Ökoinstitut-Gutachten „Klimaschutz 2030" veröffentlicht

Ökoinstitut fordert mehr Maßnahmen fürs Klimaziel 2030

Quelle: Energie & Management Powernews, 06. April 2022

Deutschland will bis zum Jahr 2030 seine CO2-Emissionen um mindestens 65 % im Vergleich zu 1990 senken. Laut einer Studie des Ökoinstituts sind dafür weitergehende Maßnahmen nötig. 

Die im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP niedergelegten Maßnahmen reichen, noch nicht, um das CO2-Minderungsziel von 65% gegenüber 1990 bis 2030 zu erreichen. Dieses ist im Klimaschutzgesetz (KSG) verankert. Eine aktuelle Studie des Öko-Instituts im Auftrag der Stiftung Klimaneutralität sieht vor allem im Gebäude- und Verkehrssektor eine Zielverfehlung drohen. „Nur mit zusätzlichen Instrumenten bleiben die deutschen und europäischen Klimaziele erreichbar“, so das Ergebnis der Studie, die am 5. April online vorgestellt wurde. 

Das Gutachtens mit dem Titel: „Klimaschutz 2030: Ziele, Instrumente, Emissionsminderungslücken“ gibt zugleich Hinweise, wo nachgesteuert werden könnte. „Mit Ausnahme der Energiewirtschaft muss für die Sektorziele sowohl für das Jahr 2030 als auch zumindest für einige der Zwischenjahre mit einer Zielverfehlung gerechnet werden“, schreiben die Autorinnen und Autoren. Auch die Energiewirtschaft müsste allerdings zur Zielerreichung den Kohleausstieg bis 2030 schaffen und die erneuerbaren Energien „früh und sehr massiv“ ausbauen. 

Gebäude, Verkehr und Industrie sind Sorgenkinder 

Besonders gravierend falle die Zielverfehlung im Verkehrssektor aus, der nur noch 37 Mio. t CO2-Äquivalente im Jahr 2030 ausstoßen dürfte. Auch für den Industriesektor (14 Mio. t CO2) und den Gebäudesektor (2 Mio. t CO2) seien große Lücken zu erwarten. Insbesondere die Verfehlungen der Sektorziele des Bundes-Klimaschutzgesetzes zeigen, dass sich der Gebäude-, der Verkehrs- und der Industriesektor nicht auf Emissionsminderungspfaden befinden, die zur Erreichung des Klimaneutralitätsziels für das Jahr 2045 notwendig sind. 

Ein erhebliches Risiko der Zielverfehlung sehen die Gutachter des Öko-Instituts auch bei den Verpflichtungen Deutschlands im Rahmen der Europäischen Klimaschutz-Verordnung (ESR). Diese definiert jahresscharfe Ziele für die nicht über das europäische Emissionshandelssystem (EU-ETS) regulierten Emissionen. Für diese im Rahmen des European Green Deal verschärften Zielwerte erwarten die Autoren im Szenario des Koalitionsprogramms ab 2023 Verfehlungen, die bis zum Jahr 2030 auf 67 Mio. t CO2-Äquivalente jährlich ansteigen. 

Zusätzliche Maßnahmen schnell ergreifen 

Die Studie rät daher zu einem „Koalitionsprogramm Plus“-Szenario (KoaP+). Darin werden für die vier Sektoren Energie, Industrie, Verkehr und Gebäude weitere Instrumente und Maßnahmen modelliert, die eine besonders große Hebelwirkung bei der Emissionsminderung entfalten könnten. Damit, so das Ergebnis der Studie, „könnten in allen Sektoren die Sektorziele des KSG im Jahr 2030 erreicht oder übertroffen werden“. Insgesamt sei in diesem Szenario sogar eine Reduktion der Treibhausgasemissionen im Jahr 2030 um rund 68 % gegenüber 1990 möglich. 

Einen erheblichen Beitrag dazu könne nach Angaben des Öko-Instituts ein ambitionierterer Wasserstoffhochlauf liefern, der die Emissionsminderungen in der Industrie um fast 20 Mio. t CO2-Äquivalente und in der Energiewirtschaft nochmals um mehr als 10 Mio. t CO2-Äquivalente verstärken könne. Aber auch in den anderen betrachteten Sektoren würden zusätzliche Minderungsbeiträge in erheblichem Umfang erbracht. Mit Blick auf die Jahresziele der Europäischen Klimaschutzverordnung erwarten die Gutachter auch im Szenario „KoaP+“ ab 2023 Zielverfehlungen. Diese fielen jedoch deutlich geringer aus als im Szenario des Koalitionsprogramms und erreichten im Jahr 2030 ein Niveau von etwa 24 Mio. t CO2-Äquivalenten. 

Auch vorausschauende Indikatoren installieren 

Das Gutachten des Öko-Instituts analysiert zudem Mängel in den Überprüfungsmechanismen, mit denen Fortschritte bei der Emissionsminderung bewertet werden. Diese seien bisher „sehr stark retrospektiv angelegt“. Es fehle an einer im Voraus (ex ante) vorgenommenen Wirkungsschätzung für ergriffene oder geplante Maßnahmen, die ja im Regelfall erst mit einer Verzögerung von mehreren Jahren ihre Wirkung entfalten können. Die Studie schlägt daher einen Kernsatz von Indikatoren zur frühzeitigen Erkennung von Pfadabweichungen vor, mit denen die bisher angewandten Verfahren ergänzt werden sollten. 

Die Studie des Öko-Instituts „Klimaschutz 2030“ steht im Internet zum Download bereit. 

Autorin: Susanne Harmsen