Bei der Einführung Additiver Fertigungstechnologien im Unternehmen stellt sich die Frage, wie mit den hohen Anfangsinvestitionen und den damit einhergehenden Risiken umgegangen werden soll. Hierzu zählen die Anschaffung einer Anlage und die Kosten für Geräte zur Nachbearbeitung der additiv gefertigten Bauteile. Hinzu kommt, dass die Weiterbildung der Mitarbeitenden und die Implementierung der Additiven Fertigung in die bestehende Prozesskette ebenfalls finanziert werden müssen.
Hier gibt es die Möglichkeit, zunächst einen Fertigungsdienstleistenden zu beauftragen, der die benötigten Bauteile druckt. Auf diesem Wege muss das Unternehmen keine eigene Anlage finanzieren. Aber ist das eine dauerhafte Lösung und welche Vor- und Nachteile gibt es hinsichtlich der beiden Varianten: 3D-Drucken (= Make) oder 3D-Drucken lassen (= Buy)?
3D-Drucken (= Make) oder 3D-Drucken lassen (= Buy)?
Der Weg über den Fertigungsdienstleistenden ist anfangs hilfreich und senkt die Eintrittshürde, da durch die ersten Prototyping-Versuche eine bessere Ausgangsbasis für eine Entscheidung erarbeitet werden kann. Weiterhin bietet der Dienstleistende wertvolles Know-how. Dies ist vor allem in der Einführungsphase entscheidend, da es oftmals spezifische Kenntnisse erfordert, Bauteile in gewünschter Qualität zu produzieren. Im schlimmsten Fall kann eine misslungene Einführung der Additiven Fertigung dafür sorgen, dass die Akzeptanz der Technologie im Unternehmen sinkt und die Verantwortlichen sich für eine Abkehr von der Zukunftstechnologie entscheiden. Die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Fertigungsdienstleistenden kann ein unterstützender Faktor sein, um die Begeisterung für die Additive Fertigung im gesamten Unternehmen zu wecken und Know-how über passende Anwendungsfälle gemeinsam aufzubauen.
Ein weiterer Aspekt ist, dass sich hinter dem Begriff der Additiven Fertigung mittlerweile eine sehr große und stetig wachsende Anzahl an verschiedenen Verfahren verbirgt. Deshalb kommen – abhängig vom eingesetzten Werkstoff und den gewünschten Eigenschaften der Bauteile – verschiedene Additive Verfahren in Frage. Mit der Anschaffung einer Anlage ist es also nicht getan. Um alle Vorteile hinsichtlich der Materialvielfalt, der möglichen Auflösung, der Bauraumgröße und Präzision sowie einer möglichst kostenoptimierten Herstellung nutzen zu können, wäre es nötig, Zugriff auf verschiedene additive Verfahren zu haben. Solch einen Anlagenpark als einzelne Firma vollständig zu betreiben und auszulasten, ist oftmals schwierig. Somit ist die Buy-Variante auch nach der Anschaffung einzelner Verfahren häufig weiterhin eine sinnvolle Ergänzung. Auf diese Weise können auch seltener genutzte Additive Fertigungsverfahren in der Produktentwicklung betrachtet und eingesetzt werden.
Dies zeigt, dass beim Einstieg in die Additive Fertigung viele Abwägungen notwendig sind. Für den Erfolg ist entscheidend, sich bereits zu Beginn einen Business-Case zu überlegen und die Kompetenzen der Mitarbeitenden in der Konstruktion für die Additive Fertigung zu schulen.
Doch gibt es auch Gründe für die frühzeitige Anschaffung einer eigenen Anlage?
Eine eigene Anlage im Unternehmen kann bei den Beschäftigten zum einen Motivation und Begeisterung für Additive Verfahren wecken, da durch die eigenständige Nutzung und Erarbeitung das Wissen und die Prozesstransparenz steigen. Zum anderen nimmt das Verständnis für Möglichkeiten und Grenzen der Additiven Fertigung zu, was die Basis für die Ermittlung neuer Anwendungsfälle und optimierter Bauteildesigns ist. Hierbei ist die Identifikation geeigneter Anwendungsfälle, bei denen der Einsatz der Additiven Fertigung Potenziale und Funktionsvorteile unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Betrachtung bietet, eine der größten Herausforderungen.
Letztendlich wird durch den Anlagenkauf eigenes unternehmensinternes Wissen aufgebaut. Damit verringert sich die Abhängigkeit vom Fertigungsdienstleistenden sowie von dessen Angeboten und Preisgestaltung. Weiterhin besteht somit eine höhere Flexibilität hinsichtlich der Anlagennutzung und der Bauteilproduktion. Dies führt bei einer entsprechend hohen Auslastung der Maschine zu einem vollumfänglichen Nutzen der Additiven Fertigung auch hinsichtlich wirtschaftlicher Aspekte.
Zusammengefasst sind bei einer Make-or-Buy-Entscheidung folgende Faktoren zu berücksichtigen:
- die zukünftige Maschinenauslastung
- ein geeigneter Business-Case
- der Aufbau des internen Wissens
- die Verfahrensauswahl sowie die verfügbaren Investitionsmittel.
Aufgrund der vielen Einflussfaktoren ist es eine Einzelfallentscheidung, zu welchem Zeitpunkt oder ob überhaupt eigene Anlagen angeschafft werden sollten.
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