Mehr PV-Energie durch Wolkenreflexionen

Leistungsspitzen durch Sonnenlichtreflexion an Wolken

Autoren: Florian Kaiser, Mike Zehner, Dr. Oliver Mayer Stand: Dezember 2019

Mit der Endlichkeit der fossilen Energieträger kommt der Bedarf, auf erneuerbare Energien umzusteigen. Die mit dem größten Potenzial sind dabei leider stark schwankend. Die Photovoltaik ist dabei ein extremer Fall. Sie generiert nur tagsüber Energie und hat auch starke Fluktuationen. Ein Grund hierfür sind die Wolken. In diesem Artikel soll der Einfluss der Wolkenbewegung auf Erhöhungen der Einstrahlung untersucht werden.

Um dem Einfluss der Wolken auf die Einstrahlung zu verstehen, wird zu allererst der stationäre Fall LibRadtran Simulation Erneuerbare Energien überprüft werden. Dabei wird eine Wolke angenommen, die sich nicht verändert und sich nicht bewegt. Die variablen Größen sind somit nur das Wolkenfeld und der Zenit Winkel. Nachdem der vereinfachte Fall verstanden wurde, können die Wolken bewegt werden (dynamischer Fall). Hiermit gewinnt man zwei weitere Variablen. Zum einen kann die Dauer der Bewegung beliebig festgelegt werden. Zum anderen kann man die Wolkengeschwindigkeit verändert.

Solch ein Modell wird in einem Ray-Tracing Programm simuliert und daraus Erkenntnisse für die Einstrahlung auf eine PV-Anlage gewonnen.

Für eine systematische Untersuchung wurde real vermessene Wolken verwendet. Der Bedeckungsgrade wurde von 10% bis 100 % in 10% Schritten und der Zenit Winkel von 0º auf 70º in 10º Schritten variiert. Für die bewegten Wolken wurde ein Zeitraum von 300s und 3000s gewählt. Die Geschwindigkeit der Bewegung lag bei 10 m/s.

LibRadtran Simulation Erneuerbare Energien
LibRadtran Simulation: Ein Photon kommt von oben und wird in den Wolken solange zufällig gestreut, bis es entweder den Boden (PV-Anlage) oder die Decke berührt (verlorenes Photon). An den Seiten wird das Photon auf die jeweils gegenüberliegende Seite projiziert. (Bildnachweis: Hochschule Rosenheim)

Aus den Simulationen können einige Schlussfolgerungen gezogen werden:

  • Für die Direktstrahlung gilt ein fast binärer Zusammenhang mit Wolken. Entweder die Sonne ist zu sehen und die Wolke hat keinen Einfluss oder das Feld ist verschattet und die direkte Einstrahlung fällt auf nahe Null. Dies gilt unabhängig vom Zenit Winkel und Bedeckungsgrad.
  • Das Verhalten der Diffusstrahlung im Zusammenspiel mit Wolkenfeldern ist entscheidend. Es stellt sich heraus, dass um die Schattenränder einer Wolke deutlich erhöhte Werte erkennbar sind. Ist die Wolke klein genug, kann sich der Effekt im Zentrum des Schattens überlagern und dort maximale Ergebnisse erzielen. Wird der Schatten aber zu groß sinkt die Diffusstrahlung im Zentrum und unterschreitet irgendwann sogar den Clear Sky Fall. Hierfür zählt nicht nur die horizontale Bedeckung. Auch die vertikale Ausdehnung einer Wolke kann diesen Effekt auslösen. Bei einem vollständig verdeckten Himmel kann es dann auch Tagsüber dunkel werden. Dies lässt sich gut bei Gewittern beobachten.
  • Der Zenit Winkel spielt eine wichtige Rolle. Zum einen sinkt die Diffusstrahlung bei steigendem Winkel und zum anderen vergrößert eine niedrige Sonne die geworfenen Schatten. Dadurch wird der Bedeckungsgrad künstlich vergrößert. Kombiniert führen diese beiden Beobachtungen zu Einstrahlungsüberhöhungen um den Schatten einer Wolke. Je größer der Bedeckungsgrad ist, desto höher kann die Globalstrahlung steigen.
Maximale Einstrahlungsüberhöhung über alle Bedeckungsgrade
Überblick maximale Einstrahlungsüberhöhung in W/m2 über alle Bedeckungsgrade. lm stationären Fall liegt die höchste Einstrahlungsüberhöhung bei 407 W/m2 und findet bei 10º Zenit Winkel statt. (Bildnachweis: Hochschule Rosenheim)

