Vakuumisolationspaneele - Der nächste Schritt in der Wärmedämmung

Autor:  Dr. Roland Caps, Vorstand F&E, va-Q-tec AG (Stand: März 2015) Um den künftigen Energiebedarf zu decken und ohne Kernkraft trotzdem weniger Kohlendioxidemissionen aus der Verbrennung von fossilen Brennstoffen in die Atmosphäre zu erreichen, liegt der Fokus der Politik derzeit vorwiegend auf regenerativen Energielösungen. Wichtig ist es aber auch, den Energiebedarf an sich zu reduzieren. So ist die Bereitstellung thermischer Energie für einen großen Anteil des Energieverbrauchs verantwortlich.

Überall dort, wo Temperaturen konstant gehalten werden sollen wie im Gebäudebereich, bei Kühl- oder Gefriergeräten oder Wärmespeichern, ist es möglich durch verbesserte und innovative Dämmtechnologien ohne Komforteinbußen den Energiebedarf zu verringern. Neuartige Dämmlösungen auf Basis von Vakuumisolationspaneelen (VIPs) können dabei helfen, wertvolle Wärmeenergie einzusparen ohne viel Platz zu verbrauchen. Im Prinzip ist ein VIP ähnlich aufgebaut wie ein Packung vakuumverpacktes Kaffeepulver. Der Kern der evakuierten Dämmplatte besteht aus einem offenporigen, druckbelastbaren Material geringer Wärmeleitfähigkeit. Der evakuierte Kern ist mit einer gas- und wasserdampfdichten Kunststofffolie umhüllt. Je nach Stützkernmaterial werden Wärmeleitfähigkeiten von 1,5 bis 8 mW/(m∙K) erreicht, d.h. bis zu zwanzig Mal besser als bei dem meist gebrauchten Dämmstoff Polystyrolschaum. Der Luftdruck im Inneren muss je nach Größe der offenen Poren des Kerns auf Werte zwischen 10 mbar und 0,02 mbar verringert  werden, um die Wärmeleitfähigkeit der Luft zu unterdrücken (bei evakuiertem Kaffeepulver liegt der Druck typisch bei 100 mbar).

Wenn für VIPs lange Lebensdauern von mehreren Jahrzehnten gefordert werden, verwendet man als Kernmaterialien vorwiegend ein nanostrukturiertes Kieselsäurepulver. Diese „pyrogene Kieselsäure“ wird in einem Verbrennungsprozess aus Silanen (z.B. SiHCl3)  hergestellt. Zu Platten mit Dichten um 200 kg/m³ verpresst, weist dieses Pulver offene Poren mit einem typischen Durchmesser von 0,5 µm auf. Da die sehr kleinen Poren die mittlere freie Weglänge der Luftmoleküle schon bei normalem Atmosphärendruck beeinflussen, erreicht solch eine Pulverplatte eine Wärmeleitfähigkeit an Luft von 20 mW/(m∙K).   

Das ist schon wesentlich weniger als die Wärmeleitfähigkeit von ruhender Luft, nämlich 26 mW/(m∙K). Evakuieren auf Drücke von 1 bis 10 mbar verringert die Wärmeleitfähigkeit weiter auf Werte zwischen 3,5 und 4,5 mW/(m∙K). Diese Restwärmeleitfähigkeit der Kieselsäureplatte setzt sich aus Anteilen der Wärmeleitfähigkeit über den porösen Festkörper und der Wärmeleitfähigkeiten aufgrund des Wärmestrahlungstransport im Pulverkern zusammen. Um die Strahlungswärmeleitfähigkeit auf einen minimalen Wert von unter 2 mW/(m∙K) zu drücken, sind den Kieselsäurepulvern üblicherweise noch sogenannte Infrarottrübungsmittel zugemischt. Das können feine Pulver auf der Basis von SiC oder Ruß sein, die Wärmestrahlung effizient streuen oder absorbieren.

