Ökologische Nachhaltigkeit im Trend

05.07.2019

Nachhaltigkeit ist ein Megatrend, der alle Branchen durchdringt – auch die Textil- und Bekleidungsindustrie. Seit Jahren ergreifen die Hersteller textiler Materialien und Produkte verschiedenste Maßnahmen für eine umweltbewusste Fertigung und engagieren sich in entsprechenden Forschungs- und Entwicklungsvorhaben sowie Initiativen. Des Weiteren leisten die Unternehmen mit innovativen textilen Produkten, wie leistungsstarken Filtermaterialien oder Leichtbauprodukten, selbst einen Beitrag für mehr Nachhaltigkeit in den verschiedensten Lebensbereichen.

Ökologische Nachhaltigkeit voll im Trend Ökologische Nachhaltigkeit in der Textil- und Bekleidungsindustrie - hier ist eine konzertierte Aktion und ein Umden­ken der gesamten Branche erforderlich. (Bildnachweis: iStock@Simone-Becchetti)

Ökologische Nachhaltigkeit ist ein Wettbewerbsfaktor

Das Streben nach mehr ökologischer Nachhaltigkeit in der Textil­- und Bekleidungsherstellung bietet die Chance für Produkt-­ und Prozessinnovationen. Darüber hinaus beflü­gelt es die Weiterentwicklung und den Einsatz bisher nicht verwendeter oder nicht marktreifer Technologien und Pro­dukte. Insbesondere in den Bereichen Outdoor und Sport wird die ökologische Nachhaltigkeit in den nächsten fünf Jahren sehr stark an Bedeutung gewinnen, wie die Befra­gung von 150 Experten im Rahmen der Studie «Textil und Nachhaltigkeit» zeigt (Abb. 1). Bei technischen Textilien, die in unterschiedlichsten Branchen wie dem Automobilbau, der Medizin-­ oder Industrietechnik Einsatz finden, wird das Thema Nachhaltigkeit ebenfalls zunehmend eine Rolle spie­len; hier stehen jedoch die von Normen und Anwendern vorgegebenen Funktionen im Fokus.

Hohe Standards und Umweltauflagen bei der Herstellung textiler Produkte und ein verantwortungsbewusster und zukunftsorientierter Umgang mit Ressourcen sind hierzu­lande State of the Art. Ein Großteil der Unternehmen der Textil-­, Bekleidungs-­ und Outdoorbranche hat das Thema Nachhaltigkeit in die Unternehmensstrategie implemen­tiert. Für einige ist die Nachhaltigkeit zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor geworden. Entsprechend wird auch an der Entwicklung respektive dem Einsatz nachhaltiger Tech­nologien und Produkte gearbeitet. Ein Umweltmanagement ist für viele Unternehmen bereits selbstverständlich.

Nachhaltigkeit Bedeutung für Textilbranche Abb. 1: In welchem Umfang wird in der Textil- und Bekleidungsindustrie das Thema ökologische Nachhaltigkeit in den nächsten fünf Jahren weiter an Bedeutung gewinnen? (Bildnachweis: Bayern Innovativ)

Faser, Veredelung & Recycling - Potenziale für mehr Nachhaltigkeit

Für mehr ökologische Nachhaltigkeit gibt es zahlreiche  Ansatzpunkte und Stellschrauben in der textilen Wert­schöpfungskette. Im Rahmen der Studie «Textil und Nachhaltigkeit» wurde der Schwerpunkt auf die technologischen Potenziale und Herausforderungen in den Bereichen Faser, Textilchemie, Veredelung/Beschichtung und Recycling gelegt. Einige Technologien liegen in Marktreife vor, andere haben noch wesentliche Entwicklungsschritte vor sich. Manchmal feh­len umweltverträglichere Alternativtechnologien noch gänzlich. Intensiv wird derzeit z. B. an Alternativen für C6/C8-­Fluorcarbonharze für die Realisierung von Schutzfunk­tionen bei technischen Textilien wie ölabweisende oder che­mikalienbeständige Eigenschaften geforscht.

Im Faserbereich sehen 67 % der befragten Experten allge­mein ein großes bis sehr großes Potenzial, um durch tech­nische Weiterentwicklungen zu ökologisch nachhaltigeren Produkten und Technologien zu kommen, wie die Erhebun­gen im Rahmen der Studie ergeben. Insbesondere Biopoly­meren und Recyclingfasern wird ein hohes bis sehr hohes Potenzial zugesprochen. Das Einsatzpotenzial von Biopoly­meren ist im textilen Bereich jedoch sehr anwendungsspe­zifisch. Die befragten Experten sehen z. B. im Outdoormarkt ein großes Anwendungspotenzial für neuartige Biopoly­mere, jedoch sei noch einige Entwicklungsarbeit erforder­lich. Aktuell erfüllen die Materialien die Kundenanforde­rungen hinsichtlich Funktionalität und Performance noch nicht vollständig. Gleiches gilt für Anwendungen im Bereich der technischen Textilien.

