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Neue CO2-betriebene Gasturbinen können Kraftwerks-Technik revolutionieren
Autor: Prof. Dr. Jochen Fricke, Cluster Energietechnik (Stand: Juli 2017)
In den USA wird in diesem Jahr bei Houston ein 25 MW Demonstrations-Kraftwerk in Betrieb gehen, das Erdgas nicht in Luft, sondern in Sauerstoff zu CO2 und H2O verbrennt. Das heiße CO2 wird in einer neu entwickelten Gasturbine zur Strom-Erzeugung genutzt.
Funktionsweise
Die Verbrennung von Erdgas in Sauerstoff ist nicht neu, sie ist bekannt als Oxyfuel-Prozess. Dazu wird die Luft in einem Kryo-Verfahren in Sauerstoff und Stickstoff aufgetrennt (Abb.1).
Innovativ ist der Einsatz einer neu entwickelten Gasturbine zur Nutzung des auf hoher Temperatur (etwa 1150°C) und hohem Druck (300 bar) in einer Brennkammer entstehenden CO2-Gases. Die neue Turbine und die Brennkammer wurden von der japanischen Firma Toshiba entwickelt und gebaut. Die Verbrennung des Erdgases erfolgt in einem Erdgas-Sauerstoff-CO2-Gemisch, weil ohne zugemischtes CO2 die Temperatur in der Brennkammer exzessiv hoch wäre.
Das aus der Turbine strömende „entspannte“ Gasgemisch hat einen deutlich geringeren Druck und eine geringere Temperatur wie am Turbineneintritt. In einem regenerativen Wärmetauscher gibt es noch Restwärme an einen Hochtemperatur-Wärmetauscher oder Regenerator ab (siehe auch TS-Diagramm, Abb. 2). Hinter dem Wärmetauscher und einem eventuell folgenden Kühler wird der kondensierte Wasserdampf abgezogen und kann z.B. für Bewässerungszwecke eingesetzt werden.
Abb.2. Temperatur-Entropie (TS)-Diagramm eines Brayton-Prozesses, der oberhalb des kritischen Punktes (KP) von CO2 abläuft. Das 2-Phasen- oder Nassdampf-Gebiet wird nicht durchfahren. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zum Rankine-Prozess mit Wasser. Der oben beschriebene Adam-Prozess nützt noch sehr viel höhere Temperaturen, maximal 1150°C. Bild: J. Fricke, nach Y.Ahn et al.
Oxyfuel Verfahren entscheidend für Effizienz
Das abgekühlte CO2 wird nun in einem Kompressor wieder auf hohen Druck gebracht. Seine Temperatur steigt durch die Kompression wieder an. Im Wärmetauscher nimmt das CO2 nochmal Wärme auf und wird dann zur Begrenzung der Brenn-Temperatur in die Brennkammer eingepresst. Zwischen Kompressor und Wärmetauscher wird ein CO2-Teilstrom bei hohem Druck abgezogen und wird - im Fall des Pilotkraftwerks in Houston – zur Optimierung der Erdöl-Förderung verwendet. Man spricht von „Enhanced Oil Recovery“, kurz EOR. Eine andere Möglichkeit ist die Verpressung des CO2 im Untergrund, was als Carbon Capture and Storage (CCS) bezeichnet wird.
Die abgezogen geringe CO2-Menge entspricht gerade der durch Oxidation in der Brennkammer entstandenen Menge, sodass die umgepumpte CO2-Menge im Kreisprozess konstant bleibt.
Die Effizienz des neuen Prozesses ist entscheidend durch das Oxyfuel-Verfahren bestimmt. Im konventionellen Verbrennungsprozess mit Luft als Oxidationsmittel macht nämlich das (für CCS zu extrahierende) CO2 nur etwa 14% des Rauchgases aus, es wird ja eine große Menge an Stickstoff mitgeschleppt. Beim Oxyfuel-Verfahren besteht das Rauchgas nur aus CO2 und kondensierbarem Wasserdampf.
CO2-Turbinen sind effektiver
Die Idee zu dem neuen Verfahren zur Stromerzeugung hatte Rodney Adam, ein pensionierter Chemie-Ingenieur. Ihn störten die voluminösen Dampfturbinen und die riesigen Rauchgas-Mengen in konventionellen Kraftwerken. CO2-Turbinen sind bei gleicher Leistung deutlich kleiner und preiswerter wie Dampfturbinen. Da CO2 kritische Parameter von nur 31°C und 73 bar hat, ist das CO2 in der Brennkammer und der Turbine überkritisch (Abb. 2). Es ähnelt mehr einer Flüssigkeit in seinen Fließeigenschaften als einem Gas.
Da CO2 eine 2.5 mal höhere Molmasse wie Wasser hat, besitzt es als superkritisches Fluid eine um deutlich höhere Dichte wie Wasserdampf. CO2-Turbinen sind daher bei gleicher Leistung bis etwa einen Faktor 10 kleiner als Dampfturbinen. Adam kalkuliert den Gesamt-Wirkungsgrad des CO2-Pilot-Kraftwerks mit 56%. Bemerkenswert ist auch, dass sich das aus dem Kreisprozess abgezogene CO2 bereits auf hohem Druck befindet und direkt in den Untergrund für EOR injiziert werden kann, womit Geld verdient wird.
Das neue Pilotkraftwerk mit dem Namen „NET Power Demo Plant“ wird von zwei großen Industriefirmen, Exelon und Chicago Bridge Iron mit 140 Mio. $ finanziert und auch betrieben. Derart innovative Kraftwerke werden sicher nicht ohne weiteres F&E problemlos arbeiten können. Dies betrifft besonders die Turbinen und die Brennkammern. Das amerikanische DOE fördert auch die Entwicklung von effizienten CO2-Kompressoren bei General Electric und bei Hanwha. In Fachkreisen wird der CCS-Prozess im Kraftwerksbereich heute als unverzichtbar für eine effiziente Reduzierung des CO2-Eintrags in die Atmosphäre angesehen. Hier weist das Pilotkraftwerk in den USA den richtigen Weg. Dann muss aber auch der Einlagerung von CO2 in den Untergrund (ohne EOR) eine Chance gegeben werden, auch in Europa.
Quellen: L.Irvin, Y.L.Moullec, Science356,805-806(2017) R.F.Service, Fossil Power, Guilt Free, Science356,796-799(2017) Y.Ahn et al. „Review of Supercritical CO2 Power Cycle Technology“, Nucl. Eng. Technol 47,647-661(2015).