Beispiel eines Vakuumisolationspaneels
Beispiel eines Vakuumisolationspaneels (Bildnachweis: Bayern Innovativ)

Glasfaservlies als Kernmaterial

Insbesondere in Asien sind als Kernmaterial für Vakuumdämmplatten Glasfaservliese weit verbreitet. Wenn sehr dünne Glasfaservliese aufeinander gelegt werden, sind alle Faser optimal senkrecht zum Wärmestrom ausgerichtet. Wärme kann über den Faserfestkörper dann im Wesentlichen nur noch über Punktkontakte zwischen den aufeinanderliegenden Fasern transportiert werden. Diese Punktkontakte weisen hohe Wärmewiderstände auf - trotz der atmosphärischen Belastung von 1 bar und der damit verbundenen relativ hohen Dichte der Faser-VIPs von 250 bis 300 kg/m³. So misst man niedrigste Wärmeleitfähigkeiten, die inklusive der Wärmestrahlungsleitfähigkeit im besten Fall bei 1,5 mW/(m∙K) liegen können. Diese geringen Werte für Faser-VIPs werden allerdings nur dann erreicht, wenn die Gasdrücke unter 0,02 mbar liegen und damit die Wärmeleitfähigkeit der Luft fast vollkommen ausgeschaltet ist. Dieser hier notwendige sehr geringe Gasdruck ist auf die im Vergleich zum Kieselsäurepulver sehr viel größeren Hohlräumen der Fasern zurückzuführen, die je nach Feinheit der Fasern typischerweise Durchmesser von 30 - 100 µm haben.

Den geringen Gasdruck im 0,01 mbar-Bereich kann man zwar bei der Herstellung von Faser-VIPs in einer Vakuumkammer ohne Weiteres bereitstellen, die Kunst ist es allerdings den geringen Luftdruck und damit die geringe Wärmeleitfähigkeit auch während der Nutzungsdauer zu halten.

Hier spielt die Auswahl der Hüllfolien eine wichtige Rolle. Aluminium-Verbundfolien sind sehr dicht gegenüber dem Durchgang von Luft und Wasserdampf in das Innere des VIPs. Im Zusammenspiel mit Gettermaterialien, die Anteile von Restluft und Wasserdampf aufnehmen können, erreicht man für Faser-VIPs Anstiege der Wärmeleitfähigkeiten von weniger als 1 mW/(m∙K) pro Jahr (entsprechend einem Luftdruckanstieg von weniger als 0,1 mbar pro Jahr). Jedoch wirkt die 6  bis 10 µm starke Aluminiumfolie am Rand als Wärmebrücke, die allein durch ihre Anwesenheit die Wärmeleitfähigkeit je nach Größe des VIPs effektiv um 5 bis 10 mW/(m∙K) nach oben ziehen kann. Alternativ werden daher hauchdünn metallisierte Polyesterfolien eingesetzt, die keine Wärmebrücke bilden, allerdings im Vergleich zur Aluminiumverbundfolien weit höhere Durchlässigkeiten für Luft und Wasserdampf aufweisen. Wegen dieser Probleme werden VIPs auf Faserbasis bisher nur für Kühl- und Gefriergeräte eingesetzt, wo die Lebensdauer auf 10 bis 15 Jahre beschränkt ist. Als Hülle wird überwiegend ein Verbund aus Aluminiumverbundfolie und metallisierter Folie genutzt, wobei die eine Seite mit metallisierter Folie zum kalten Kühlschrankinneren zeigt, die Aluminiumfolie dagegen zur wärmeren Umgebung.  Dadurch wird die Wärmebrücke wesentlich vermindert und es werden für die Hersteller der Kühl- und Gefriergeräte akzeptable Anstiege der Wärmeleitfähigkeiten während der Nutzungsdauer erreicht.

Als weitere Kernmaterialien für VIPs werden auch andere Materialien wie offenporige Schäume oder Perlitpulver untersucht oder teilweise auch schon genutzt, haben aber noch keine größere Bedeutung erlangt.

