Es spricht also vieles für ein kreislauforientiertes Textilrecycling. Dies ist allerdings leichter gesagt als getan. Eine große Herausforderung ist beispielsweise, dass viele Kleidungsstücke nicht nur aus einem oder mehreren Materialien bestehen, sondern aus Fasergemischen. Innovative Verfahren sind notwendig, um diese Altkleider erfolgreich zu recyceln. Neue Technologien wie künstliche Intelligenz oder Ansätze wie Life -Cycle-Assessments (LCA) können dabei unterstützen. Außerdem ist Recycling ein ganzheitlicher Prozess über die gesamte Wertschöpfungskette. Dies muss vor allem beim Upcycling bedacht werden.
Innovative Ansätze aus der Praxis
Manche Unternehmen und Institute arbeiten bereits an neuen Ansätzen zur Optimierung von Recyclingprozessen. Ein Beispiel hierfür ist das EU-geförderte Projekt zum mechanischen Recycling von Altkleidern. Das Unternehmen imat-uve entwickelte mit einem Konsortium von Partnerunternehmen ein mechanisches Recyclingverfahren, das Alttextilien aus Mischfasern so aufbereitet, dass beispielsweise ein Einsatz im Fahrzeuginterieur möglich ist. „Bisherige Recyclingansätze verfolgen meist chemische Prozesse und sind daher nicht im Sinne von echter Nachhaltigkeit zu sehen“, erklärt imat-uve in einer Pressemitteilung. Durch Optimierungen des Recycling-Prozesses können die Mischfasern sehr fein aufgerissen und durch neue Technologien der Spinnereivorbereitung in ein weiches gleichmäßiges Kardenband verarbeitet werden. Dieses bildet eine gute Grundlage für das Verspinnen. Die entstehenden Garne (Nm15 und Nm28) können je nach Beimischung von Polyester für verschiedene Ansprüche weiterverarbeitet werden.
Ein weiterer innovativer Ansatz zeigt sich im Bereich des Recyclings von Baumwollkleidung. Kleidung aus Baumwolle zu recyceln war bislang eine große technische Herausforderung, da diese selten sortenrein ist. Einem Forscherteam des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung IAP ist es erstmals gemeinsam mit dem schwedischen Unternehmen re:newcell gelungen, aus recycelter Baumwolle ein Viskose-Filamentgarn herzustellen (Erfahren Sie mehr: Ein T-Shirt aus alter Jeans). Normalerweise wird Zellstoff von der Textilindustrie als Ausgangsmaterial verwendet, um daraus künstliche Celluloseregeneratfasern wie Viskose, Modal oder Lyocell herzustellen. Da Zellstoff nicht schmelzbar ist, muss dieser zu einer Spinnlösung aufgelöst und zu cellulosischen Spinnfasern umgeformt werden. „Wir haben von re:newcell jedoch Zellstoffplatten aus recycelter Baumwolle erhalten und sollten prüfen, ob sie sich zu Viskosefasern weiterverarbeiten lassen. Durch Einstellen der richtigen Parameter im Lösungs- als auch Spinnprozess, wie effektive Filtrationsstufen, konnten wir die im Zellstoff enthaltenen Fremdfasern herauslösen", erklärt Dr. André Lehmann, Leiter der Abteilung Fasertechnologie am Fraunhofer IAP.
Nicht nur im Bereich des mechanischen oder chemischen Recyclings sind Fortschritte notwendig, sondern bereits bei der Kategorisierung und Sortierung von Fasern. Dieser Herausforderung widmet sich unter anderem das Berliner Start-up circular.fashion. Das Unternehmen hat den sogenannten circularity.ID entwickelt, eine Art Chip, der zum Beispiel in das Etikett integriert werden kann und Informationen zum Kleidungsstück enthält, beispielsweise zu den verwendeten Materialien oder zu Recyclingmöglichkeiten. Laut circular.fashion wird dadurch das zielgerichtete Sortieren der Altkleider ermöglicht und der spätere Recyclingprozess ein Stück weit erleichtert.