützt ein flexibles Energiesystem, so die Autoren.

Professor Mario Ragwitz, Leiter des Fraunhofer IEG und Mitautor, betonte, die Versorgung zentraler Verbrauchssektoren mit elektrischer Energie und stofflichen Energieträgern sei entscheidend, um Wirtschaft und Energiesystem resilient und CO₂-frei auszurichten. Integrierte Modelle könnten hierzu die wirksamsten Investitionshebel identifizieren, etwa im europäischen Stromnetzausbau.

Vier Szenarien werden untersucht

Die Analyse erfolgt im Vorfeld des „Grids Package“ der EU-Kommission und wurde gemeinsam mit europäischen Partnern, unter anderem dem Forum Energii und der Energy Policy Group, erarbeitet. Die Co-Direktorin von Agora Europa, Frauke Thies, verwies auf die zentrale Bedeutung gut koordinierter Infrastrukturplanung, um Investitionen auf Technologien wie Solar- und Windenergie oder Batteriespeicher auszurichten und Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Das Fraunhofer-Modell kombiniert mehrere Energieträger und geografische Ebenen in einer umfassenden Optimierung. Es untersucht vier Szenarien entlang zweier Dimensionen: sektorübergreifend versus sektoral sowie europäisch optimiert versus stärker national orientiert. Laut D-Fine-Expertin Paula Hartnagel erlaubt diese Kombination eine belastbare Bewertung der System- und Kosteneffekte durch Integration. Anders als fragmentierte Modelle optimiert der Ansatz Energieversorgung, Speicher und Netze gemeinsam.

Die Ergebnisse zeigen, dass in einem integrierten Szenario deutlich geringere Kapazitäten benötigt würden: 505 GW weniger Reserveleistung, 15 Prozent weniger Onshore-Wind sowie 9 Prozent weniger Elektrolysekapazität. Gleichzeitig beschleunigen alle Szenarien den Ausbau erneuerbarer Energien und reduzieren den Einsatz fossiler Brennstoffe. Das Modell berücksichtigt konservative Annahmen zur Energienachfrage und bildet Lösungen für Strom-, Wasserstoff-, Gas- und CO₂-Infrastrukturen ab. Der Ausbau des Stromnetzes bleibt in allen Szenarien prioritär.

Die Analyse unterstreicht die zentrale Rolle der Elektrifizierung für die Dekarbonisierung der europäischen Wirtschaft. Der Bedarf an fossilen Gasleitungen sinkt demnach rasch, während gezielte neue Infrastrukturen für Wasserstoff und Kohlendioxid erforderlich werden. Die schnelle Elektrifizierung von Verkehr, Gebäudewärme und industrieller Niedertemperatur-Prozesswärme gilt als Schlüsselfaktor für die Transformation.
 
Die 134-seitige Analyse „Integrated Infrastructure Planning and 2050 Climate Neutrality“ sowie ein darauf basierender 27-seitiger Impuls stehen bei Agora Energiewende kostenlos zum Download bereit.

Fritz Wilhelm