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Photovoltaik in Deutschland und der Welt
Autor: Prof. Dr. Jochen Fricke, Sprecher Cluster Energietechnik Photovoltaikanlagen haben in Deutschland 2017 etwa 38 TWh Strom erzeugt und damit einen Anteil von über 7 Prozent an der deutschen Stromversorgung. Den größten Marktanteil haben „klassische“ Siliziummodule, aber auch viele neue Technologien liefern vielversprechende Ergebnisse. Prof. Jochen Fricke, Sprecher des Clusters Energietechnik, gibt Einblicke in Trends und den Stand der Technik.
Mit einer installierten Leistung von ca. 43 GWP hat die Photovoltaik in Deutschland im Jahr 2017 einen Strombeitrag von etwa 38 TWh (38 Mrd. kWh) geleistet. Teilt man den Strombeitrag durch die installierte Leistung, erhält man eine Volllast-Stundenzahl von knapp 900. Der obige PV-Strombeitrag entspricht einem Anteil von 7,2 % an der deutschen Stromproduktion. Der rasante PV-Ausbau seit dem Jahr 2000 ist durch eine von den Stromkunden in Deutschland bezahlte Einspeisevergütung ermöglicht worden. Von anfänglich ca. 0.50 €/kWh ist diese bis heute auf etwa 0.12 €/kWh gesunken. In der Summe sind von den Stromkunden in Deutschland bis heute runde 130 Mrd. € bezahlt worden.
Letztlich hat vor allem die deutsche Einspeise-Vergütung innerhalb von etwa zehn Jahren zu einer drastischen Reduzierung der PV-Produktionskosten geführt. Inzwischen liegen diese in Deutschland bei Ausschreibungen für Solarparks bei unter 0,05 €/kWh, in sonnenverwöhnteren Ländern wie Saudi-Arabien, Dubai oder Chile bei unter 0,025 €/kWh.
In der Welt sind bis 2017 PV-Kraftwerke mit einer Leistung von rund 400 GWP installiert worden. Der jährliche PV-Zubau liegt heute schon bei 100 GWP – rund 50 GWP entfallen auf China. Der derzeit leistungsstärkste Solarpark mit einer Leistung von 850 MWP steht in China an der Longyangxia-Talsperre. Während die zwei führenden chinesischen PV-Produzenten, Jinko Solar und Trina Solar, zusammen Module mit fast 20 GWP auslieferten, ist die deutsche Zell-Produktion nach mehreren Insolvenzen praktisch zum Erliegen gekommen.
Lernkurve Installationskosten
Die Kostenreduktion in der Photovoltaik ist eindrucksvoll. Die „Lernkurve“ für die Installations-Kosten als Funktion der Zeit zeigt, dass seit den 1970er Jahren bei einer Verzehnfachung der PV-Installationen jeweils eine Preishalbierung erreicht wurde. Heute liegen die Installationskosten für Aufdach-Anlagen bei unter 1500 €/kW. Dabei entfällt etwa die eine Hälfte auf das Modul, die andere auf BOS (Balance-Of-System). BOS beinhaltet Verkabelung, Schalter, Montagesystem, MPP-Tracker und Wechselrichter, bei Inselanlagen auch Ladegerät und Batterien.
Die Marktanteile der Si-Solarmodule an den installierten Photovoltaik-Anlagen in der Welt liegen seit 15 Jahren bei etwa 90 %, mit einem Einbruch im Jahr 2009, als CdTe-Module kurzfristig fast 15 % des Marktes abdeckten – heute aber nur noch etwa 5 % beitragen. Seit 10 Jahren dominieren polykristalline Si-Module mit etwa 70% den Markt. Mit weiterer Kostenreduktion in der Photovoltaik werden die effizientesten Module die größten Marktanteile erringen, weil sie die geringsten BOS-Kosten pro Watt haben. So könnten monokristalline Si-Module bis 2020 auf einen Marktanteil von fast 50 % kommen.
Erfolgreich: Silizium-PV
Standard Si-Module haben heute eine Dicke von 150 bis 180 μm. Der Si-Einsatz („Polysilizium“) beträgt pro installiertes Watt etwas über 4 g. Bei einer installierten PV-Leistung von 100 GW in 2017 entspricht dies einem Verbrauch an Polysilizium von etwa 400.000 t. Tatsächlich betrug die weltweite Polysilizium-Produktion etwa 460.000 t, darin sind 30 000 t Electronic-Grade-Silizium für die Halbleiterindustrie enthalten.
Die traditionellen Drahtsägen mit Draht-Durchmessern von ca. 100 μm und einem Slurry-Zusatz aus SiC-Partikeln werden derzeit zunehmend durch Sägen mit Diamant-besetztem Draht ersetzt. Eine Wafer-Dicke von 100 μm scheint so erreichbar. Auch lässt sich eine höhere Sägegeschwindigkeit erreichen und ein noch dünnerer Draht einsetzen, was den Si-Verlust weiter verringert. Die Si-Schnittfläche ist bei dieser Technik extrem glatt. Damit sie im Hinblick auf verringerte Reflexions-Verluste texturiert werden kann, müssen spezielle chemische Lösungen eingesetzt werden.
