Rückblick

MedtecSUMMIT 2023

23. Mai 2023 - 25. Mai 2023

09:00 - 18:00 Uhr

Etablierter MedtecSUMMIT brachte Visionäre & Innovatoren der Gesundheitsversorgung zusammen

Der MedtecSUMMIT Kongress im Verbund mit der MedtecLIVE with T4M fand vom 23.05. – 25.05.2023 im Messezentrum Nürnberg statt. An drei Tagen wurden auf zwei Bühnen die Herausforderungen und Chancen der Medizintechnik und digitalen Gesundheitsbranche zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Industrie, Wissenschaft, Klinik und Politik beleuchtet. Dies brachte Klarheit in den Herausforderungen und Details zu Chancen und Innovationen. Die nahtlose Integration in die MedtecLIVE wertete das Format auf und sorgte für einen regen Austausch. Rund 650 Teilnehmende diskutierten mit über 80 Referierenden dazu. „Die Teilnahme und der Diskussionsbedarf auch vor und nach den Sessions zeigte, dass es in der Branche einerseits enorme Unsicherheiten vor allem in Bezug auf den Standort Europa gibt, andererseits aber mit der international führenden Qualitäts- und Technologieführerschaft enorme Chancen für die Branche gibt. Wichtig ist, dass sich der regulatorische Rahmen und die Überbürokratisierung nicht noch weiter zum Standortnachteil herauskristallisiert.“, resümiert Dr. Jörg Traub nach dem Kongress.

Das Team der MedtecSUMMIT 2023
Das Team der MedtecSUMMIT 2023

Session: Regulation – Umsetzung der MDR und Lieferkettenmanagement

Die erste Session, die sich mit der Umsetzung der MDR beschäftigte, zeigte auf, dass die Verlängerung der Übergangsfristen zwar zu begrüßen ist, allerdings nicht die grundsätzlichen und strukturellen Probleme löst, wie Kosten und Dauer der Konformitätsbewertung, mangelnde Planungssicherheit, Verfügbarkeit klinischer Daten oder unterschiedliche Auslegung durch die Benannten Stellen. Bereits jetzt ist zu beobachten, dass Bestandsprodukte vom Markt genommen werden und das zum Teil ohne Alternative. Zusätzlich geht die Innovationskraft und -aktivität im EU-Raum zurück und Unternehmen wählen als Erstmarkt verstärkt die USA. Konkret hat dies Dr. Hennersperger, CTO von Luma Vision, ein bayerisch-irisches Unternehmen für die Diagnose und Therapie kardiovaskulärer Erkrankungen, vorgestellt. Die Auswirkungen werden auch für die Patientinnen und Patienten spürbar, wenn neue innovative Produkte und Lösungen in anderen Märkten die Erprobung durchlaufen und dann erst später auf den europäischen Markt gelangen. Alle Referierenden waren sich einig, dass man jetzt nicht abwarten darf, sondern die verlängerten Übergangsfristen und die damit einhergehende Entspannung bei den begrenzten Ressourcen der Benannten Stellen nutzen sollte, um zügig die Konformitätsverfahren in die Wege zu leiten.

Die zweite Session zeigte, dass sowohl Hersteller als auch Lieferanten mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie sowie dem Kriegskonflikt Russland Ukraine zu kämpfen haben. Die Lieferzeiten verzögern sich um Wochen, Lieferanten können ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommen und die Hersteller müssen sich den Gegebenheiten notgedrungen anpassen. In der Podiumsdiskussion wurden sowohl seitens der Lieferanten als auch der Hersteller neben den Herausforderungen Lösungen aufgezeigt, mit den Veränderungen am Markt umzugehen. Am wichtigsten ist es, als Unternehmen flexibel zu sein und sich den Gegebenheiten proaktiv anzupassen. Interne Prozesse, wie das Produktdesign, sollten der Verfügbarkeit an Rohmaterial angepasst werden, indem beispielsweise frühzeitig Alternativen für notwendige Materialien ausfindig gemacht werden oder vorausplanend ausreichend Material eingelagert wird. Für alle Beteiligten der Diskussion war das Thema Transparenz der Lieferkette höchst relevant, welche durch digitalisierte Prozesse ermöglicht werden soll. Eine transparente und gut rückverfolgbare Lieferkette, wie es sie beispielsweise in der Automobilbranche gibt, ermöglicht es rechtzeitig auf unerwartete Ereignisse aufmerksam zu werden und proaktiv zu reagieren. Als weiterer Schlüsselfaktor für eine gut funktionierende Lieferkette wurde eine gute Kommunikation und Beziehung zu allen, an der Lieferkette Beteiligten genannt. Fazit einer der Diskussionsbeteiligten und Fazit der Session: Seien Sie proaktiv – warten Sie nicht, bis es geschehen ist. Durch Digitalisierung wird Transparenz erreicht, wodurch die Lieferkette viel besser als in der Vergangenheit gemanaged werden kann – man muss die Chance nur annehmen und damit beginnen. Dr. Svenja Müller erwähnte, dass man aus den Erfahrungen von Track and Trace Techniken anderer Branchen noch viel lernen kann und damit neben dem Smarten Management der Lieferketten auch Themen der Nachhaltigkeit quantitativ bewerten kann.

