Rückblick
Bau Innovativ - einfach zukunftssicher
7. November 2024
09:00 - 17:30 Uhr

Die Bauwirtschaft erlebt gerade einen fundamentalen Wandel: die Art und Weise, wie Menschen leben, arbeiten, wohnen und bauen wird hinterfragt und verändert sich merklich. Die Herausforderungen sind vielfältig: von der energetischen Sicherheit, Digitalisierung, Ressourcenverknappung und dem Klimawandel bis hin zu demografischen Veränderungen und der Urbanisierung. Diesen begegnet der technologische Fortschritt im Bausektor mit einer Vielzahl an Chancen und innovativen Technologien. Dabei geht es nicht nur darum, auf Megatrends zu antworten, sondern auch privaten und öffentlichen Bauherren…
Der Vortrag zeigt unter Bezugnahme auf die von Prof. Dietmar Walberg zum 15. Wohnungsbautag in Berlin erstellte Untersuchung auf, mit welchen Kosten üblicherweise beim Wohnungsbau 2024 zu rechnen ist, welche Einsparpotentiale bei Veränderung von Baustandard möglich sind und wie dadurch die vorhandenen Neubaubedarfe gedeckt werden könnten.
Ist die Vollsanierung des Wohnungsbestandes auf Neubauniveau alternativlos? Sind möglicherweise einfachere Strategien effektiver, kostengünstiger und könnten eine Beschleunigung der energetischen Bestandssanierung befördern? Um diese Fragen zu klären, sollen minimalinvasive Sanierungsansätze für eine nachhaltige Transformation des Bestands in der Praxis erprobt und überprüft werden. Dafür werden an sieben baugleichen Zeilenhäusern der GGH in der Pfaffengrund-Siedlung in Heidelberg unterschiedliche Maßnahmen umgesetzt und miteinander verglichen. Die Häuser der 50er und 60er Jahre sind weit verbreitet und in nahezu jeder Stadt Deutschlands anzutreffen. Als Referenzvariante dient eine Vollsanierung nach dem EH-55-Standard.
Die Forschungsgruppe Einfach Bauen der TU München führt ein Energieverbrauchs-Monitoring vor und nach der Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen im Betrieb der Gebäude durch, sodass daraus Tendenzen zu verändertem Nutzerverhalten (Rebound-Effekt) sowie der in der Planungsphase prognostizierten und im tatsächlichen Betrieb gemessenen Energieverbräuche (Performance Gap) abgeleitet werden können. Tatsächliche Effekte verschiedener Strategien der energetischen Sanierung können so belegt werden.
Die Grundlagen der einzelnen Sanierungsvarianten wurden im ersten Halbjahr 2024 erarbeitet, sodass noch im selben Sommer die bauliche Umsetzung erfolgt. Das Projekt soll in zwei Bauabschnitten umgesetzt werden. Im kommenden Winter kann das zweite Verbrauchsmonitoring durchgeführt werden. Die GGH verantwortet die Planung, Ausschreibung, Bauleitung und Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen.
Welche Maßnahmen ergreift der Freistaat Bayern für einfaches und kostengünstiges Bauen? Eine betrifft den „Gebäudetyp-e“. Dieser geht zurück auf eine Initiative der Bayerischen Architektenkammer, der sich auch die Bayerische Ingenieurekammer-Bau angeschlossen hat. Das Bauen unter dem Schlagwort „Gebäudetyp-e“ zielt darauf ab, die Vielzahl an Normen und Regelwerken auf den Prüfstand zu stellen, um mit normreduzierten und abweichenden Lösungen einfachere und damit kostengünstigere und ressourcenschonendere Gebäude errichten zu können. Mit Pilotprojekten will das Bayerische Bauministerium herausfinden, wie gut das in der Praxis funktioniert. Im Sommer 2023 wurde dazu schon Artikel 63 der BayBO geändert. Von großer Bedeutung für die dem „Gebäudetyp-e“ zu Grunde liegende Idee des einfachen Bauens wird allerdings sein, ob es gelingt, auch im Zivilrecht Möglichkeiten für Abweichungen von den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu schaffen.
