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Wärmedämmung - Ug-Wert von Fenstern sind relevant
Autor: Dr. Helmut Weinläder, Sven Hippeli, ZAE Bayern, Alexander Frenzl, NETZSCH-Gerätebau GmbH (Stand: Januar 2017) Das neu entwickelte mobile Ug-Wert-Messgerät kann den Ug-Wert (Wärmedämmwert) von Verglasungen einfach und zuverlässig innerhalb weniger Minuten messen. Für Energieberater, Bauphysiker, Kundenbetreuer usw. eröffnet das neue mobile Messgerät somit erstmalig die Möglichkeit, den tatsächlichen Wärmedämmwert einer verbauten Verglasung mit hoher Genauigkeit vor Ort zu ermitteln. Die gewonnenen Messergebnisse liefern eine fundierte Grundlage für die thermische Bewertung von Bestandsverglasungen. Hierdurch können potentielle Energieeinsparpotentiale im Gebäudesektor sichtbar gemacht und ein signifikanter Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden.
Wenn bei einer Bestandsverglasung bislang Unsicherheit über den Dämmwert bestand, so musste dieser aus den Verglasungsdaten – sofern vorhanden – abgeschätzt oder die Verglasung aufwendig ausgebaut und im Labor vermessen werden. Nur bei älteren Verglasungen mit Luftfüllung und ohne low-e-Schicht lässt sich der Ug-Wert recht genau aus dem Scheibenaufbau ermitteln. Sobald aber Edelgasfüllungen oder low-e-Schichten betroffen sind, ist eine solche Abschätzung fraglich, da der tatsächliche Gasfüllgrad der Verglasung und der exakte Emissionsgrad der low-e-Schicht in der Regel nicht bekannt sind.
Projekt "Fenstercheck"
Um hier mehr Sicherheit zu schaffen, wurde im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages geförderten Projektes „Fenstercheck“ das mobile Messgerät Uglass zur Bestimmung des Ug-Wertes von Isolierverglasungen entwickelt (Abb.1). Der tatsächliche Wärmedämmwert der Verglasung kann nun einfach, schnell und zuverlässig vor Ort bestimmt werden.
Die beiden Gerätehälften sind auf der aktiven Messfläche mit Heizfolien ausgestattet. Eine interne Sensorlogik überprüft das an der Verglasung anliegende Temperaturgefälle. Ist kein ausreichendes Temperaturgefälle vorhanden, gibt das Gerät über die Heizfolie einen zusätzlichen einseitigen Heizimpuls auf die Verglasung. Ist der vorhandene Temperaturgradient ausreichend, unterbleibt das Heizen. In beiden Fällen wird die zeitliche Temperaturänderung nach dem Aufsetzen der Gerätehälften für die Auswertung genutzt (transientes Messverfahren). Die numerische Analyse und Auswertung der Messdaten erfolgt bereits fortlaufend parallel während der Messung. Die Ansteuerung und Auswertung erfolgt vollautomatisch über eine benutzerfreundliche Software. Die beiden Gerätehälften selbst sind hierbei über WLAN mit dem PC verbunden.
Mit dem entwickelten Messgerät wurden im Projektzeitraum zahlreiche Validierungsmessungen durchgeführt. Abb. 2 zeigt die mit dem Messgerät ermittelten Ug-Werte für verschiedene Verglasungstypen über den theoretisch berechneten Werten. Es zeigt sich eine gute Korrelation entlang der Winkelhalbierenden. Der Messbereich erstreckt sich von gut dämmenden 3-fach-Isoliergläsern über 2-fach-Isoliergläser bis hin zur luftgefüllten 2-fach Verglasung ohne low-e Schicht und Edelgasfüllung.
Die mit dem Messgerät experimentell bestimmte relative Messunsicherheit des Messverfahrens liegt bei ±10% bei Ug-Werten über 1,0 W/(m²K). Bei Ug-Werten unter 1,0 W/(m²K) liegt sie bei ±0,1 W/(m²K). Das Messgerät ist für Zwei- und Dreifachisoliergläser sowie Dach- und Fassadenverglasungen geeignet und deckt den relevanten Messbereich der Ug-Werte zwischen 0,5 W/(m²K) und 4 W/(m²K) bei einer Messdauer von nur wenigen Minuten vollständig ab.
