- Bayern Innovativ
- Strom speichern - Akkumulatoren funktionieren auch im Megawattbereich
Strom speichern - Akkumulatoren funktionieren auch im Megawattbereich
Autor: Dr. Klaus Hassmann, Cluster Energietechnik (Stand: August 2017)
Problemstellung
Im technischen Sprachgebrauch unterscheiden sich Akkumulatoren (Akkus) von Batterien für die Speicherung von elektrischem Strom; Akkus sind wiederaufladbar, Batterien nicht. Akkus werden heute vor allem im unteren Kilowatt (kW)/Kilowattstunden (kWh)-Bereich als Systemkomponente mit der Photovoltaik (PV), zum Beispiel in der dezentralen Aufdach-Anwendung in Ein- oder Mehrfamilienhäusern, zunehmend aber auch bei grösseren PV-Parks eingesetzt. Akkus werden auch in Verbindung mit Windkraftanlagen gebaut, die auf einer höheren Spannungsebene einspeisen; ein Trend hin zu Leistungen von mehreren MW ist zu beobachten. Beide Akku-Typen, klein und groß, sind intelligente Lösungen, erneuerbaren Strom zu speichern und ihn nicht nur, aber insbesondere zu Zeiten hoher Strompreise bei Versorgungsengpässen – wenn keine Sonne scheint und/oder kein Wind weht – oder auch zur Netzstützung zur Verfügung zu haben.
Der Akku speichert Gleichstrom und gibt auch Gleichstrom ab. Systeme, die mit dem elektrischen Netz wechselwirken benötigen einen Wechselrichter, der auf die Spannungsebene der Einspeisung und Stromabgabe angepasst sein muss. Auch das Anlagen-Management Wind/Sonne/Akku bei Ladung und Entladung, die Optimierung von Verbrauch und Netzeinspeisung ist eine wichtige Thematik, die sich von Projekt zu Projekt neu stellt. Bei den Systemen fällt der Platzbedarf abhängig von der Batteriegröße und Anwendung sehr unterschiedlich aus.
Heute sind Akku-Anlagen auch ohne Verknüpfung mit Erneuerbaren im mehrstelligen MW-Bereich von Interesse. Je höher die Netzspannung umso leistungsstärker können die Akkusysteme sein. Zu lesen ist von hunderten kW im Niederspannungsnetz, von mehreren Megawatt (MW) in der Mittelspannung und von hunderten MW im Bereich der Hoch- und Höchstspannung; das hunderte MW-Segment wäre im Rahmen der Energiewende bei kontinuierlichem Zubau von den Pumpspeichern besetzt; in diesem Zusammenhang sei auf den Artikel „Die Stromerzeugung aus Wasserkraft in Deutschland – robust, zuverlässig und technisch ausgereift“ in diesem Portal verwiesen.
Obige Leistungsgrenzen sind fließend; sie werden sich zukünftig technologisch an die Fortschritte in der Wetter-Prognosegenauigkeit sowie im Netzausbau auf allen Spannungsebenen mit neuen Leitungen/Kabeln und Betriebsmitteln (Leistungselektronik) anpassen.
Typen
1. Bleiakku
Aufbau und Wirkungsweise
Der am weitesten verbreitete und deswegen auch (noch) der bekannteste Vertreter ist der Bleiakku; er besteht im Prinzip aus einem säurefesten Gehäuse und zwei Bleiplatten bzw. Plattengruppen; sie wirken als positive bzw. negative Elektrode. Im aufgeladenen Zustand bestehen die positiven Elektroden aus Bleioxid, die negativ gepolten Elektroden aus fein verteiltem, porösen Blei. Dazwischen befindet der Elektrolyt, eine 37-prozentige Schwefelsäure. Die Elektrodenplatten sind durch Separatoren getrennt; sie verhindern, dass sich die unterschiedlich gepolten Platten berühren und einen Kurzschluss verursachen. Bei der Entladung bildet sich an der negativen Elektrode Bleisulfat unter Abgabe von 2e-, an der positiven Elektrode entsteht unter Elektronenaufnahme nach Stromabgabe an einen Verbraucher Bleisulfat und Wasser.