Die Komplexität der Konstruktionen und Gebäudetechnik steigt seit Jahrzehnten stetig. Dies betrifft die Anforderungen an Standsicherheit, Wärme-, Feuchte-, Brand- und Schallschutz, Hygiene und Gesundheit wie auch den allgemeinen Nutzerkomfort. Das äußert sich in einer fast unüberblickbaren und weiter steigenden Zahl an Normen und Baugesetzen. Das damit anvisierte Ziel der Qualitätssicherung wird oft nicht erreicht: Die Folge der Komplexität ist eine hohe Fehlerquote in Planung und Ausführung sowie eine Überforderung von Bauherren und Nutzern.
Im Forschungsprojekt „Einfach Bauen“ wurden Strategien für Low-Tech-Gebäude entwickelt und in drei Forschungshäusern in Bad Aibling angewendet. Inzwischen liegen die Ergebnisse der Langzeitmessungen vor und liefern Erkenntnisse, inwiefern die Annahmen in der tatsächlichen Nutzung eingetreten sind. Die drei Häuser werden hinsichtlich Umweltwirkung, Kosten und Wohnkomfort verglichen.
Anhand eines Bürogebäudes in Gräfelfing wird dieses spannende Thema in gebauter Form gezeigt und erklärt und ein kurzer Ausblick in die weitere Forschung gegeben.
Treff der Baubranche in Fürstenfeldbruck
Wie bauen wir einfach und zukunftssicher? Wohin bewegen sich die Rahmenbedingungen der Baubranche? Welche Technologien können dabei helfen, die aktuellen Herausforderungen zu meistern? Mit diesen Fragen beschäftigte sich das Symposium Bau Innovativ am 7. November in Fürstenfeldbruck.
Ca. 140 Fachleute aus Wirtschaft, Forschung und Politik nutzen die Gelegenheit zum Austausch über die Kernthemen der Veranstaltung: einfaches Bauen, Gebäudetyp E, Perspektiven und Arbeitsumfeld der Branche und Bauausführung mit innovativen Ansätzen.
Zahlreiche Faktoren haben in den vergangenen Jahren die Baukosten in die Höhe getrieben und den Wohnungsbau immer schwieriger gemacht. Steigende Anforderungen und staatliche Regulierungen werden oft mit dem Einsatz von komplexer und teurer Gebäudetechnik beantwortet. Damit entwickelt sich der technische Ausbau zum größten Kostentreiber, wie Christian Bruch, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau e.V. in seiner Keynote aufzeigt. Um 336% sind diese Kosten seit dem Jahr 2000 gestiegen.
Einfaches Bauen ist das Gebot der Stunde, das war die Kernaussage in vielen Vorträgen. Allerdings ohne energetische Mindeststandards, Wohnkomfort oder Langlebigkeit in Frage zu stellen. Wie das umgesetzt werden kann, dazu lieferten die Vorträge und Ausstellebeiträge eine ganze Reihe an Lösungsansätzen.
Eine wichtige Initiative zum einfachen Bauen, der Gebäudetyp-E, wurde von Dr. Martin Kraus-Vonjahr vom Bayerischen Bauministerium vorgestellt. „E“ steht dabei für einfach und experimentell. „E“ ist kein eigener Standard, sondern ermöglicht die Anwendung von normreduzierten und innovativen Lösungen. Die Bayerische Bauordnung wurde schon entsprechend geändert und 19 Pilotprojekte in ganz Bayern angestoßen: einfaches und experimentelles Bauen mit wissenschaftlicher Begleitung. Ziel ist es, neue Ansatzpunkte und Herangehensweisen zu finden und zu testen und dabei Normen und Regelwerke auf den Prüfstand zu stellen.
Aber nicht nur Einfachheit, auch serielles Bauen und industrielle Vorfertigung können einen Beitrag leisten, Kosten und Komplexität zu reduzieren. Diesem Thema widmete sich eine der beiden parallelen Vortragsreihen am Nachmittag.
Staatsminister Hubert Aiwanger, hat die Wichtigkeit der Veranstaltung durch seine Anwesenheit und einen Redebeitrag hervorgehoben. „Der Zielkonflikt zwischen hohen Qualitätsstandards und Bezahlbarkeit muss gelöst werden. Das kann gelingen durch Automatisierung, Digitalisierung und Modularisierung“ so Minister Aiwanger. Bei einem Rundgang in der Ausstellung kam er mit Unternehmen ins Gespräch und informierte sich über neueste Entwicklungen in der Baubranche.