Einen Überblick gibt Tabelle 12. Bei 80% Bedeckungsgrad werden die größten Einstrahlungsüberhöhen ermittelt. Diese können Werte bis zu 407 W/m2 erreichen. Selbst bei 90% sind Überhöhungen über 370 W/m2 noch möglich. Wird die Wolkendecke aber noch dichter fallen diese Extreme wieder ab, da die Verschattung zu groß wird. Sind nur noch einzelne Löcher vorhanden, sinken die Werte der maximalen Globalstrahlung auf die von ungefähr 30% ab. Da der Zenit Winkel die maximale Einstrahlung beeinflusst, sinken die Einstrahlungsüberhöhungen mit steigendem Winkel. Zwischen 0º bis etwa 20º besteht noch kein großer Unterschied. Damit können selbst im Deutschland zur Mittagszeit, wo der Zenit Winkel um die 25º beträgt, signifikante Überhöhungen gemessen werden.

Als weitere Erkenntnis lässt sich noch sagen, dass es viel von der Form der überziehenden Wolke abhängt. Durch Zufall kann ein Wolkenfeld durchgehend die Globalstrahlung verstärken oder diese deutlich verringern. Dieses Verhalten ist dabei nur bedingt vom betrachteten Zeitraum und dem Zenit Winkel abhängig.

Der Effekt dauert meistens nur wenige Minuten an, ist aber für die Leistungsbereitstellung und vor allem die Vorhersage der erzeugten Leistung relevant. Dies kommt daher, dass bisherige Systeme mit sehr hoher Trägheit rechnen und damit vor der Strahlungsüberhöhung viel zu niedrige Werte für die nächste Stunde ansetzen und nach der Überhöhung zu Hohe. Dies führt zu Schwankungen in der Betriebsführung des Netzes.

Um die Simulationen zu verifizieren, wurden Messungen gemacht. Dazu wurde der Himmel mit einer Fischaugenkamera beobachtet und die Leistung an einem PV-Generator gemessen.

Wolkenkamera Ludwig-Maximilians-Universität München
Momentaufnahme einer Wolkenkamera am 19. Juli 2012 [auf dem Dach der Ludwig-Maximilians-Universität München. Der Himmel ist großflächig von Wolken bedeckt. (Bildnachweis: Hochschule Rosenheim)
Globalstrahlung PV
Tagesgang bei bewölktem Himmel. Obwohl Wolken die Sonne bedecken, werden teilweise Globalstrahlungen (blaue Linie) gemessen, die deutlich größer als an einem sonnigen Tag (rote gestrichelte Linie) sind. Es fällt auf, dass die diffuse Strahlung (hier grün) an Stellen mit hoher Globalstrahlung deutlich höher ist, als sie es normalerweise wäre. Die gelbe Linie zeigt die sogenannten Einstrahlungsüberhöhungen. Diese sind die Differenz der blauen zur roten Kurve. (Bildnachweis: Hochschule Rosenheim)

Abweichungen von Clear Sky Tagen kommen meist von Verschattungen von Wolken. An den Rändern wird aber das Licht gebrochen. Dadurch kommt es vor, dass Gebiete ohne Schatten auf einmal eine größere Globalstrahlung aufweisen, als an sonnigen Tag möglich wäre. Die Folgenden gemessenen Kurven zeigen dies deutlich.

Die globale horizontale Einstrahlung ist die blaue Linie. Man sieht eine starke Schwankung. Auch liegt der maximale Wert deutlich über dem eines sonnigen Tages. Die simulierten Einstrahlungen durch die Sonne werden durch die rote Kennlinie dargestellt. Das Maximum liegt bei etwa 900 W/m2. Die gemessenen Daten kommen aber auf über 1.200 W/m². Dies liegt an der erhöhten diffusen Strahlung, in der Grafik in grün zu sehen. Als Resultat entsteht ein Leistungsdargebot, dass gerade bei bedecktem Himmel hoch dynamisch ist und vom Netz oder Speicher absorbiert werden muss.