Bei der Entladung laufen folgende chemische Vorgänge ab:
Negativer Pol:
Positiver Pol:
Beim Laden laufen die Vorgänge in Gegenrichtung ab. Die Gesamtreaktion beim Entladen:
Die Nennspannung einer Zelle beträgt 2 V, die Spannung schwankt jedoch je nach Ladezustand und Lade- bzw. Entladestrom zwischen ca. 1,75 und 2,4 V. Die Energiedichte beträgt 0,11 MJ/kg (30 Wh/kg), während moderne Zellen fast den dreifachen Wert erreichen. Noch einige Bemerkungen zum Bleiakku: Er hat sich seit Jahrzehnten nicht nur als Starterbatterie für mobile Anwendungen sondern auch stationär bewährt. Blei hat im Vergleich zu anderen Typen bezogen auf das Volumen eine große Masse sowie mit 0,11 MJ/kg eine geringe Energiedichte. Alle Akkutypen arbeiten grundlegend nach demselben Prinzip wie die Bleibatterie, auch wenn sie unterschiedliche Elektrodenwerkstoffe und Elektrolyte verwenden. Großtechnische Versuchsanlage in Deutschland (Auswahl)
- Berlin-Steglitz: 1986 wurde eine Bleiakku-Anlage mit einer Spitzenleistung von 17 MW in Betrieb genommen; bei Nennleistung konnte der Akku in 20 Minuten geleert werden. Vor dem Fall der Mauer diente die Anlage der Stützung des Inselnetzes im Westteil der Stadt. Sie wurde 1994, da unwirtschaftlich, stillgelegt.
2. Lithium-Ionen Akku
Aufbau und Einordnung
Dem Lithium Ionen Akku werden heute aufgrund seiner erwiesenen ausgezeichneten elektrischen Charakteristika die größten Marktchancen eingeräumt. Das liegt vor allem daran, dass sowohl im Rahmen der Sektorkopplung von Stromwende als Speicher für die erneuerbaren Strom sowie der Mobilitätswende im Hybrid- oder reinen Strombetrieb von Kraftfahrzeugen zwei große Anwendungsgebiete der Energiewende durch diesen Akkutyp besetzt werden.
In Deutschland sind viele namhafte Forschungseinrichtungen sowie Wirtschaftsunternehmen mit dieser technischen Entwicklung befasst. Ziele: Kosten und Risiken deutlich zu reduzieren
- Den Aufbau der Akkus vereinfachen, z B durch Verbesserungen in Konstruktion und Fertigung; Gewicht/Volumen pro kW und kWh weiter reduzieren
- Die Funktion verbessern, z B durch eine möglichst hohe Anzahl von Lade- Entladezyklen, bei einer hohen Energiedichte und Nennspannung; Tiefentladung ohne Folgeschäden
- eine möglichst hohe Lebensdauer und eine hohe Betriebssicherheit erreichen (Ausschluss der Brandgefahr durch Betriebsparameter bzw Sicherheitsstandards oder Normung).
- Entsorgung bzw. Wertstoffrückgewinnung sicherstellen
Großtechnische Versuchsanlagen in Deutschland (Auswahl)
- Akku-Speicherkraftwerk Schwerin: Ein Lithium-Ionen-Akku-System mit einer Leistung von 5 MW und einer Kapazität von 5 MWh ging 2014 in Betrieb und dient vor allem dem Ausgleich kurzfristiger Netzschwankungen.
- Die Stadtwerke Schwäbisch Hall haben Ende 2016 ein Lithium Ionen System mit einer Leistung von 1 MW und einer Kapazität von 1,4 MWh incl. Wechselrichter, Trafo und Steuerung zur Bereitstellung von Primärregelleistung bestellt; Inbetriebnahme soll im Herbst 2017 erfolgen.
- Der kommunale Versorger Eins Energie in Chemnitz hat einen Lithium-Ionen-Großakku mit einer Leistung mit 10 MW und einer Kapazität von 15,9 MWh für die Vermarktung von Primärregelleistung errichtet; die Zellen stammen, wie bei anderen Projekten auch üblich, von einem ausländischen Hersteller. Als Investitionsvolumen wird ein Betrag von 10 Mio € angegeben.