Im Vergleich zu anderen Dämmstoffen sind VIPs bei gleichem Dämmwert wesentlich teurer. Berücksichtig man aber die Kosten des von der Dämmung beanspruchten Nutzraumes, sieht die Kostenrechnung schon anders aus. Wenn die Kosten der Vakuumdämmung pro Volumeneinheit etwa gleich hoch sind wie die des Nutzvolumens (z.B. 2000 €/m³ bei einem Gefrierschrank), die Vakuumdämmung aber nur z.B. 20% des Volumens einer Polyurethanschaumdämmung beansprucht, so verursacht sie nur ca. 20% + 20% = 40% der Kosten im Vergleich zur Dämmung mit Polyurethanschaum (das sind im Wesentlichen die Nutzvolumenkosten bei vernachlässigbaren Schaumkosten im Bereich von 100 €/m³).

Anwendungsbereiche

Haushaltsgeräte wie Kühl- und Gefrierschrank sind täglich in Gebrauch und haben dadurch einen relativ hohen Strombedarf. Durch den Einbau von schlanken und effizienten VIPs können Hersteller von Haushaltsgeräten hohe Energieverbrauchsklassen erreichen und den Strombedarf des Gerätes um bis zu 50 % senken. Für den Verbraucher bedeutet das geringere Stromkosten und viel mehr Nutzvolumen als herkömmliche mit Polyurethanschaum gedämmte Geräte.

Weitere Anwendungen, die von VIPs zurzeit erschlossen werden, sind Warmwasserspeicher. Eine ausreichend lange Nutzungsdauer kann wegen der relativ hohen Temperaturen um 80 °C auf Dauer allerdings nur von VIPs mit Kernen aus pyrogenen Kieselsäurepulvern sichergestellt werden.

Im Gebäudebereich, insbesondere bei der energetischen Sanierung, setzen Architekten und Planer jetzt schon langlebige VIPs auf Kieselsäurebasis ein. Sie erreichen bei ihren Bauvorhaben eine bessere Wärmeisolation und gewinnen gleichzeitig wertvolle Nutzfläche. VIPs sind ideal für zahlreiche Anwendungsfelder wie Dach, Boden, Brüstungselemente, Balkon und Wintergarten sowie weitere Innen- und Außenbereiche.

In der Pharmaindustrie steht die Sicherheit der Patienten an erster Stelle. Durch neue Richtlinien wie Good Distribution Practice (GDP) muss während der gesamten Kühlkette eine konstante individuelle Temperatur von empfindlichen Medikamenten oder klinischer Studien gewährleistet sein. Hochleistungsverpackungen mit Vakuumisolationspaneelen (VIPs) sichern  den temperaturstabilen Transport dieser lebenswichtigen Güter. Durch den kombinierten Einsatz von Vakuumisolationspaneelen und Wärmespeicherkomponenten wird die benötigte Temperatur über mehrere Tage gehalten. Mit VIPs ausgestattete Container ermöglichen beispielsweise den fünf-tägigen Transport von hitze- oder kälteempfindlichen Gütern bei konstanter Temperatur. Dies geschieht ohne externe Energiezufuhr, sodass keine Batterien, Heizelemente oder Ventilatoren für die Temperaturkontrolle nötig sind. Dadurch sparen VIPs auch hier als hocheffiziente thermische Isolierung Energie ein und schützen gleichzeitig wertvolle pharmazeutische Produkte.

Die Anwendung von VIPs steht in vielen Bereichen noch am Anfang. Vorteilhaft sind Vakuumisolationspaneele überall dort, wo der zur Verfügung stehende Platz begrenzt oder wertvoll ist und gleichzeitig eine sehr gute Dämmleistung erforderlich ist.

Hochleistungsverpackung für pharmazeutische Produkte
Hochleistungsverpackung für pharmazeutische Produkte. (Bildnachweis: Bayern Innovativ)