Sehr verlässlich im Praxiseinsatz
Im praktischen Einsatz zeigt sich, dass das Messgerät sehr verlässliche Aussagen über den Zustand der Fenster im Bestand zulässt. Ebenfalls erweist sich das Verfahren als hilfreiches Werkzeug im Rahmen der fertigungsbegleitenden Prüfung. Erste Isolierglashersteller messen während der Fertigung neben den vorgeschriebenen Messungen des Gasfüllgrades ebenfalls den Ug-Wert der fertigen Isolierglaseinheit. Dies ermöglicht dem Hersteller die Optimierung seiner Fertigungsqualität und schafft Vertrauen beim Kunden und Verbraucher.
Bei der Bewertung von Bestandsverglasungen im Rahmen von energetischen Sanierungen konnten in der Praxis Abweichungen in beide Richtungen vom mutmaßlichen Schätzwert festgestellt werden. Zum Einen wird man mit Einschätzungen konfrontiert, die mit einem Ug-Schätzwert von 1,3 W/(m²K) den Erhalt der Verglasungen im Zuge der Sanierung nach sich ziehen würden – man während der Feldmessung aber deutlich schlechtere Werte feststellt und den gesamtenergetischen Zustand nach der Sanierung in Frage stellen muss. Zum Anderen sind Verglasungen vermessen worden, die zunächst deutlich schlechter mit 2,3 W/(m²K) eingeschätzt wurden und zum Austausch vorgesehen waren. Mittels einer Feldmessung konnten deutlich bessere Werte gemessen werden, die den Erhalt der Verglasungen lohnenswert machten und die Sanierungsaufwände deutlich reduzierten. In beiden Fällen zeigt sich, dass die Betrachtung des Ug-Wertes mittels Messung tragende Grundlage in der Erarbeitung eines Sanierungskonzeptes sein sollte. Die Schätzung des Ug-Wertes anhand des Alters und der Gesamtbeschaffenheit ist von daher unzulänglich.
Ebenso ist es denkbar, das Gerät in der Wareneingangskontrolle beim Fenster- und Fassadenbauer stichprobenartig einzusetzen. So kann gewährlistet werden, dass rechtzeitig eventuelle Qualitätsmängel entdeckt werden, bevor es zum Einbau und zur Verursachung weiterer Kosten kommt. Ohnehin ist es hilfreich, im Zweifelsfall eine mobile Ug-Wert-Messung durchzuführen, bevor man Bestandsfenster ausbaut, Notverglasungen einsetzt und die Verglasungen zur teils zerstörenden Laboruntersuchung bringt. Dies zieht oft gerichtliche Streitfälle und weitere Kosten nach sich, die leicht vermieden werden können.
Das Institut für Fenstertechnik (ift) in Rosenheim hat Vergleichsmessungen zwischen Uglass und den genormten Labormethoden durchgeführt und berichtete auf den Rosenheimer Fenstertagen von der guten Vergleichbarkeit. Dabei wurden Verglasungen mit Uglass zerstörungsfrei gemessen und verglichen mit der Berechnung nach DIN EN 673. Um fundierte Berechnungswerte zu erhalten, wurden die Verglasungen nach der Messung zerstört und Werte des Gasfüllgrades und der Emmissivität bestimmt, die dann in die Berechnung eingingen. Für Standard 2-fach und 3-fach-Verglasungen, wofür Uglass maßgeblich entwickelt wurde, sind die Ergebnisse im Rahmen der Messgenauigkeit von Uglass vergleichbar mit der Berechnung nach DIN EN 673. Für Verbundsicherheitsglas und hier insbesondere für Aufbauten mit hoher Scheibendicke oder Asymmetrie weichen die Messwerte teilweise ab und erfordern weitere Tests bzw. Handlungsempfehlungen. Eine Übersicht der Vergleichsmessungen ist in den nachfolgenden Tabellen dargestellt. Das mobile Ug-Wert-Messgerät wurde 2016 mit dem Bayerischen Energiepreis in der Kategorie „Produkte und Anwendungen“ ausgezeichnet.