Bei den gängigen 65 m hohen Gitter-Masten sind im oberen Bereich zwei 380 kV Drehstrom-Systeme und unten ein 220 kV Drehstrom-System zu sehen. An der Mastspitze wird ein Erdseil als Blitzschutz geführt. Die Leiterseile sind bei 380 kV-Systemen durch drei in Serie angeordnete Stäbe à 1,3 m Länge isoliert, bei 220 kV sind es zwei Stäbe. Diese Stäbe bestehen aus Keramik, Porzellan oder Glas und besitzen wegverlängernde tellerförmige Ausbuchtungen, um Kriechströme zwischen den Leiterseilen und dem Mast möglichst gering zu halten. Aus Sicherheitsgründen sind zwei Isolatoren nebeneinander eingesetzt.
Die für die 380 kV Strom-Übertragung benötigten Stromtrassen sind im Fußbereich der Masten auf einer Breite von ca. 35 m, im oberen Bereich von ca. 90 m frei von Sträuchern und Bäumen zu halten.
Die Leiterseile bestehen aus einem tragenden Kern aus verflochtenen Stahldrähten mit einem Querschnitt von insgesamt 40 mm² und einem stromtragenden Mantel aus verflochtenen Al-Drähten mit einem Querschnitt von 240 mm². Statt Kupfer wird Aluminium verwendet, das zwar einen höheren spezifischen Widerstand besitzt, aber eine deutlich geringere Dichte hat und preiswerter ist. Die Aufteilung des Leiters in Drähte reduziert Verluste durch den „Skin-Effekt“, der den Strom tendenziell vom Drahtinneren nach außen verdrängt. Bei 50 Hz beträgt die sogenannte Skin-Tiefe etwa 1 cm – in dieser Tiefe (vom Rand her gerechnet) wäre der Strom in einem massiven Leiter auf 37 % gegenüber dem Rand abgefallen.
Anordnung im Vierer-Bündel
Durch die Anordnung der Leiterseile im Vierer-Bündel wird die elektrische Feldstärke von ca. 50 kV/cm für ein Einzelseil auf Werte unterhalb 20 kV/cm reduziert, sodass Korona-Entladungen verringert werden.
Die Anordnung im Viererbündel mit einem Gesamtleiterquerschnitt von ca. 1.000 mm² für jede der 3 Phasen ermöglicht bei Spannungen von 380 kV (230 kV gegen Erde) und typischen Stromstärken von bis zu 2 A/mm² - also einem Gesamtstrom von 2 kA pro Phase – die Übertragung einer elektrischen Leistung von ca. 1,4 GW.
Vielleicht verblüffend ist die Tatsache, dass der Transport der elektrischen Energie nicht in den Leiterseilen selbst erfolgt, sondern im elektromagnetischen Feld um die Seile herum. Dabei ist die elektromagnetische Energie aber recht gut in der Nähe der Leiterseile konzentriert: Etwa 90 % davon findet sich innerhalb eines gedachten Schlauches um die Seile von 30 m Radius. Die Ohmschen Verluste in den Leiterseilen werden vom elektromagnetischen Feld gedeckt; dieses verliert hierdurch zwischen Kraftwerk und Verbraucher entsprechend an Leistung.
Der elektrische Widerstand der Leitungen führt zu einer Erwärmung der Leiterseile. Deren Kühlung ist umso besser, je kälter und bewegter die umgebende Luft ist. Die Maximal-Temperaturen für konventionelle Leiterseile liegen bei 80° C. Allerdings hat eine Temperaturerhöhung um 10 K eine Widerstandszunahme um ca. 4 % zur Folge. Um die Übertragungskapazität bestehender Anlagen zu erhöhen, werden derzeit Hochtemperatur-Leiterseile entwickelt. Sie erlauben Maximal-Temperaturen von ca. 150° C und höher. Hier sind die Ohmschen Verluste aber mehr als 50 % höher als bei 20° C. Eine 12 km lange Pilot-Strecke mit Leiterseilen mit CFK-Kern ist 2012 von RWE im Hunsrück auf der 110 kV Ebene installiert worden.
Umbau des Übertragungsnetzes
Die Energiewende in Deutschland erfordert auch einen Um- und Ausbau des bestehenden Übertragungsstromnetzes. Besonders wichtig für die Stromversorgung Bayerns ist die 190 km lange Thüringer Strombrücke. Diese startet in Lauchstädt/Sachsen-Anhalt und führt über Vieselbach/Thüringen, Altenfeld/Thüringer Wald, an Coburg vorbei bis Redwitz an der Rodach/Bayern. Die vollständige Inbetriebnahme erfolgte am 14. September 2017. Die gesamte Übertragungsfähigkeit beträgt 5.000 MW. Eigentlich sollte die Leitung bereits bei Außerbetriebnahme des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld 2015 zur Verfügung stehen.
Über weitere Strom-Autobahnen soll vor allem Strom aus Off-Shore- und On-Shore-Windenergieanlagen nach Süden geleitet werden. Zwei solcher Systeme sind schon aus Redundanzgründen erforderlich. Auch Strom aus den Braunkohle-Kraftwerken im Norden, wie Boxberg, Jänschwalde, Schwarze Pumpe, Grevenbroich-Neurath, Niederaußem wird nach dem Abschalten der bayerischen Kernkraftwerke benötigt werden, um in Wind-Flauten und nachts die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Diesbezüglich zeichnen sich Diskussionen um eine Trasse „Südlink“ von Wilster, vorbei an Hamburg, Hannover und Fulda nach Grafenrheinfeld sowie um eine Trasse „Süd-Ost“ von Wolmirstedt bei Magdeburg nach Gundremmingen ab.