3. Redox-Flow Akkus
Aufbau und Einordnung
Im Wort Redox steht „red“ für Reduktion, heißt Elektronenaufnahme und „ox“ für Oxydation gleich Elektronenabgabe. Beim Redox-Speicher können die Leistung (von der Stackgröße bestimmt) und die Energie bzw Kapazität (von den Behältervolumina bestimmt) voneinander unabhängig je nach Anwendungsfall festgelegt werden.
Das System besteht aus dem sogenannten Stack zur Aufnahme und Abgabe von elektrischer Leistung als zentrale Komponente sowie aus zwei periphären, getrennten Kreisläufen mit je einem Tank, die mit dem jeweiligen Elektrolyten für das Laden und Entladen gefüllt sind. Zwei getrennte Pumpen fördern über die zugehörigen Rohrleitungen den Elektrolyten je nach Betriebsart in den Stack; dort erfolgt der Ionenaustausch; diese Schaltung verhindert, dass sich die beiden Elektrolyte vermischen; in diesem Fall würden sich die Ladungen aufheben. Die Pumpen werden nur im Fall der Strom-Abgabe (Entladung) oder der Strom-Aufnahme (Ladung) betrieben. Fachliche Details können in diesem Portal im Artikel „Redox-Flow-Batterien: Technische und ökonomische Untersuchungen“ nachgelesen werden.
Für stationäre Anwendungen hat dieser Typ, wie oben erwähnt den Vorteil der Trennung von Leistung und der Kapazität; für mobile Anwendungen im Personen-Kraftfahrzeug (PKW) ist dieser Typ jedoch zu voluminös und zu schwer.
Wie schon beim Lithium-Ionen Akku beschäftigen sich in Deutschland diverse namhafte Forschungseinrichtungen mit der Weiterentwicklung des Redox-Ionen Speichers; die Themen sind ähnlich wie die unter 2; darüber hinaus beteiligen sich einige Wirtschaftsunternehmen, zum Teil Neugründungen, bei der Entwicklung sowie beim Bau und Betrieb von marktnahen Feldtests.
Großtechnische Versuchsanlage in Deutschland (Auswahl)
- Zum Beispiel betreiben die Stadtwerke Trier unter dem Projekttitel „Parkhaus der Zukunft“ einen Vanadium-Redox-Flow-Akku mit einer Leistung von 10 kW und einer Kapazität von 100 kWh. Der Akku speichert PV-Strom, der in einer Ladestation für PKW bereitgestellt wird. Das etwa 11 t schwere Containermodul misst 4500 x 2200 x 2403 mm.
Im vorliegenden Artikel wird nur auf die von der Fachwelt in Deutschland zur Zeit priorisierten Akkutypen eingegangen. Natürlich gibt es noch andere Akku-Technologien wie z B Nickel-Cadmium oder Natrium-Schwefel. Auf sie und andere einzugehen würde den vorgegebenen Rahmen deutlich überziehen.
Ausblick
Der große Vorteil von Stromspeicherakkus liegt in ihrer kurzen Startzeit auf Vollast. Im Moment hat der Lithium-Ionen-Akku bei den Eigenschaften in Bezug auf Alterung, Wirkungsgrad, Flexibilität im Betrieb, um nur einige wichtige Merkmale zu nennen, die Nase vorne. Generell sind sämtliche Technologien noch zu teuer. Von den Ergebnissen der diversen Feldtests in Konkurrenz der verschiedenen Typen sowie von weiteren Anstrengungen in der Akkuforschung sind Verbesserungen, Vereinfachungen sowie Verbilligungen zu erwarten. Die Batterieanwendung im Elektroauto wird vor allem bei den zukünftig zu erwartenden Stückzahlen mit dazu beitragen, welche Technologie letztendlich den Wettlauf um den Markt machen wird. In einer Meldung im Handelsblatt war mit Hinweis auf ein Marktforschungsinstitut zu lesen, dass sich in Deutschland im Jahr 2030 bei einem Anteil der Erneuerbaren an der Stromversorgung von 50 Prozent die Stromspeicher-Leistung auf 21 Gigawatt erhöhen müsste. Das größte Potenzial wird in dieser Prognose den Speicherakkus mit Investitionen von 30 Milliarden Euro vorhergesagt.