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Polysilizium - Der Rohstoff für rund 90 % aller Solarsysteme
Der Rohstoff für rund 90% aller Solar Systeme
Autor: Dr. Mathias Bremer, Wacker Chemie AG (Stand: Juni 2017)
Kostendegression von Photovoltaik und weiteres Marktwachstum
Der Boom der Solarindustrie zeichnete sich seit Beginn des neuen Jahrtausends ab und hat seit etwa 2005 eine zeitweise schwindelerregende Geschwindigkeit erreicht. Deutlich zweistellige jährliche Wachstumsraten, zunächst noch getrieben durch (teils auch zu hohe) finanzielle Förderung, später weltweit angetrieben durch die erreichten günstigen Gestehungskosten von Solarstrom zeichnen den Markt aus. Die Möglichkeit, Solarkraftwerke in jeder beliebigen Leistungsgröße und bei Bedarf auch völlig unabhängig von einer Netzanbindung zu errichten, eröffnet enormes Potenzial. Der Wachstumsboom, einhergehend mit anfänglich sehr guten Renditen für die Produzenten hat zu hohen Investitionen in den Ausbau der weltweiten Kapazitäten in allen Wertschöpfungsstufen geführt. Durch diesen neu entstandenen Wettbewerb konnten aber gleichzeitig auch die Herstellungskosten für Solarmodule drastisch gesenkt werden. Ausgehend von den bereits heute erreichten Kosten sind PV-Systemkosten von 0.50 Eur/Watt in den nächsten rund 2 Jahren zu erwarten. Übersetzt man die Kosten für Solarsysteme – die Kosten von Solarmodulen plus den nötigen Bauteilen für die Installation und die Umwandlung von Gleichstrom in Wechselstrom – bei einer Laufzeit der Anlage von 20 Jahren in die Kosten pro erzeugter Kilowattstunde Strom, dann sind schon heute in Deutschland Erzeugungskosten von gut 6 Cent/kWh Wirklichkeit - bei kontinuierlich weiter fallendem Trend.
Diese Kostenentwicklung stammt in erster Linie aus grundsätzlichen Lernkurveneffekten. Die Solarindustrie steckt in der Lebenszykluskurve noch in ihrer Pubertät und unzählige Forschungseinrichtungen sowie alle Hersteller in der Wertschöpfungskette optimieren bestehende bzw. entwickeln neue, verbesserte Verfahren mit höherem Wirkungsgrad oder niedrigeren Kosten. Auch WACKER POLYSILICON optimiert ständig seine Prozessschritte z.B. durch Steigerung der Arbeitsproduktivität, Senkung des spezifischen Energieverbrauchs oder Entwicklung neuer Reaktoren. Durch diese kontinuierlichen Innovationen gelingt es uns, sowohl bei den Herstellungskosten als auch insbesondere bei der Produktqualität inzwischen weltweit seit Jahrzehnten eine führende Position einzunehmen. Die anhaltend dynamische Kostensenkung bei Solarsystemen hat ermöglicht, dass in 2016 weltweit rund 78 GW an Leistung neu installiert wurden. Für 2017 erwarten wir erneut Neuinstallationen zwischen 75 und 80 GW.
Herausforderungen
1. Level-Playing-Field im Energiesektor ist Wunschdenken
Photovoltaik hat sich zu einer kostengünstigen Variante der Stromerzeugung entwickelt. Damit kann sie zukünftig eine tragende Rolle der Versorgung mit erneuerbarer Energie in Deutschland übernehmen. Vielfach wird von einem Level-Playing-Field gesprochen, auf dem alle Akteure und Technologien im Strommarkt die gleichen Chancen haben. Dieses neutrale Level-Playing-Field gibt es in Folge vielfacher Verzerrungen im Energiesektor gerade nicht. So würde etwa heute kein Kernkraftwerk wirtschaftlich laufen, wenn es eine Versicherungspflicht für Kernkraft-werke gäbe, und kein Braunkohlekraftwerk wäre in Betrieb, wenn sich die CO2-Kos-ten vollständig im Erzeugungspreis widerspiegeln würden. Die in Großbritannien getroffene Investitionsentscheidung für den Ausbau des Kernkraftwerks Hinkley Point C zeigt die tatsächlichen Vollkosten von Nuklearstrom (> 12 €-cent/kWh) auf. Soviel Ehrlichkeit gehört zu einer sachlichen Diskussion. Hinzu kommt, dass alte abgeschriebene (fossile) Kraftwerke mit neuen Anlagen konkurrieren, sowie Technologien, die in ihrer Lernkurve sehr weit fortgeschritten sind, mit denjenigen, die ihre Lernkurve zu einem großen Teil noch vor sich haben. Die finanzielle Anschubförderung der Photovoltaik wird konsequent über das EEG für jeden nachvollziehbar und zu 100% auf die Strompreise umgelegt. Sie belastet nicht wie die vielen versteckten Unterstützungen anderer Erzeugungsformen den Staatshaushalt
2. Handelskonflikt der EU gegen China zur Einfuhr von chinesischen Solarprodukten – Relevanz für die Ausbauziele der Photovoltaik in Europa