Neben den Sessions fand am ersten Kongresstag außerdem ein Start-up-Contest statt, bei dem zehn Unternehmen ihre Innovationen präsentieren konnten. Die drei Gewinner: Dymium, ProCarement und Acorai teilten sich das Preisgeld von insgesamt 15.000 Euro, das von EIT Health und Medical Valley EMN e.V. auf dem Staatsempfang auf der Kaiserburg in Nürnberg übergeben wurde. „Wir sind als Start-up auf der MedtecLIVE zusammen mit dem MedtecSUMMIT Kongress gewesen, weil wir die Möglichkeit nutzen wollten, Visibilität in der Gründer- und Medtechszene zu bekommen. Wir durften auf dem Start-up-Contest pitchen und haben den ersten Preis gewonnen. Das ist für uns eine super Möglichkeit, unsere Technologie zu zeigen, Partnerschaften zu knüpfen und andere Zulieferer zu finden. Das nehmen wir mit und gehen dann mit Schwung in die nächste Entwicklungsphase unseres Start-ups.“, berichtete Florian Ebel, Co-Founder & Business Lead bei der Dymium GmbH.

Session: Wie real ist Virtual Reality in der Medizin?

Virtuelle Realität in der Medizin gibt es schon seit langem in unterschiedlicher Ausprägung, sie wird aber bis heute kaum genutzt, kann jedoch in vielen Bereichen (Entwicklung, Ausbildung, Arbeitsalltag, Telemedizin und Remotewartung) unterstützen, wenn man es schafft, gemeinsam mit dem Nutzenden die Vorteile umzusetzen. Zu einem ähnlichen Schluss kamen auch die Referierenden der nächsten Session.

Session: Digitalisierung auf Knopfdruck – Integration digitaler Lösungen in den Klinikalltag

Beim Generieren und Implementieren neuer Anwendungen muss man alle Stakeholder im Blick haben, nicht nur Anwender und Patienten.  Es ist wichtig, dass die Lösung ein intelligenter digitaler Prozess ist und nicht den analogen Prozess digitalisiert. Eine Interoperabilität und Integration der Systemlandschaft ist eine notwendige Voraussetzung für den Erfolg und die dauerhafte Anwendbarkeit. Wie auch bei analogen Prozessen sind Agilität und Anpassung auf veränderte Bedingungen und Software-Landschaften notwendig. Prof. Dirk Wilhelm, Leiter Minimalinvasive Therapeutische Intervention am Klinikum rechts der Isar der TU München, der sich in seinem Eröffnungsvortrag auf die Chirurgie fokussiert hat, ist der Meinung, dass die Chirurgie hinsichtlich der Digitalisierung bereits bemerkenswerte Fortschritte gemacht hat. Drei Bereiche spielen in der Chirurgie hierbei eine wichtige Rolle: Die Robotik, die virtuelle Realität und die Künstliche Intelligenz. „Die Medizin wird vor allem durch den technologischen Fortschritt verbessert werden, dafür benötigen wir eine umfassende Digitalisierung.“

Dr. Moritz Maas von Siemens Healthineers beschrieb, dass digitale Lösungen eine Vielzahl an Möglichkeiten aber auch Herausforderungen bergen. „Wir müssen noch mehr Fokus auf die Umsetzung legen, denn die neuen Prozesse dürfen die Kliniken keine zusätzliche Zeit kosten, sondern müssen sie einsparen.“

Ein weiterer Schlüssel ist die Kommunikation und im Krankenhaus ein Changemanagement.

Session: Think Different – Klinische Robotik als integrativer Bestandteil für eine ergebnis- und qualitätsorientierte Patientenversorgung

Bislang wurde die klinische Robotik mit all ihren Vor- und Nachteilen meist als isoliertes Thema betrachtet.

