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Hybrid-Kraftwerk - Wasserstoff als alternativer Brennstoff für Gasturbinen
Innovative Wasserstoff-Verbrennungssysteme für Industriegasturbinen
Autor: Dr.-Ing. Nurettin Tekin, Project Manager, KAWASAKI Gas Turbine Europe GmbH
Bei der Nutzung erneuerbarer Energiequellen für die emissionsarme Stromerzeugung kann Wasserstoff eine Alternative zu den herkömmlichen Brennstoffen für Gasturbinen sein. Kawasaki Heavy Industries, Ltd., hat in Kooperation mit der FH Aachen und der B&B-AGEMA ein innovatives DLE-Wasserstoffverbrennungssystem (Micro-Mix-Combustion) zur Verbrennung von 100%igen Wasserstoff entwickelt und erfolgreich getestet. Durch den Einsatz dieser Technologie haben Sie bereits heute die Möglichkeit ihren gesamten Strom- und Wärmebedarf CO2-frei zu produzieren. Erfahren Sie mehr über die Funktionsweise der Technologie in diesem Fachartikel!
Wie funktioniert das Prinzip der MMX-Combustion?
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass NOx-Emissionen einerseits durch stärkere Vermischung der Reaktanten im Brennstoff-Luftgemisch und andererseits durch verkürzte Verweilzeiten der Reaktanten im heißen Flamm- bzw. Brennbereich signifikant reduziert werden können. Die innovative MMX-Combustion basiert auf diese Prinzipien. Hierbei wird der Brennstoff durch Mikro-Bohrungen, welche senkrecht zur Luftströmung positioniert sind, in den Verbrennungsluftstrom eingedüst. Die senkrechte Eindüsung (Querströmung) verstärkt die Interaktion beider Ströme, wodurch die Vermischung des Brennstoff-Luftgemischs intensiviert wird. Dieses sogenannte Micro-Mix-Verbrennungsprinzip wird in der Abbildung 1a schematisch dargestellt. Die daraus resultierenden charakteristischen Mikro-Flammen am Testbrenner sind in Abbildung 1b zu sehen.
So wird die NOx-Bildung reduziert
Die Rezirkulationsgebiete ober- und unterhalb jeder einzelnen Flamme stabilisieren die Mikro-Flammen, welche an der Hinterkante des Brennersegments stromab ankern. Die Länge der Flammen beträgt zwischen 5-10 mm. Diese miniaturisierten Flammen führen im Vergleich zu herkömmlichen Technologien zu signifikant reduzierten Verweildauern der Reaktanten in der heißen Brennzone, da hier die heiße Brennzone wesentlich kleiner ausgeprägt ist. Bei herkömmlicher Technologie findet die Verbrennung in der Regel innerhalb einer großen Flamme mit einer ausgedehnten Brennzone mit erhöhten Verweildauern statt. Das heißt, dass viele einzelne kleine Flammen –anstelle einer großen Flamme– die NOx-Bildung während des Verbrennungsprozesses deutlich reduzieren. Das erste Prototypdesign eines MMX-Testbrenners hat ca. 1600 miniaturisierte Flammen mit einem Brennstoffinjektorendurchmesser von d=0.3 mm. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und zur Vereinfachung des Herstellungsprozesses wird die Anzahl der Flammen für nachfolgende Designs sukzessive reduziert. Gleichzeitig wird die Energiedichte pro Injektor erhöht, indem der Bohrungsdurchmesser von anfänglich d=0.3 mm, sukzessive auf 0.55 mm bis zu 1.0 mm erhöht wird. Dies geschieht unter Beibehaltung der MMX-Verbrennungsprinzipien. Innerhalb des Entwicklungs- und Optimierungsprozesses reduzierte sich somit die Anzahl der Flammen von ca. 1600 auf nur noch 410 miniaturisierte Flammen.
Abbildung 2 zeigt den hergestellten Testbrenner im Detail: der Brennerkopf besteht aus drei Ringsegmenten, welche die 410 H2-Injektoren beinhalten. Der Brennerkopf ist in einer konventionellen Can-Type Brennkammer implementiert. Die einzelnen Ringsegmente werden vom Zentrum aus über Rohrleitungen mit Wasserstoff versorgt, wobei jedes Ringsegment individuell in Abhängigkeit der geforderten Leistung angesteuert werden kann.
