Die Zukunft der Polymere ist "biobasiert"! (Bildnachweis: istock@bdspn)
Heutzutage werden diese zum größten Teil noch auf Erdölbasis hergestellt. Nur wenige Polyamide basieren auf nachwachsenden Rohstoffen wie z. B. Polyamid 10.10, das aus dem Öl der Rizinuspflanze gewonnen wird. Biobasierte Polyamide sind jedoch oft deutlich teurer und können auf dem Markt nur gegenüber Erdölprodukten bestehen, wenn sie spezielle, neuartige Eigenschaften besitzen.
Forschern der Fraunhofer-Gesellschaft und der Technischen Universität München (TUM) ist es gelungen, eine neue Polyamidfamilie zu entwickeln, die aus dem biogenen Ausgangsstoff (+)-3-Caren gebildet wird [1]. Die neuen Hochleistungspolyamide überzeugen durch spezielle Eigenschaften, die sie für viele Anwendungen attraktiv machen. So werden sie erst bei höheren Temperaturen als vergleichbare Erdölprodukte weich, und die neuen Polymere lassen sich sowohl transparent als auch teilkristallin herstellen. Die Reaktion in einem Reaktionsgefäß senkt die Kosten und trägt zur nachhaltigeren Produktion bei.
Ausgangsstoff für (+)-3-Caren ist Terpentinöl, ein Nebenprodukt der Zelluloseindustrie. Dadurch erfährt das Terpentinöl, das bisher zur Energiegewinnung genutzt wird, nicht nur eine große Wertsteigerung, sondern es wird zugleich ein industrieller Nebenstrom im Sinne der Koppelnutzung eröffnet. Der Anbau von nachwachsenden Rohstoffen und damit auch die Flächenkonkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion entfallen.
Nachhaltigere Wirtschaftsweise mit biobasierten Materialien
Nicht nur Polyamide, sondern eine Vielzahl konventioneller, auf fossilen Rohstoffen basierende Kunststoffe können heute bereits durch biobasierte Kunststoffe ersetzt werden. Diese können aus unterschiedlichsten biogenen Rohstoffen gewonnen werden. Die Basis können beispielsweise nachwachsende Rohstoffe wie Zuckerrüben, Stärkepflanzen oder Löwenzahn aber auch biogene Reststoffe aus der Landwirtschaft oder organische Abfälle sein. Auch die Bestandteile von Holz, Cellulose, Lignin und Hemicellulose, können gezielt für die Herstellung höherwertigerer Produkte genutzt werden. Selbst Algen lassen sich als Produzenten für Biomasse einsetzen.
Durch Anbau und Nutzung entsprechender Rohstoffpflanzen, wobei CO2 mittels Photosynthese gebunden wird, trägt die stoffliche Nutzung von Biomasse zur Verringerung von CO2-Emissionen bei. Dadurch wird kein neues CO2 in die Atmosphäre eingebracht und es entstehen keine ungewollten Emissionen durch die Förderung fossiler Rohstoffe. Nachhaltiger wird die Nutzung durch eine intelligente Koppel- und Kaskadennutzung der verschiedenen Biomassestoffströme bis hin zum Recycling produzierter Materialien in nachhaltigen Stoffkreisläufen. Erst durch die Kombination von Bioökonomie und Kreislaufwirtschaft wird eine nachhaltige Wirtschafts- und Produktionsweise möglich.
Biobasierte Polymere
Die Anwendungen biobasierter Polymeren sind vielfältig. (Bildnachweis: Fotolia/artemegorov)
In Abhängigkeit der Rohstoffherkunft (fossil/biogen bzw. aus nachwachsenden Rohstoffen) und der Eigenschaften des finalen Polymeres (abbaubar/nicht abbaubar) werden Kunststoffe in eine von vier Gruppen eingeteilt:
- konventionelle erdölbasierte Polymere
- biobasierte Polymere, die nicht biologisch abbaubar sind
- Biopolymere aus nachwachsenden Rohstoffen, die biologisch abbaubar sind
- Biopolymere aus fossilen Rohstoffen, die biologisch abbaubar sind.
Dabei besitzen biobasierte Polymere nicht zwingend die Eigenschaft, biologisch abbaubar zu sein. Bei den Biopolymeren kann es sich um biobasierte Drop-in-Lösungen, also um einen Kunststoff, der bisher aus fossilen Rohstoffen hergestellt wurde und nun aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt wird (u. a. Bio-PET, Bio-PP…), oder um ein neuartiges Biopolymer handeln (u. a. PLA, PEF). Drop-in-Lösungen haben den Vorteil, dass die Kunststoffe die gleichen Eigenschaften aufweisen und somit mit den gleichen Verfahren und Anlagen wie bisher verarbeitet werden können.
Im Gegensatz dazu weisen neuartige biobasierte Polymere andere Eigenschaften auf. Für sie müssen Herstellungs-, Verarbeitungs- und falls notwendig Recyclingverfahren erst aufwendig entwickelt werden. PLA (Polylactid, Polymilchsäure) und PHA (Polyhydroxyalkanoate) sind zwei Beispiele für neuartige Biopolymere, die biogenen Ursprungs und bioabbaubar sind. PLA wird dabei auf Basis von Mais über biotechnologische Verfahren hergestellt. PHA ist ein natürlich in Bakterien vorkommender Speicherstoff, der mit Hilfe von Additiven zu einem Werkstoff verarbeitet werden kann.
Auch Proteine können zu technischen Werkstoffen verarbeitet werden. So produziert das Münchner Unternehmen AMSilk biotechnologisch Spinnenseidenproteine, die zu biobasierten Fasern ausgesponnen werden.
Die Anwendungen für biobasierte Polymere sind äußerst vielfältig. Von Textilfasern, Verpackungen und Klebstoffen bis hin zu Werkstoffen für die Automobil-, Bau- und Sportindustrie sind fast alle Einsatzbereiche denkbar.
Austausch und Vernetzung als Kernelement
Die Transformation von einer linearen auf fossilen Rohstoffen basierenden Wirtschaft hin zu einer zukunftsfähigen nachhaltigen Ökonomie erfordert neue Technologien, innovative Lösungen und transdisziplinäre Ansätze. Dies kann keiner allein bewältigen. Der Austausch zwischen Akteuren und Experten verschiedener Branchen ist besonders wichtig.
Tauschen Sie sich am 4. November 2020 bei unserem Cluster-Treff über die Zukunft biobasierter Polymere aus. (Bildnachweis: Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB) Dieses Ziel verfolgt der virtuelle Cluster-Treff „Biobasierte Polymere für die Anforderungen der Zukunft“, der am 4. November 2020 am Vortag zum Online-Forum „Biopolymere“ statt findet. Informieren Sie sich über aktuelle Entwicklungen biobasierter Polymere. Tauschen Sie sich mit anderen Akteuren aus und nutzen Sie das Angebot, von den Wissenschaftlern der Fraunhofer-Gesellschaft anhand konkreter Beispiele über neue Ansätze für Ihre eigenen Produkte informiert zu werden.