Welche möglichen Erstattungs-, Finanzierungsmodelle und -wege wären denkbar, wenn die klinische Robotik nicht als isoliertes Thema, sondern langfristig als integraler Bestandteil der Qualitätssicherung in der Patientenversorgung betrachtet wird?

Roboter im medizinischen Bereich verändern die Art und Weise, wie Operationen durchgeführt werden, optimieren die Versorgung und Desinfektion des Verbrauchmaterials und ermöglichen es den medizinischen Fachkräften, sich auf die Betreuung und Pflege der Patienten zu konzentrieren.

Session: Datengetriebene Diagnostik – Von der Technologie zum Anwender

Ai-basierte Technologien bieten große Chancen und einen Mehrwert für Patienten und Patientinnen und das gesamte Gesundheitssystem, aber auch viele Barrieren, die man als Start-up oder Unternehmen überwinden muss.  In der Session wurden verschiedene Beispiele von KI-Systemen vorgestellt: Atemanalyse, bildgebendes Verfahren wie z. B. zur Tumorsegmentation und Stimmanalyse. Fazit war, dass es bis zur Zertifizierung und Implementierung KI-basierter Technologien im Gesundheitswesen ein weiter, kostspieliger und zeitaufwendiger Weg ist. Für die tatsächliche Anwendung dieser Systeme ist der regulatorische Rahmen sehr wichtig, wobei aber weniger komplexe Verfahren für die Zulassung wünschenswert wären. Ein denkbarer Weg wäre: Erstmal ein Produkt im Lifestyle Space zur Verfügung zu stellen, um zu sehen, wie es funktioniert und es dann im nächsten Schritt als Medizinprodukt zuzulassen. Gut gewählte Partner und ein gutes vorausplanendes Businessmodell (z. B. fünf Jahre im Voraus) wären vorteilhaft. Auch das Abwägen von Nutzen und Risiken würde helfen. Sich bei der Zulassung mehr auf Forschung und Statistik zu fokussieren, statt um den emotionalen Hype um KI, wäre auch vorteilhaft. Dr. Stefan Bartosch, Geschäftsführer des Medical Valley Digital Health Application Center (dmac) fasst die Session wie folgt zusammen: „Anregende Diskussion mit super interessanten Teilnehmern und interessiertem Publikum. Es konnte wieder einmal festgestellt werden, dass noch einiges bewegt werden muss, damit endlich richtig Schwung in die Digitalisierung des Gesundheitswesens kommt. Wir arbeiten alle daran, und ich freue mich das nächste Jahr wieder auf dem MedtecSUMMIT 2024 zu diskutieren.“

Session: Gesundheitsdatenraum – Wo sind meine Daten?

Gesundheitsdaten sind und bleiben für die weitere Entwicklung des Gesundheitssektors wichtig. Sie bieten einen Mehrwert und Nutzen durch z. B. verbesserte Diagnostik, Einsparen von Kosten und Forschung. Viele Chancen werden noch nicht ausgiebig genutzt, denn Deutschland ist im Vergleich zu anderen Ländern beispielsweise in der Nutzung von e-Rezepten digital hintendran.

Session: Kreislaufwirtschaft & Nachhaltigkeit

Das aktuelle Thema Nachhaltigkeit war Inhalt zweier Sessions. Um Kreisläufe zu schließen, ist ein „Umdenken“ notwendig. Darin waren sich die Referierenden einig. In welcher Hinsicht ist dieses „Umdenken“ notwendig?

  1. Digitalisierung und Daten werden zum Schlüssel für Transparenz und Messbarkeit von Nachhaltigkeit,
  2. CO2 Äquivalente werden zur neuen Währung,
  3. Müll wird zur Ressource,
  4. Produktanforderungen verändern sich und werden neu definiert,
  5. Recyclingfähige und biobasierte Rohstoffe werden von der Ausnahme zur Regel und schließlich
  6. Reparaturen werden dem Neukauf vorgezogen.

Zirkuläres Denken und Nachhaltigkeit darf nicht nur ein Trend sein, sondern muss in die DNA von uns allen integriert werden. Dazu brauchen wir mehr Kooperationen, Vernetzung und Transparenz.