Abbildung 3 zeigt die Verteilung der NOx-Emissionen (15Vol%O2) in Abhängigkeit der thermischen Belastung. Der Brennkammerdruck beträgt 2bar. Die drei Ringsegmente können in Abhängigkeit der benötigten thermischen Leistung separat angesteuert und befeuert werden. Bei bis zu 30% Last werden die zwei inneren Ringe verwendet. Ab 30% Last bis zur Volllast von 100% wird zusätzlich der dritte Ring gezündet. Es ist zu erkennen, dass auch im Teillastbereich von unter 70% Last niedrige NOx-Werte erreicht werden. Die NOx-Werte liegen für den gesamten Lastbereich von 0% bis 100% unter 20ppm. Das Micro-Mix-Verbrennungssystem erreicht über den gesamten Lastbereich deutlich niedrige NOx-Emissionen als konventionelle Verbrennungssysteme. Hinzu kommt die inhärente Sicherheit gegen Flash-Back (Flammenrückschlag).
Die Zukunft der MMX-Technologie
Unter der Voraussetzung, dass geeignete und sichere Wasserstoffverbrennungssysteme entwickelt werden, kann Wasserstoff einen alternativen Gasturbinenbrennstoff in der zukünftigen emissionsarmen und CO2-freien Stromerzeugung darstellen. In Abbildung 4 ist ein solches innovatives Kraftwerk der Zukunft schematisch dargestellt . Die Systemkonfiguration beinhaltet eine Erdgas-Wasserstoffgasturbine mit integrierter H2-Erzeugung- und Speicherung. Mit der überschüssigen Energie aus den erneuerbaren Energiequellen wie Wind und PV, wird über einen Elektrolyseur Wasserstoff hergestellt. Dieser wird zwischengespeichert und kann anschließend, durch Verbrennung über die Gasturbine, wieder zur Strom-und Wärmeproduktion genutzt werden.
Die gegenwärtige MMX-Technologie ist nur für die Verbrennung von purem Wasserstoff entwickelt und optimiert worden. In Zukunft wird auch die Verbrennung anderer Gase wie Erdgas, Biogas, Syngase oder Gasgemischen möglich sein. Durch die erhöhte Brennstoffflexibilität wird die MMX-Technologie zukünftig noch attraktiver und wettbewerbsfähiger.
Referenzen des Autors:
[1] Funke, H. H.-W., Boerner, S., Robinson, A., Hendrick, P., and Recker, E., 2010, “Low NOx H2 combustion for industrial gas turbines of various power ranges,” ETN-2010-42, Proc. of the 5th International Conference the Future of Gas Turbine Technology, Brussels, Belgium. [2] Funke, H., Börner, S., Keinz, J., Hendrick, P., Recker, E., „Low NOx Hydrogen combustion chamber for industrial gas turbine applications“, 14th International Symposium on Transport Phenomena and Dynamics of Rotating Machinery, ISROMAC-14 Honolulu, Hawaii, Feb. 2012 [3] Funke, H. H.-W., Börner, S., Keinz, J., Kusterer, K., Kroniger, D., Kitajima, J., Kazari, M., Horikawa, A., „Numerical and experimental characterization of low NOx Micromix combustion principle for industrial hydrogen gas turbine applications“, ASME Turbo Expo 2012, GT2012-69421, Copenhagen, DK, June 2012. [4] Funke, H. H.-W., Keinz, J., Börner, S., Kusterer, K., Haj Ayed, A., Tekin, N., Kazari, M., Kitajima, J., Horikawa, A., K. Okada, „Experimental and Numerical Characterization of the Dry Low NOx Micromix Hydrogen Combustion Principle at Increased Energy Density For Industrial Hydrogen Gas Turbine Applications“, ASME Turbo Expo 2013, GT2013-94771, San Antonio/Texas, USA, June 2013. [5] H. H.-W. Funkea, J. Dickhoff, J. Keinza, A. Haj Ayed, A. Parentec, P. Hendrick “Experimental and Numerical Study of the Micromix Combustion Principle Applied for Hydrogen and Hydrogen- Rich Syngas as Fuel with Increased Energy Density for Industrial Gas Turbine Applications”, The 6th International Conference on Applied Energy – ICAE 2014-863. [6] A. Haj Ayed, K.Kusterer, H.H.-W.Funke, J.Keinz, C. Striegan, D. Bohn “Experimental and numerical investigations of the dry-low-NOx hydrogen micromix combustion chamber of an industrial gas turbine”, Propulsion and Power Research 2015; 4(3):123–131.