Das grösste Entwicklungspotenzial für nachhaltige Techno­logien und Produkte wird von den befragten Experten in Veredelungs-­ und Recyclingtechnologien gesehen. In der Textilveredelung und Beschichtung kommen der­zeit vorrangig nasschemische Verfahren wie das Foulardie­ren und die Streichbeschichtung, aber auch immer mehr Minimalauftragstechniken wie Schaumauftrag und Sprüh­verfahren zum Einsatz. Ein großer Hebel für mehr Nachhal­tigkeit liegt in der Prozess-­ und Anlagentechnik. Hier gilt es, bestehende Techniken zu optimieren und neue zu erschließen, um Energie und Chemikalien einzusparen oder die ge­wünschten Eigenschaften auf anderem Weg zu erzeugen. Zu den erfolgsversprechenden Ansätzen gehören neben dem Digitaldruck, die UV­-LED-­Vernetzungstechnik, oder auch langfristig gesehen die Oberflächenstrukturierung durch Lasertechnik. Im funktionellen Digitaldruck wird z. B. von 70 % der befragten Experten ein großes bzw. sehr großes Potenzial für die nachhaltige Funktionalisierung textiler Materialien gesehen. Die Veredelung mittels Digitaldruck ist grundsätzlich möglich, bedarf aber noch weiterer F&E. Die befragten Experten gehen davon aus, dass die Technologie hierfür frühestens in fünf Jahren marktreif sein wird.

Für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft ist eine enge Kooperation entlang der gesamten textilen Wertschöp­fungskette unerlässlich. Beim Recycling von Bekleidung, von Heim­- und Haustextilien, aber auch von technischen Textilien, ist vor allem die Faserrückgewinnung ohne Qua­litätsverluste das Ziel. Eine Kreislaufführung ist aber nur dann sinnvoll, wenn eine Stofftrennung funktioniert und dadurch nicht mehr Ressourcen verbraucht werden als bei der ursprünglichen Herstellung.

Eine grosse Herausforderung, gerade bei technischen  Textilien, liegt in den unterschiedlichen Fasermischungen, Materialverbünden, Verarbeitungsformen und Ausrüstun­gen. Hierzu fehlen zum Teil je nach Materialzusammenset­zung Trenn-­, Sortier­- und Aufbereitungstechnologien bzw. sind vorhandene Technologien nicht wirtschaftlich. For­schung und Entwicklung ist auf diesem Gebiet dringend erforderlich, wenn man den Weg zu geschlossenen Stoff­kreisläufen beschreiten will. So ist z. B. die Rückgewinnung von Polyester aus gemischten Textilabfällen oder Fasermi­schungen noch nicht endgültig gelöst, auch wenn es erste Ansätze gibt, um PET über chemische Verfahren in ausrei­chender Qualität zurückzugewinnen.

Nachhaltigkeit bereits bei der Produktentwicklung

Die Experten sind sich einig, dass für eine nachhaltige Kreis­laufwirtschaft bereits bei der Produktentwicklung ange­setzt werden muss, um am Ende der Nutzungsdauer wieder sortenreine Reststoff­fraktionen zu erhalten. Ansatzpunkte sind hier eine Materialauswahl und ein Design, die auch das Lebensende des Produktes und damit ein leichtes Recyceln berücksichtigen. Eine Alternative zum Recycling wäre der verstärkte Einsatz biologisch abbaubarer bzw. natürlicher Materialien und der Aufbau entsprechender Wege und Kon­zepte für deren Wiederverwertung bzw. Entsorgung.

Einig waren sich die Interviewpartner, dass ein einzelnes Unternehmen in der Textilherstellung keine große Wende zum Denken in geschlossenen Wertstoffkreisläufen bewir­ken kann – hier ist eine konzertierte Aktion und ein Umden­ken der gesamten Branche erforderlich.

Lesetipp Studie "Textil und Nachhaltigkeit"

Lesetipp Studie Textil und Nachhaltigkeit Steigende Nachhaltigkeitsanforderungen von Kunden, Ver­brauchern und dem Gesetzgeber erfordern die weitere Ent­wicklung und den Einsatz nachhaltiger Technologien und Prozesse. (Bildnachweis: iStock@Shapecharge)

Die Studie «Textil und Nachhaltigkeit» von Bayern Innovativ gibt einen umfassenden Überblick über die ak­tuelle Situation der Textil­ und Bekleidungsindustrie in Be­zug auf das Thema ökologische Nachhaltigkeit und zeigt technologische Ansätze und Potenziale auf. JETZT MEHR ERFAHREN!

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Christina Harwarth

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