Session: Neue Biomaterialien für Knochen, Knorpel und Organe

Prof. Dr. Michael Sittinger von der Charité Universitätsmedizin Berlin stellte in der Session vor, warum Biomaterialien wichtige Träger sind, um ein Gerüst für regenerative Prozesse zu bieten, jedoch die Zellen im Mittelpunkt stehen. Um Biomaterialforschung bedeutungsvoll zu machen, ist eine zielstrebige und konsequente Umsetzung in Ausgründungen wichtig. Prof. Georg Duda, ebenfalls von der Charité, stellte die biomechanischen Aspekte von Biomaterialien dar und mehrere wichtige in-vivo-Messungen, die für die Forschung zur Verfügung stehen. Dabei wirken die biomechanischen Kräfte nicht nur auf, sondern auch über die Biomaterialien auf die Regeneration. Eine entsprechende Kompatibilität von Implantaten führt zum klinischen Erfolg und ist Grundlage der Verwirklichung in der Anwendung. Dr. Daniel Seitz stellte das INKplant EU-Projekt (H2020) vor, bei dem 19 Partner in einem Konsortium zusammenarbeiten und die gesamte Palette von Datenumwandlung, ethischen und Genderaspekten bei Versuchs- und Implantatdesign, Design und mechanischer Optimierung, mechanischer und biologischer Testung, Materialentwicklung für weiche und harte Gewebe, Druckerbau und -erweiterung, Druck und schließlich klinischer Anwendung von Implantaten sowie Qualitätsmanagement, Standardisierung und Zulassung abdecken.

In der anschließenden Diskussion wurde besprochen, wie es mit der Entwicklung von Biomaterialien weitergeht. Um die Rekonstruktion der Form zu ermöglichen, werden auch in Zukunft Biomaterialien für regenerative Ansätze wichtig sein. Da hier fast immer individuelle Geometrien benötigt werden, liegt die Zukunft in 3D-druckbaren Materialien. Diese müssen jedoch biomechanisch kompatibel sein. Die biomechanischen Eigenschaften und die Interaktion mit den Zellen sollten als digitaler Zwilling (digitales Material) zur Verfügung stehen. Fasermaterialien haben hier viele Vorteile. Da auf absehbare Zeit die Zulassung von ATMP schwierig bleiben wird, sind zellfreie Lösungen der optimale Weg zum Markt.

Session: Innovation – Wege von der Wissenschaft in den Markt

Es ist wichtig, Nachwuchsforscherinnen und -forscher zu motivieren, weiterhin innovativ zu arbeiten. Zu Innovationen gehören immer Vorstellungskraft, Courage und Fortschritt, wie Dr. Tanja Jovanovic in ihrem Impulsreferat deutlich aufzeigte. Prof. Dr. Achim Hornegger, Präsident der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, war Diskussionsteilnehmer und fasste drei Punkte zusammen, die wichtig und ausschlaggebend dafür sind, dass das Wissen und die Innovationen nicht nur in der Universität verbleiben, sondern am Markt ankommen. Erstens: Das Wissen, das Studierenden vermittelt wird, ist nicht nur wichtig für ihren Abschluss, sondern wichtig für ihre Kreativität. Zweitens: Ein gut funktionierendes Ecosystem bzw. Netzwerk. Und der letzte und dritte Punkt: Ein Umfeld, das die Studierenden dabei unterstützt, sich nur auf ihre Innovation zu konzentrieren.“ Prof. Georg Duda vom Berlin Institut of Health ergänzte: “Des Weiteren ist eine Kultur wichtig, um die besten Talente und translationsoffenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anzuziehen und zu integrieren.” Neben der Innovationskultur und den Netzwerken, sind sich Dr. Heimann und Dr. Demirci einig, sind Daten im Gesundheitsbereich für evidenzbasierte Forschung und Produktentwicklung sowie für die KI eine wichtige Grundlage, um Translation auch zukünftig erfolgreich zu gestalten.

Session: Intelligente Sensoren und Implantate

Intelligente Sensoren und Implantate eröffnen nie dagewesene Möglichkeiten für eine wirksame Vorbeugung und Erkennung von Krankheiten sowie die Echtzeitüberwachung von Gesundheitsdaten.

Intelligente Implantate als neue Wege zur personalisierten Medizin - mit Hilfe intelligenter Sensorik lassen sich Informationen aus dem Körper des Patienten für eine genau auf ihn zugeschnittenen maximal optimierte Therapie verwenden.

Pressekontakt:

Sandra Karakaya Forum MedTech Pharma e.V. Am Tullnaupark 8 90402 Nürnberg

Tel. +49 911 20671-340 Per Mail kontaktieren

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