Die meisten kristallinen Si-Solarzellen werden heute aus p-dotiertem Grundmaterial gefertigt, in das an der Oberfläche – also der dem Licht zugewandten Seite – eine n-dotierte dünne Deckschicht als Emitter eindiffundiert ist. Kontaktfinger auf dieser Schicht nehmen die lichtgenerierten Elektronen auf. Zwischen Elektroden und n-dotierter Schicht liegt eine extrem dünne, hoch-n-dotierte Schicht, um die Rekombination der generierten Ladungsträger an der Si-Oberfläche zu reduzieren. Die Si-Oberfläche wird durch Ätzen pyramidenförmig texturiert, um die Reflexionsverluste zu reduzieren. Die Rückseite der Zellen ist durchgehend, z.B. mit Aluminium kontaktiert. Zwischen dem p-Si und der Al-Elektrode ist eine hoch-p-dotierte Schicht, z.B. aus Al-Ionen eingelagert. Sie erzeugt das sogenannte Back-Surface-Field (BFS), welches die Elektronen reflektiert und die Rekombination von Elektronen und Löchern vermindert. Die besten aus solchen Zellen gefertigten Module haben heute einen Wirkungsgrad von bis zu 20 % für polykristallines Si. Für monokristallines Si ist er etwas höher. Im Hinblick auf eine hohe Lebensdauer der Module von bis zu 30 Jahren sind die Zellen beidseitig in Glas eingepackt. Allerdings altern die Module, wodurch die Leistung im Jahr um etwa 0,5 % abnimmt. Auch die Temperatur beeinflusst die abgegebene Leistung: Diese sinkt um fast 1 %, wenn die Temperatur um 1 K ansteigt.
Schon in der Produktion sind Module mit sogenannten PERC-Zellen (Passivated Emitter and Rear Cell). Hier ist der durchgehende Rückseiten-Kontakt durch punktförmige Kontakte ersetzt, was die Rekombination der generierten Ladungsträger weiter reduziert. Bei TOP-Con-Zellen (Tunnel Oxyde Passivated Contact) sind die Metall-Kontakte durch eine extrem dünne isolierende Schicht (welche von den Ladungsträgern durchtunnelt werden kann) vom Zell-Inneren getrennt. Außerdem wird n-dotiertes Si als Grundmaterial verwendet. Bei Verzicht auf Vorderseitenkontakte sind sowohl p-Typ- als auch n-Typ-Kontakte auf der Rückseite der Zelle angeordnet. Erwähnenswert ist, dass von diversen Firmen mit verschiedenen Si-PV-Typen Zellen-Wirkungsgrade von über 26% erreicht worden sind – dabei liegt das theoretische Maximum bei 29%.
Alternative Dünnschicht-PV
Dünnschicht-Module sind wegen des geringen Einsatzes an aktivem Material und geringer Energie-Rücklaufzeiten interessant. Interessante Nischenmärkte sind Gebäudefassaden und flexible Anwendungen.
Der Anteil von Cadmium-Tellurid-Modulen liegt 2017/18 bei gut 5 % des weltweiten Photovoltaik-Marktes. Der Wirkungsgrad beträgt für heutige Module etwa 18 %. Der Einsatz des raren Elements Tellur liegt bei etwa 40 g/kWP, bei einer Produktion von 5 GW/a werden also etwa 200 t Tellur pro Jahr benötigt. Dies entspricht etwa der Welt-Tellur-Produktion. Obwohl Cadmium ein giftiges Schwermetall ist ist der großflächige Einsatz von CdTe – einer chemisch sehr stabilen 2-6-Verbindung – in riesigen PV-Anlagen weit fortgeschritten.
PV-Module aus amorphem Silizium werden durch plasma-unterstützte Gasphasen-Abscheidung hergestellt. Das Si schlägt sich dabei amorph auf dem Substrat nieder und nimmt dabei Wasserstoff auf, der freie Valenzen des Si absättigt. Der Modul-Wirkungsgrad liegt bei 5 %-7 %, der Anteil an der installierten Leistung in der Welt beträgt etwa 2 %.
CIGS- oder CIS-Dünnschicht-Module bestehen aus den Elementen Kupfer, Indium, Gallium und Selen. Sie haben einen Wirkungsgrad von etwa 17 % und einen Anteil an der installierten Leistung in der Welt von unter 2%. Das rare Zinn wird in CIS-Zellen mit etwa 30 g/kWP eingesetzt. Weltweit wurden 2013 etwa 1300 t Indium aus Lagerstätten und durch Recycling bereitgestellt. Hauptlieferant war China.
Große Erwartungen gibt es bezüglich der Perovskit-Photovoltaik. Innerhalb von einem Jahrzehnt wurden Zellwirkungsgrade von bis zu 22 % erreicht. Die flüssig prozessierbare Dünnschicht-Technologie ist vielversprechend, wird aber im PV-Kraftwerksbereich noch nicht eingesetzt. Die Forschung widmet sich u. a. der Langzeit-Stabilität und dem Ersatz des giftigen Bleis im Perovskit-Absorber CH3NH3PbI3. Hoch attraktiv könnten Stacks aus kristallinem Si mit einer dünnen Perovskit-Deckschicht mit Wirkungsgraden oberhalb 30 % werden.
Quellen
- Dr. H. Wirth, Fraunhofer ISE, Freiburg, Febr. 2018, „Aktuelle Fakten zur Photovoltaik in Deutschland“
- Pressemitteilung Bernreuter Research, Würzburg, Okt. 2017 „Photovoltaik-Zubau läuft 2017 auf 100 GW zu“
- IWR Online Nachrichten – iwr.de, 21.Juni 2017, “Photovoltaik: Analysten erwarten Aufholjagd Monokristalliner Solarzellen“
- Dr. A. W. Bett, BWK70,Nr.3,S.38-41(2018) “Die neuen Möglichkeiten der Photovoltaik“