Der Boom des Solarmarktes hat zu hohen Investitionen in neue Produktionskapazitäten für Solarzellen und -module geführt. Und diese Investitionen haben zum überwiegenden Teil in Asien – führend ist hier China – stattgefunden. Die Produktionskosten in diesen Ländern sind dabei substanziell niedriger als in Europa. Im Jahr 2013 hat Brüssel auf Drängen einiger europäischer Solarhersteller Strafzölle auf die Einfuhr chinesischer Solarzellen und -module verhängt. In der Folge dieser Entscheidung wurde zwischen Brüssel und den chinesischen Herstellern eine so genannte „Mindestpreisvereinbarung“ verhandelt. Das bedeutet, dass den chinesischen Herstellern eine Mengenquote für den Import von Solarzellen und -modulen nach Europa garantiert wird, die einen Teil des europäischen Marktes abdeckt – wenn sie ihre Produkte zu einem vorgegebenen Mindestpreis verkaufen. Dieses Festschreiben unnötig hoher Preise belastet Verbraucher und Investoren in Europa ungerechtfertigt und verhindert die im freien Wettbewerb möglichen Preissenkungen von Solarmodulen. Der europäische Solarmarkt ist in der Folge und in Ermangelung preiswerter Solarmodule drastisch eingebrochen. Auch die durchgeführten Ausschreibungen von Freiflächenanlagen in Deutschland werden damit nicht mit dem heute bereits erreichbaren Potenzial vergeben, sondern zwangsläufig zu höheren als nötigen und auch schon erreichbaren Kosten führen. Eine weitere Konsequenz ist, dass das 2.5 GW-Ausbauziel der Bundesregierung für Photovoltaik seit 2014 bei Weitem nicht mehr erreicht wurde. Sinnvollerweise existiert für das im Moment noch geltende Vergütungsmodell für Solarstrom im Rahmen des EEG ein automatisierter Absenkungsmechanismus bei der Vergütung. Wenn jedoch die Vergütung kontinuierlich sinkt, die Preise für Solaranlagen nach unten aber durch Mindestpreise eingefroren sind und nicht mehr in gleichem Maß der Vergütung nach unten folgen können, entsteht naturgemäß ein Stillstand. Im März 2017 hat die EU Kommission nach einer durchgeführten Auslaufüberprüfung über die Maßnahmen und gegen den Willen einer breiten Opposition aus der gesamten Solarindustrie die Maßnahmen nochmals um 18 Monate verlängert. Präsident Juncker und Kommissarin Malmström haben aber gleichzeitig angekündigt, dass die Maßnahmen nach dieser Zeitspanne endgültig auslaufen sollen.
Ausblick
Es soll hier nicht verschwiegen werden, dass Solarstrom fluktuierend ist und selbstverständlich nur unter Sonneneinstrahlung produziert wird. Das heißt, wir brauchen auch konventionelle Kraftwerke für die rund-um-die-Uhr Stromversorgung bzw. zur Deckung der Residuallast. Wir müssen mit hoher Priorität Möglichkeiten der „Verstetigung“ von fluktuierenden Stromquellen entwickeln. Die vielfach diskutierten Möglichkeiten wie Batteriespeicher, Pumpspeicher, Power-to-Gas oder Power-to-Heat machen sehr gute Fortschritte. Wir brauchen aber ebenso den nationalen und europäischen Ausbau der Übertragungsnetze. Es soll hier auch nicht verschwiegen werden, dass mit jeder zusätzlich produzierten Kilowattstunde Strom aus erneuerbaren Quellen die konventionellen Kraftwerke weiter unter Druck kommen werden. Daraus resultieren wirtschaftliche Nachteile für diese Betreiber und eine Verlagerung von Arbeitsplätzen wird stattfinden. Und nicht zuletzt steht über der gesamten Thematik das Ziel, während des Umbaus unseres Energiesystems zur Wahrung von Arbeitsplätzen eine jederzeit gesicherte Stromversorgung zu minimalen Kosten zu gewährleisten. Die bis heute bereits enorm gesunkenen und weiterhin sinkenden Kosten für Solarstrom ermöglichen aber, dass die Photovoltaik die ihr zugedachte tragende Rolle bei der Energiewende einnehmen wird. Und wir sollten uns immer vor Augen halten, dass jede erzeugte Kilowattstunde Solarstrom CO2 einspart und damit der Klimaerwärmung entgegenwirkt.
Die Wacker Chemie AG
Die Wacker Chemie AG feierte 2014 ihr 100jähriges Jubiläum. Die Wurzeln und der noch heute wichtigste Produktionsstandort mit rund 10.000 Beschäftigten liegen im bayerischen Burghausen an der Grenze zu Österreich. Fünf Geschäftsbereiche erzielten in 2016 einen Jahresumsatz von rund 5.4 Mrd. EUR. Damit ist WACKER mit Abstand das größte bayerische Chemieunternehmen. Rund 80% des Umsatzes basieren auf Folgeprodukten des Rohstoffs Silizium (im Wesentlichen die Unternehmensbereiche WACKER SILICONES, WACKER POLYSILICON und SILTRONIC). Der Geschäftsbereich WACKER POLYSILICON stellt seit über 60 Jahren hochreines polykristallines Silizium her – das weltweit reinste industriell hergestellte Material und gleichzeitig zentraler Rohstoff für Halbleiterelemente (Computerchips) und Solarzellen bzw. -module. Mit knapp 1.1 Mrd. EUR Jahresumsatz in 2016 ist WACKER POLYSILICON die globale Nummer 2 beim Umsatz und führend in der Qualität.